{"title":"Agora abbauen. Theater als metökische Konstellation","authors":"Julia Stenzel","doi":"10.1353/fmt.2023.a908150","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908150","url":null,"abstract":"Abstract: Der Beitrag unternimmt eine dekonstruktive Lektüre von ‚Agora' als eines Grundbegriffs politischer Theorie und politischen Theaters. Statt als exklusiver Raum politischer Repräsentation wird ‚Agora' so als Sammelplatz beschreibbar, an dem Weisen und Akteur*innen des Zusammenlebens immer wieder neu in Frage stehen. In der Relektüre von ‚Agora' wird ausgehend von einer ‚environmental performance' der iranischen Theatermacherin Azadeh Ganjeh, Unpermitted Whispers , ein Konzept der metökischen Konstellation als einer theatralen Strategie zur Pluralisierung der Agora entwickelt. Es folgt eine Untersuchung des in Essen-Stoppenberg situierten Solorollenspiels Achtmal Blinzeln (Anna Kpok), die die Räume des Spiels mit einem Modell von Agora als Ort des Handels, des Handelns und des Aushandelns von Szenologien des Erscheinens, des Sprechens und der Repräsentation konfrontiert. Der Ansatz tritt entsprechend in Dialog mit Theater und Performance, die über Erscheinungsräume nachdenken; über deren Diskursethiken, institutionelle Ästhetiken und ihre materialen Verortungen in der Stadt; mithin auch über (Un)Möglichkeiten von Demokratie.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"134 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135843151","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch ed. by Ulf Otto (review)","authors":"","doi":"10.1353/fmt.2023.a908152","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908152","url":null,"abstract":"Reviewed by: Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch ed. by Ulf Otto Karina Rocktäschel (bio) Ulf Otto (Hg.): Algorithmen des Theaters. Ein Arbeitsbuch. Berlin: Alexander Verlag 2020, 326 Seiten. Ein Arbeitsbuch ist ein Buch, das zu einem bestimmten Thema wesentliches Wissen versammelt. In diesem von Ulf Otto herausgegebenen Arbeitsbuch trifft das Thema Technologie – in Gestalt von Algorithmen – auf das Theater, dessen Ästhetik und Arbeitsweisen. 13 Beiträge gehen diesem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven nach. Theatertheoretische und -ästhetische Essays sowie Arbeitsberichte von Theatermacher*innen kommen hier gleichermaßen vor. Sie geben Einblicke in gegenwärtige Theorie und Praxis, in die vielfältigen Arten und Weisen, wie Algorithmen im Theater zur Anwendung kommen. Interessant erscheint mir hierbei, dass Algorithmen neue Formate hervorbringen, die sich weg von einer Stückentwicklung hin zu „Prinzipien der Spielentwicklung\" (56) bewegen, wie der Arbeitsbericht von Georg Werner treffend beschreibt. Überraschenderweise interessiert sich der erste Beitrag des Bandes aber nicht für das Theater, sondern für eine Inszenierungsgeschichte von Algorithmen in Performances. Martina Leeker gibt hier einen blitzlichtartigen Abriss der Geschichte des Performens von und mit Algorithmen seit den 1960er Jahren und zeigt, wie diese verborgen, vermieden und – in der Gegenwart – verharmlost werden. Nur eine Rekonstruktion dieser Geschichte sowie eine gegenwärtige Standortbestimmung könne, so die Autorin, eine Kritik an der Wirkmacht algorithmischer Gouvernementalität ermöglichen. Sowohl in diesem Beitrag als auch dem gesamten Sammelband wird ersichtlich, dass Algorithmen und Big Data dominante Machtformen unserer Zeit sind. Dem geht der Beitrag von Ulf Otto tiefgründig nach. So skizziert er infolge von Technologisierung einen gesamtgesellschaftlichen Umbruch, der seine Auswirkungen auch im Theater zeigt. Der Autor beschreibt ein Theater der Kontrollgesellschaft, das ein Theater der Disziplinarmacht verabschiedet habe. Sein Referenzbeispiel hierfür ist die Performance Algorithmen von Turbo Pascal. Diese [End Page 143] analysiert er sowohlals Reflexion als auch Bestandteil der Kontrollgesellschaft und kann um dieses Beispiel herum eine grobe, aber interessante These zur Verwobenheit von Theater, Gesellschaft, Macht und Technologie erbringen. Mit den technologischen Veränderungen, die sich auf den Theaterapparat auswirken, kommen auch gängige Methoden der Theaterwissenschaft (Semiotik, Phänomenologie) an ihre Grenzen, wie Ulf Otto überzeugend argumentiert. Diesen Aspekt bedenkt auch der Sammelband mit. Die verschiedenen Arbeitsberichte der Theatermacher*innen des Sammelbandes sind daher notweniger Bestandteil sowohl einer inhaltlichen als auch methodischen Bestandsaufnahme der Transformation von Theater infolge der Technologisierung. Deutlich wird auch, dass ethnographische Methoden geeignet sind, neues Wissen zum Theaterapparat zu genieren. So zeigt der et","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"13 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135845231","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Choreographien in/der Distanz. Affizierung im Transit","authors":"Katja Schneider","doi":"10.1353/fmt.2023.a908148","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908148","url":null,"abstract":"Abstract: Durch die Covid-19-Pandemie gerieten Konzepte von Nähe und Distanz im Spannungsfeld von Körper, Ökologie und Atmosphäre ebenso auf neue Weise ins Blickfeld wie partizipative und interventionistische choreographische Projekte. Indem in der Pandemie die Nutzung des städtischen Raums für die Bewohner*innen reduziert wurde, beeinflusste dies auf gravierende Weise speziell solche choreographischen Projekte, die etablierte Raumwahrnehmungen durchkreuzen, den Modus von Räumen verändern und zugleich die ordnenden Kräfte solcher Räume deutlich machen wollten. Am Beispiel von zwei Produktionen – trajectory – pictures of the fleeting world des Münchner Choreographen Micha Purucker sowie Zerstreuung überall! Ein internationales Radioballett der Gruppe Ligna – konturiert der Beitrag, wie sich Projekte im Kontext der Pandemie auf je besondere kinästhetische und atmosphärische Weise im öffentlichen Raum situieren. Außerdem fragt er danach, welche Affizierungsstrategien mit Bruno Latours Wo bin ich? Lektionen aus dem Lockdown (2021) korrespondieren.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"41 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135843146","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Theaterausstellungen. Spielräume der Geisteswissenschaften um 1900 by Lotte Schüßler (review)","authors":"","doi":"10.1353/fmt.2023.a908153","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908153","url":null,"abstract":"Reviewed by: Theaterausstellungen. Spielräume der Geisteswissenschaften um 1900 by Lotte Schüßler Thekla Sophie Neuß (bio) Lotte Schüßler: Theaterausstellungen. Spielräume der Geisteswissenschaften um 1900. Göttingen: Wallstein 2022, 289 Seiten. Hartnäckig hält sich das Bild von Geisteswissenschaftler*innen, die für ihre Arbeit einzig ihren Kopf benötigen. Entsprechend subsumierte man die Geschichte der Geisteswissenschaften lange Zeit unter die Geistes- und Ideengeschichte oder erzählte sie entlang der Biografien großer Denker [sic!] und ehrwürdiger Institutionen. Seit einigen Jahren artikuliert sich allerdings ein Interesse an den institutionellen und materiellen Bedingungen geisteswissenschaftlichen Wissens. In diesem Kontext steht die Dissertation der Theater- und Medienwissenschaftlerin Lotte Schüßler, in der sie nicht nur eine neue Perspektive auf die Fachgeschichte der Theaterwissenschaft eröffnet, sondern Einblick in eine interdisziplinäre, praxisund medienorientierte Geschichte der Geisteswissenschaften gewährt. Schüßler verlagert dafür den Schauplatz ihres Interesses aus dem Innern der Universitäten in die Hallen von Theaterausstellungen, einer Spielform der Welt- und Großausstellungen, die bekanntermaßen im Zeitraum von 1880 bis in die 1920er Jahre in Europa vielerorts florierten. Innerhalb dieser Ausstellungen, so die Kernüberlegung, konnten Diskurse und Praktiken der Geisteswissenschaften erprobt, in Frage gestellt und vor Fachpublikum sowie einer allgemeineren Öffentlichkeit popularisiert werden. Ausgangspunkt von Schüßlers Erzählung über die Entstehung der Theaterwissenschaft ist dementsprechend nicht die ‚Entdeckung' der Aufführung. Sie interessiert viel mehr, wie das Wissen über Theater im Zusammenspiel von Medien, Objekten und Praktiken sowie in der Auseinandersetzung mit anderen Wissenschaften in den im Untertitel als „Spielräume\" apostrophierten Ausstellungen hergestellt und vermittelt wurde. Der Aufbau des schön gestalteten (Umschlaggestaltung: Max Bartholl) Buchs ist so klar wie einleuchtend. Nach einer kurzen Einführung in historische Tiefendimensionen des Ausstellens von Theater führt jedes der Kapitel durch eine von drei Ausstellungen im deutschsprachigen Raum: Wien 1892, Berlin 1910 und Magdeburg 1927. Die Autorin stellt dabei keine spektakulären Inszenierungen von Wissen vor, sondern fokussiert Medien und deren Gebrauch, die sich „durch ihre zugleich wissenschaftlichen, populären und pädagogischen Eigenschaften auszeichnen\" (21): Dazu gehören Exponatlisten, Fachsystematiken und Raumpläne (Wien), Ausstellungsberichte und -kataloge (Berlin), Bühnenmodelle, aber auch „neue Medien\" wie Rundfunk, Film und Grammophon (Magdeburg). Eine diskursive Klammer bilden Überlegungen zu sich wandelnden Konzepten von „Anschauung\", die von Ausstellungsmacher*innen und Geisteswissenschaftlern unterschiedlich bewertet wurden: Während in Museums- und Ausstellungsdiskursen schon früh über (medien-)pädagogische Konzepte der Vermittlung qua Ans","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"41 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135840562","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Don't Move! Choreography as a Means of Arranging Protest in Times of Curfew","authors":"Susanne Foellmer","doi":"10.1353/fmt.2023.a908142","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908142","url":null,"abstract":"Abstract: This article investigates protesting when there are restrictions on public assembly. In spring 2020, social movements (partly unwittingly) used choreographic means in order to deal with the prohibition of public gatherings, imposed by the Covid-19 pandemic. Examples in Tel Aviv ( Black Flag protest, 19 April) and the campaign Empty Chairs in Germany (24 April) have one prominent characteristic in common: The lack of expansive spatial movement. The article delineates the ways in which these protests aimed to make their voices heard: Choreographic arrangements of physically distanced bodies were assigned on site to produce highly affective images for social media, thus shifting the focus of the protests' visibility into the online public sphere. In addition, the different situations of vulnerable bodies calling to action are of interest: Given the pandemic times, the concept of protection takes precedence.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"37 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135843152","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Verräumlichung von Oberflächlichkeit. Zur Gestaltung einer Szenosphäre bei Susanne Kennedy ( Drei Schwestern , Münchner Kammerspiele, 2019)","authors":"Julia Prager","doi":"10.1353/fmt.2023.a908146","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908146","url":null,"abstract":"Abstract: Der Beitrag möchte zeigen, wie Susanne Kennedys Inszenierung von Čechovs Stück Drei Schwestern Konzeptionen theatraler Atmosphären als eine ‚zwischenmenschliche Erfahrung' produktiv umdeutet: Der geteilte Raum steht in der installativen Verschaltung von fiktionalen, sprachlich-kulturellen, virtuellen und phänomenalen Räumen ebenso in Frage wie die Möglichkeit, das Zwischenmenschliche als Eigenschaft bestimmter Körper festzumachen. Klare Entgegensetzungen von virtueller Oberflächlichkeit und greifbarer Räumlichkeit, menschlichem und nicht-menschlichem Körper, An- und Abwesenheit werden ausgeräumt, wenn etwa die in der Luft hängende Guckkastenbühne von einer digitalen Projektionsfläche überblendet wird und die in ihrem Erscheinen in Silikonmasken ohnehin schon avatarhaft wirkenden Schauspieler*innen auf dieser dann noch einmal, nun jedoch als Körper-Simulationen sichtbar werden. Die gestaltete Szenosphäre kommt nicht allein bildgewaltig daher, sondern operiert durch das Sounddesign in sich abwechselnden Sequenzen von sterilen Sprechpartien mit eingespieltem Voiceover und ohrenbetäubenden Geräuschkulissen mit regelrechten Blackouts. Kennedys Theater erscheint gerade aufgrund seiner umfassenden Konstruktionen von Stimmungen als Versuchsraum, sich diesen auszusetzen und sich gleichzeitig der Gewalt ihrer Affektion entgegenzusetzen.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"42 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135845224","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"TogetherText. Prozessual erzeugte Texte im Gegenwartstheater ed. by Karin Nissen-Rizvani and Martin Jörg Schäfer (review)","authors":"","doi":"10.1353/fmt.2023.a908151","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908151","url":null,"abstract":"Reviewed by: TogetherText. Prozessual erzeugte Texte im Gegenwartstheater ed. by Karin Nissen-Rizvani and Martin Jörg Schäfer Artur Pełka (bio) Karin Nissen-Rizvani, Martin Jörg Schäfer (Hg.): TogetherText. Prozessual erzeugte Texte im Gegenwartstheater. Recherchen 155. Berlin: Theater der Zeit 2020. Das Gegenwartstheater zeichnet eine enorme Vielfalt an Stilen und Tendenzen aus. Trotz der Etablierung des postdramatischen Modells in Praxis und Theorie und der damit einhergehenden Enthierarchisierung der Sprache stützt sich das Gros der szenischen Kunstproduktionen weiterhin auf Texte, darunter auch immer häufiger auf solche, die nicht zu Beginn der Proben vorliegen, sondern von den Beteiligten kollektiv entwickelt oder gar erst während der Aufführung zusammen mit dem Publikum erzeugt werden. Diesem deutlichen Trend widmen sich die Autor*innen des Sammelbandes, der auf eine internationale Tagung zurückgeht, die im Januar 2019 in Hamburg stattfand. Mit dem Titel TogetherText erfand das Professor*innen-Duo Karin Nissen-Rizvani und Martin Jörg Schäfer, das für die Organisation der Tagung sowie die Herausgabe des Bandes zuständig war, eine für das Doppelprojekt treffende Bezeichnung, deren Bedeutungsspektrum im Übrigen in der äußerst plausiblen Einführung erläutert wird. In der scheinbar prätentiösen Fremd- bzw. Neuwortschöpfung verbirgt sich letztlich das, was für die neuartige Formen der Textproduktion für Theater und Performance essentiell ist: Kollektivität, Vielstimmigkeit und Transnationalität. Subsumiert werden unter den Begriff allerdings höchst unterschiedliche Textphänomene, und zwar nicht nur solche die in kollektiven Probenprozessen, sondern auch in fiktiv sozialen Räumen unter Beteiligung des Publikums generiert werden, ferner auf Recherchearbeit fundierte oder exophon bzw. (post-)migrantisch vollzogene Stückentwicklungen. Diese Diversität wird in der gesamten Publikation ganz entschieden hervorgehoben, unterschiedliche Formen sehr differenziert ausgelotet, ohne in allzu pauschalisierende epistemologische Modi zu verfallen. Der Wert des Buches ist aber vor allem damit begründet, dass er ein bis dato sehr sparsam beachtetes Forschungsfeld mutig betritt und diese spürbare wissenschaftliche Lücke zumindest partiell schließt. Der Band ist interdisziplinär angelegt, denn die versammelten 16 Beiträge wurden sowohl von Vertreter*innen der Kunst bzw. der Dramaturgie als auch der Wissenschaft verfasst. So gestaltet sich das Buch in seiner Vielstimmigkeit selbst zu einem Quasi-TogetherText, zumal er nicht nur strikte wissenschaftliche Artikel, sondern auch dialogische, essayistische und künstlerisch angehauchte Texte zusammenbringt. Obwohl das Spektrum der voneinander inhaltlich, stilistisch – und teilweise auch qualitativ – sehr divergierenden Beiträgen sehr breit ist, liegt der Gesamtpublikation ein sehr durchdachtes redaktionelles Konzept zugrunde. Nach dem einleitenden Teil, in dem institutionelle und theatergeschichtliche Aspekte verhandelt we","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"5 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135845225","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Hanamichi und Mie-Pose: Modern imprägnierte Versatzstücke des japanischen Kabuki in Max Reinhardts frühen Bühnenmodellen und Inszenierungskonzepten","authors":"Nicole Haitzinger","doi":"10.1353/fmt.2023.a908141","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2023.a908141","url":null,"abstract":"Abstract: Dieser Artikel skizziert im ersten Teil die Wiener Theaterkultur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Akzentuierung des Japonismus, in der Max Reinhardt (1873–1943) sozialisiert wurde. Diese von der Forschung meist nur als Randnotiz erwähnte strukturelle und ästhetische Gebundenheit Reinhardts an die Wiener Moderne scheint mir entscheidend für das Verständnis seiner ersten Bühnenmodelle und Inszenierungskonzepte zu sein. Die Analyse der Inszenierung Sumûrun (1905) dient im zweiten Teil schließlich zu thesengeleiteten Antworten auf die Frage, welche spezifische Funktion die aus dem japanischen Kabuki entlehnten Versatzstücke Hanamichi (Blumensteg) und die Mie-Pose hatten und welche ästhetische Erfahrung sie evozierten.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"5 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"135845236","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"The Makerly Text & the Spectatorly Text: A Narratological Analysis of Rimini Protokoll's Remote Jerusalem","authors":"Maya Arad Yasur","doi":"10.1353/fmt.2022.0003","DOIUrl":"https://doi.org/10.1353/fmt.2022.0003","url":null,"abstract":"Abstract:Remote Jerusalem, a site-specific walking performance by German theatre group Rimini Protokoll, sets out to explore the ways in which we move through the urban \"meadow\" and to what extent these movements are manipulated or navigated and by whom. We can translate these questions into questions of dramaturgy: If we consider any performance-text as an urban meadow and the audience as a herd led by a shepherd, then we can ask: To what extent is the individual spectator manipulated by this shepherd? How much freedom of choice and interpretation is given to the sheep? This paper leans on concepts from literary narratology and defines the shepherd as a performative narrator while analyzing the relationship between the performative narrator and the audience using Roland Barthes' concepts of the writerly text vs. the readerly text.","PeriodicalId":55908,"journal":{"name":"FORUM MODERNES THEATER","volume":"33 1","pages":"40 - 53"},"PeriodicalIF":0.1,"publicationDate":"2022-07-21","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"45938655","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":4,"RegionCategory":"艺术学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}