{"title":"Einleitung: Kritisches Denken als gemeinsame Praxis","authors":"C. Arnold, Samia Mohammed","doi":"10.5771/9783748910688-7","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-7","url":null,"abstract":"Kritik scheint angesichts der Coronapandemie den Atem anhalten zu müssen. Das Coronavirus, das sich binnen Wochen am Anfang des Jahres 2020 pandemisch über den Globus ausbreitete, stürzte die Welt in multiple Krisen. Diese begegnen uns damals wie heute in drastischen Bildern und Meldungen und verweisen auf die Verwundbarkeit menschlicher Gesellschaften. Dabei ist beispielsweise an den Pflegenotstand zu denken, der sich in schlechter Bezahlung und Unterbesetzung in der Pflegebranche zeigt, oder an eine Vielzahl systemrelevanter Berufsgruppen, deren Beschäftigte zumeist prekär arbeiten und dabei Tätigkeiten nachgehen, bei denen die Einhaltung physischen Abstands nicht möglich ist. Einen Großteil der Kosten der Pandemie scheinen diejenigen tragen zu müssen, auf die wir in besonderem Maße angewiesen sind. Zugleich ist die Ungleichverteilung von Leid und Tod an der Tagesordnung, wenn z.B. in den USA Afroamerikaner*innen weit überproportional an Covid-19 erkranken und häufiger sterben als Weiße oder wenn an den europäischen Außengrenzen Geflüchtete in Lagern festgesetzt und von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen werden. Denn: Der staatliche Schutz von Leben bedeutet immer nur den Schutz von einigen und nicht von allen. Während diese Phänomene oft nicht prominent als Krisen gedeutet werden, zeigt die Proklamation der Pandemie als Krise, dass derartige Deutungen das Ergebnis von Prozessen des Einund Ausschlusses sowie politischer Machtkonstellationen sind. Dieser Umstand sowie die beschriebenen Verhältnisse waren und sind kritikwürdig. Sie präsentieren sich uns im Zuge der Pandemie auf eindringliche Art und Weise als ungerecht und ausbeuterisch und weisen so gerade auf die Notwendigkeit einer Kritik in der Krise hin. Kritische politische Theorie dient dabei als Voraussetzung und Mittel, um (Herrschafts-)Verhältnisse zu verstehen und zu verändern, und interveniert zugleich als Teil politischer Praxis. Doch auch die Beschreibung und Kritik der pandemischen Situation selbst steht vor bis heute nicht gekannten Schwierigkeiten: So stellt die Pandemie eine existentielle Bedrohung menschlichen Lebens und ZusamI.","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"36 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"133262969","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Das Corona-Dispositiv","authors":"S. Duncker","doi":"10.5771/9783748910688-87","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-87","url":null,"abstract":"Michel Foucaults Begriff Biomacht (vgl. Foucault 1977a: 159ff.) beschreibt eine spezifisch moderne Wissensund Machtordnung, die das menschliche Leben zum Objekt hat. Dessen Steigerung, Vermehrung, Verbesserung und Nutzbarmachung ist ihr Ziel. Biomacht ist gemeinsam mit der kapitalistischen Produktionsweise entstanden, ermöglicht und stützt diese durch die Sicherung von Arbeitskraft. Kapitalakkumulation ermöglicht umgekehrt weitere Lebenssteigerung. Zielt der Begriff Biomacht zwar auf die wissenschaftliche und politische Ordnung der meisten gesellschaftlichen Felder, ist die Gesundheitsversorgung ein Paradebeispiel. Da ist es naheliegend, dass auch die Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus mit dem Biomacht-Konzept zu fassen versucht wird. Zwei zentrale Punkte scheinen mir dabei bisher zu kurz zu kommen: Erstens spielen neben biopolitischen Mechanismen der statistischen Bevölkerungsvermessung und -normalisierung immer auch Disziplinartechniken und Mechanismen der Souveränität ihre spezifischen Rollen für die Verwirklichung der Biomacht. Das zeigt sich insbesondere in Krisenzeiten wie diesen, wenn einstmals zurückgedrängte Mechanismen von der politischen Ordnungsmacht wieder ausgeweitet werden. Um das zu verdeutlichen, wird im ersten Abschnitt zunächst die Entwicklung des modernen Gesundheitsdispositivs skizziert (I.), um anschließend Maßnahmen der Pandemiebekämpfung exemplarisch nach Regierungsrationalitäten zu differenzieren (II.). Zweitens vernachlässigen bisherige Darstellungen die Biopolitische Grenzziehung, die ein konstitutives Moment jeder Biomacht darstellt und Gegenstand des dritten Kapitels sein wird (III.). Zäsuren zu Bevölkerungsgruppen, die dem Tod mit erhöhter Wahrscheinlichkeit legitim überlassen werden, sind in der Gesundheitsversorgung immer anwesend, erhalten jedoch in einer beispiellosen Krise wie dieser traurige Virulenz. Im letzten Abschnitt wird die Auffassung vertreten, dass eine Linke die tragische Sichtbarwerdung der Zäsuren dafür nutzen kann, einerseits nach der Universalisierung des biopolitischen Prinzips und andererseits nach der Aneignung der Produktivkräfte von Biomacht zu streben (IV.).","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"11 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"116075791","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Angst Macht Vernunft. Zur politischen Rationalität der Coronakrise","authors":"Kristoffer Klement","doi":"10.5771/9783748910688-103","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-103","url":null,"abstract":"Krisen stellen Gesellschaften meist vor schwer lösbare Probleme und führen sie auf der Suche nach Lösungen leicht in autoritäre Versuchungen. Dem drohenden Unheil gelte es mit starker Hand zu trotzen, koste es gegebenenfalls, was es wolle, so eine vereinfachte Beschreibung. Zu bestätigen schien sich dieser Allgemeinplatz auch in der Coronapandemie: Der Staat – in der hiesigen Erörterung die Bundesrepublik Deutschland – reagierte auf die Ausbreitung des Virus im Schnellverfahren mit ebenso einschneidenden wie umfassenden Maßnahmen, die weder vor Grundrechten noch einer absehbaren Rezession Halt machten. Auf den zweiten Blick muss ein solches Urteil freilich relativiert werden, denn Fakt ist ebenso, dass die Bundesregierung nach wie vor dem Grundgesetz und demokratischen Rechtfertigungsgeboten unterlag und anders als im Nachgang der sogenannten ‚Flüchtlingskrise 2015‘ konnten nationalautoritäre Parteien der Marke AfD bislang keinen nennenswerten Zulauf verbuchen. Sind autoritäre Tendenzen in der pandemischen ‚Ausnahmesituation‘ also eher als harmlos oder doch gravierend, temporär oder epochal einzustufen und inwiefern wären sie eigentlich abzulehnen oder zu befürworten? Im folgenden Essay möchte ich mich Bewertungsfragen dieser Art widmen und eine mögliche Antwort skizzieren. Er fußt auf der Frage, in welchen Hinsichten und Formen sich Politik in der Coronakrise autoritär gestaltet und was daran unter demokratischen Gesichtspunkten problematisch ist. Besonderen Fokus will ich dabei auf die Rolle von Emotionen sowie die mit ihnen verbundenen Weltwahrnehmungen (Bedrohungen, Ängste), Werte (Freiheiten, Sicherheiten, Schutz) und Sachzwänge (Schutzmaßnahmen, Problemlösungen) legen, da sie meines Erachtens maßgebliche Faktoren des Geschehens darstellen. Wie ich zeigen will, konstituieren sie in der Coronakrise eine Politik, die sowohl autoritär als auch demokratisch ausfällt, während sie unter funktionalen Prämissen zunächst entpolitisierend wirkt, um Politik mittelfristig wieder umso drängender zu eröffnen. Die bundesdeutsche Coronapolitik erweist sich, so meine These I.","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"13 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"132252116","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Zur Kriegsmetapher in der Corona-Krise","authors":"Malte Pasler","doi":"10.5771/9783748910688-49","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-49","url":null,"abstract":"Als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am 16. März 2020 angesichts der raschen Ausbreitung von Infektionen mit dem Corona-Virus den Bürger*innen seines Landes in einer Ansprache den Beginn einer Ausgangssperre für den nächsten Tag sowie weitere außerordentliche Maßnahmen gegen die Pandemie ankündigte, wiederholte er eine Formulierung gleich mehrmals: Wir sind im Krieg.1 Von Innenminister Castaner war zu vernehmen: „Dieser Krieg muss alle französischen Bürger mobilisieren. In diesem Krieg trägt jeder Verantwortung“ (zit. nach Sandberg 2020a). An den darauf folgenden Tagen hörte man eine Reihe ähnlicher Ansprachen aus anderen Staaten. Der Premierminister des Vereinigten Königreichs Boris Johnson bezeichnete das Virus als Feind und die eigene Regierung als „wartime government“ (zit. nach Rawlinson 2020), während US-Präsident Donald Trump die sich entfaltende Pandemie einen Krieg nannte und sich selbst damit von nun an als „Präsident in Kriegszeiten“ titulierte (zit. nach Brand 2020). Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wählte zwar keine derart direkten Formulierungen, doch evozierte sie mittels eines einprägsamen Satzes den Zweiten Weltkrieg als Vergleichsfolie für die Corona-Krise: „Seit der deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt“ (Bundesregierung 2020: 01:25). Dies sind nur einige wenige Beispiele für die rege Verwendung der Kriegsmetapher in Bezug auf die Corona-Krise. Die Pandemie und die politischen Gegenmaßnahmen mittels eines Begriffsrasters oder -felds fassbar zu machen, das der Sprache des militärischen Konflikts und der Feindschaft entlehnt ist, fand Verbreitung und Verwendung bei Sprecher*innen unterschiedlichster Profession und Couleur. Von einer Beschränkung auf","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"11 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"133055610","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Dies ist (k)ein Immunitätsausweis: Überlegungen zu Paradoxien in der Pandemie","authors":"Andreas Vasilache","doi":"10.5771/9783748910688-61","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-61","url":null,"abstract":"Die Frage nach der Notwendigkeit und Legitimität eines Immunitätsausweises und die kurze Debatte um seine Einführung im Mai 2020 (vgl. z.B. Becker/Schmoll 2020; Deutschlandfunk 2020; Ärzteblatt 2020; BoehmeNeßler 2020) bilden ein interessantes Beispiel für das in der Corona-Krise beobachtbare Spannungsverhältnis zwischen Legalität und Gesetzesgeltung einerseits und exekutiver wie privatrechtlicher Faktizität andererseits. So hatte das Bundesgesundheitsministerium die formelle Einführung eines Immunitätsausweises vorgeschlagen, dessen Träger*innen von unterschiedlichen antiviralen Einschränkungsmaßnahmen hätten ausgenommen werden sollen, wenn sie – entsprechend dem Gesetzentwurf – das Virus „wegen eines bestehenden Impfschutzes oder einer bestehenden Immunität nicht oder nicht mehr übertragen“ (Bundesministerium für Gesundheit 2020a: 21, vgl. auch 67, 75) können. Nun ist diese Initiative in weitgehender gesellschaftlicher und auch parteiübergreifender Einmütigkeit als grundund menschenrechtlich unzulässig, politisch wie ethisch illegitim und unter Gesichtspunkten gesellschaftlicher Solidarität gefährlich verworfen worden – während es zugleich zur faktischen Einführung von unterschiedlichen Formen von Immunitätsausweisen gekommen ist. Diese auf den ersten Blick paradoxe Gleichzeitigkeit von legislativer Zurückweisung einer Institutionalisierung eines Immunitätsausweises und seiner faktischen Etablierung steht im Zentrum der vorliegenden kurzen Überlegungen. Die öffentliche Kritik der ministerialen Idee zur formellen Einführung eines Immunitätsausweises war auf Grundsätzliches konzentriert (vgl. z.B. Becker/Schmoll 2020; Deutschlandfunk 2020; Boehme-Neßler 2020), da – neben vielen weiteren, auch medizinischen Argumenten – schon der ideelle Kern und Grundbestand eines solchen Ausweises zurückgewiesen worden ist. Dieser besteht darin, die Gewährung von Grundrechten und Teilhabemöglichkeiten unter den Vorbehalt einer medizinischen Prüfung und individuellen Unbedenklichkeitsfeststellung zu stellen. Der vorgeschlagene Immunitätsausweis ging dabei – sonst hätte es ja eines solchen Vorschlags nicht bedurft – erstens durch den Nachweis, nicht mehr infektiös","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"17 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"128310354","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Verletzliche Freiheit? Zur Kritik neoliberaler Freiheitsverständnisse in der Corona-Krise","authors":"Samia Mohammed","doi":"10.5771/9783748910688-33","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-33","url":null,"abstract":"Corona ist vorbei – endlich wieder frei, tönt es melodisch bei der Bielefelder Hygienedemonstration im Mai 2020, deren Teilnehmer*innen sich im Widerstand gegen eine Allianz aus Staat, globaler Pharmalobby und Antifa wähnen. Die Redner*innen nehmen wiederholt Bezug auf die Einschränkungen persönlicher Freiheitsrechte durch die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes im Kontext der Corona-Pandemie. Sie seien angetreten, diese Freiheit zu verteidigen und sich das Recht dazu nicht nehmen zu lassen. Was hat es mit dem vielgehörten Rekurs auf Freiheitseinschränkungen während der Corona-Krise und dem Wunsch nach Rückkehr in einen präpandemischen Zustand auf sich – auch jenseits der Kundgebungen auf den Hygienedemos? Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor dem Virus werden als vor der Freiheit rechtfertigungsbedürftig angesehen, was intuitiv einleuchtet – doch auf welche Freiheit wird dabei Bezug genommen, wie gehaltvoll ist sie, und wem wird sie (nicht) zuteil? In diesem Essay soll sich der Frage angenommen werden, inwiefern der Diskurs über Freiheitseinschränkungen durch Schutzmaßnahmen, die im Zuge der Corona-Krise getroffen wurden und werden, sowie über deren schrittweise Lockerungen, einen einseitigen Freiheitsbegriff affirmiert, der den Blick nicht über die liberale Konzeption von Freiheit von äußeren Einschränkungen hinaus zu erheben vermag und so blind wird für die problematischen Implikationen, die die Reduktion von Freiheit auf ein rein negatives Verständnis mit sich bringt. Dafür soll zunächst die Idee negativer Freiheit rekonstruiert sowie darauf eingegangen werden, wie dieses Verständnis in Diskursen um Freiheit und Grundrechte während der CoronaKrise zutage tritt (II). Im Anschluss daran soll eine auf den konkreten Fall der Corona-Krise bezogene Kritik dieser Vorstellungen anhand von vier Einwänden stattfinden: Erstens durch das Thematisieren geteilter und ungleich verteilter Vulnerabilitäten, die in der Krise besonders deutlich werI.","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"186 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"115687559","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Zeit der Pandemie, Zeit der harten Wissenschaften? Über einen fatalen Fehlschluss und die Perspektiven einer kritischen politischen Theorie der Pandemie","authors":"Oliver Flügel-Martinsen","doi":"10.5771/9783748910688-181","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-181","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"121 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"116450166","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Mundschutz oder mundtot? Corona-Krise als Ausnahmezustand für und durch die Demokratie","authors":"Demokrat Ramadani","doi":"10.5771/9783748910688-71","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-71","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"30 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"125651101","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Disease X und die gefährlichen Gewissheiten moderner Demokratien","authors":"Gerrit Tiefenthal","doi":"10.5771/9783748910688-117","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-117","url":null,"abstract":"Dieser Essay vertritt die These, dass weder der Ausbruch der COVID-19Pandemie noch die Krisenreaktionen westlicher Demokratien auf diese überraschen. Damit ist keinesfalls behauptet, dass es sich um eine invenzione di un’epidemia handelt, wie Giorgio Agamben es im Februar vermutete, war diese doch vielmehr erwartbar als erfunden (vgl. Agamben 2020). Auch wenn die Verbreitungswege und das Ausmaß nicht im Konkreten absehbar waren, war spätestens seit den Epidemien SARS, MERS und der weitaus tödlicheren ‚Schweinegrippe‘ (H1N1) ein Bewusstsein bezüglich der Gefahren viraler Pandemien – besonders in Form von Zoonosen – vorhanden (vgl. Mölling 2020: 17). In diesem Wissen veröffentlichte die WHO 2016 erstmals eine Liste von Erregern, von welchen die vermutlich größten epibzw. pandemischen Gefahrenpotentiale für die nächsten Jahrzehnte ausgehen werden. Neben bekannten Krankheiten findet sich dort ein ‚Disease X‘ genannter Platzhalter. Dieser sollte dabei helfen, sich auf eben solche Pandemien vorzubereiten, deren genaue Parameter nicht vorauszusagen sind: „Disease X represents the knowledge that a serious international epidemic could be caused by a pathogen currently unknown to cause human disease“ (WHO 2020). Das mutierte SARS-Virus CoV-2 wurde nach seinem Ausbruch als erster Erreger klassifiziert, der diesen Kriterien einer Disease X entsprach und somit zum ersten Testfall dieses Konzeptes, basierend auf dem Wissen um ein unknown known, Präventionsmaßnahmen einzuleiten. Dass dies offensichtlich nicht in genügendem Maße geschehen ist, lässt sich nicht nur auf die vermeintliche Abstraktheit einer solchen Gefahrenlage zurückführen, vielmehr wurden entsprechende Vorkehrungsmaßnahmen durch gewisse – also auf vermeintlichen Gewissheiten beruhende – Grundannahmen westlicher Demokratien behindert. Wenn hier von ‚westlichen Demokratien‘ die Rede ist, dann sind damit die real existierenden I.","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"55 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"125502982","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Syrien: Corona und nacktes Leben","authors":"Jamila Maldous","doi":"10.5771/9783748910688-151","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748910688-151","url":null,"abstract":"Die Corona-Pandemie wurde bereits in unterschiedlichen Zusammenhängen als ein globaler Ausnahmezustand diskutiert. Oft wurde in politikwissenschaftlichen Debatten und in politisch-aktivistischen Kreisen die These aufgestellt, dass bestehende menschenfeindliche Ideologien wie Antisemitismus, Rassismus oder Sexismus wie ‚durch ein Brennglas‘ sichtbar geworden sind. Auch andere strukturelle gesellschaftliche Missstände, wie soziale Ungleichheit oder Armut, die aus verschiedenen marxistischen Strömungen stets kritisiert und analysiert wurden, sind durch die Corona-Pandemie offensichtlicher zu Tage getreten. Zudem ist sichtbar geworden, was Grenzen und Möglichkeiten von europäischen oder internationalen Institutionen sind. Bei all den Diskussionen um die Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen kann immer Gefahr gelaufen werden, bestimmte Perspektiven unbewusst auszusparen. In diesem Essay wird der Blick auf die syrische Gesellschaft in Zeiten der Corona-Pandemie gerichtet, d.h. auf eine Gesellschaft, die von Kriegen und autoritärer Herrschaft, gezeichnet ist. Um dies adäquat untersuchen zu können, soll die syrische Gesellschaft erst in ihren historischen Kontext eingeordnet werden. Anschließend wird kurz skizziert, warum die Herrschaft des syrischen Assad-Regimes zum Teil als eine totalitäre Herrschaft bezeichnet werden kann. Unter Rückgriff auf die Figur des Homo Sacer wird beschrieben, warum das Assad-Regime mithilfe von Agambens Überlegungen zur Souveränität und zum nackten Leben analysiert werden kann. Anschließend wird herausgearbeitet, dass syrisches Leben schon in Zeiten der Kriege als nacktes Leben im Sinne Agambens interpretiert werden kann. Die eigentliche These lautet jedoch vielmehr, dass Teile der syrischen Gesellschaft erst durch die neuen, willkürlichen Dynamiken der Corona-Pandemie und die nach etwa zehn Jahren Kriegen wiedergewonnene Souveränität des Assad-Regimes von einer Verschärfung der Reduktion auf nacktes Leben betroffen sind. Obwohl Agambens Theorie des Homo I.","PeriodicalId":316035,"journal":{"name":"Kritik in der Krise","volume":"75 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"131598850","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}