{"title":"Xenotransplantate vom Schwein – ist das Ende des Organmangels\u0000 in Sicht?","authors":"Heiner Niemann","doi":"10.1055/a-1814-8440","DOIUrl":"https://doi.org/10.1055/a-1814-8440","url":null,"abstract":"Unter „Xenotransplantation“ wird die Übertragung von\u0000 funktionsfähigen Zellen, Geweben oder Organen zwischen verschiedenen\u0000 Spezies verstanden, insbesondere von Schweinen auf den Menschen. In den meisten\u0000 Industrieländern klafft eine große Lücke zwischen der\u0000 Anzahl geeigneter Spenderorgane und der Anzahl benötigter Transplantate.\u0000 Weltweit können nur etwa 10% des Organbedarfs durch Spenden\u0000 gedeckt werden. Eine erfolgreiche Xenotransplantation könnte diesen\u0000 Mangel mildern oder sogar weitgehend vermeiden. Das Schwein wird aus\u0000 verschiedenen Erwägungen heraus als am besten geeignete Spenderspezies\u0000 angesehen. Bei einer Übertragung porziner Organe auf Primaten treten\u0000 verschiedene immunologisch bedingte Abstoßungsreaktionen auf, die das\u0000 übertragene Organ innerhalb kurzer Zeit zerstören\u0000 können, wie die HAR (hyperakute Abstoßung), die AVR (akute\u0000 vaskuläre Abstoßung) und die spätere zelluläre\u0000 Abstoßung. Diese Abstoßungsreaktionen müssen durch\u0000 genetische Modifikationen im Schwein und eine geeignete immunsuppressive\u0000 Behandlung des Empfängers kontrolliert werden. Dazu müssen Tiere\u0000 mit mehrfachen genetischen Veränderungen produziert und im Hinblick auf\u0000 ihre Eignung für eine erfolgreiche Xenotransplantation geprüft\u0000 werden. Inzwischen können die HAR und auch die AVR durch Knockouts von\u0000 antigenen Oberflächenepitopen (z. B. αGal\u0000 [Galaktose-α1,3-Galaktose]) und transgene Expression humaner Gene mit\u0000 antiinflammatorischer, antiapoptotischer oder antikoagulativer Wirkung\u0000 zuverlässig kontrolliert werden. Nach orthotopen Transplantationen in\u0000 nicht humane Primaten konnten inzwischen mit Schweineherzen\u0000 Überlebensraten von bis zu 264 Tagen und mit porzinen Nieren von 435\u0000 Tagen erzielt werden. Eine Übertragung pathogener Erreger auf den\u0000 Empfänger kann bei Einhaltung einschlägiger\u0000 Hygienemaßnahmen ausgeschlossen werden. PERV (porzine endogene\u0000 Retroviren) können durch RNA-(Ribonukleinsäure-)Interferenz oder\u0000 Gen-Knockout ausgeschaltet werden. Sie stellen damit kein\u0000 Übertragungsrisiko für den Empfänger mehr dar. Anfang\u0000 2022 wurde in Baltimore (USA) ein Schweineherz mit 10 genetischen Modifikationen\u0000 auf einen Patienten mit schwerem Herzleiden übertragen, mit dem der\u0000 Empfänger 2 Monate offenbar ohne größere Probleme lebte.\u0000 Es wird erwartet, dass Xenotransplantate vom Schwein in absehbarer Zeit zur\u0000 klinischen Anwendungsreife kommen werden. Dazu werden klinische Versuche zur\u0000 systematischen Erfassung aller Auswirkungen solcher Transplantate auf den\u0000 Patienten sowie geeignete rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen\u0000 benötigt.","PeriodicalId":40466,"journal":{"name":"Transfusionsmedizin","volume":"214 1","pages":""},"PeriodicalIF":0.1,"publicationDate":"2022-11-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"77691998","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}