{"title":"Das sogenannte Böse - Von Konrad Lorenz zur heutigen verhaltensbiologischen Aggressionsforschung","authors":"Dietmar Zinner","doi":"10.5771/9783748922186-63","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748922186-63","url":null,"abstract":"Das Thema der Ringvorlesung ist das ‚Verbrechen‘, das sogenannte Böse. Der Begriff ‚das sogenannte Böse‘ ist dem Titel eines Buches des Verhaltensbiologen und Nobelpreisträgers Konrad Lorenz aus dem Jahr 1963 entlehnt. Lorenz setzte allerdings in seinem Buch nicht direkt das Verbrechen mit dem sogenannten Bösen gleich, sondern die innerartliche Aggression. Das Buch wurde in den 1960er Jahren zu einem großen Erfolg, erreichte innerhalb kurzer Zeit die Bestsellerliste des ‚Spiegel‘ und wurde in viele Sprachen übersetzt. Lorenz‘ Hauptthesen zur Aggression blieben jedoch stark umstritten und sind für die heutige Verhaltenswissenschaft kaum noch relevant (Mayinger 2010; Herzog 2015). Lorenz ist als Wissenschaftler und Person umstritten, vor allem wegen seiner meist auf anekdotischen Beobachtungen basierten Interpretationen tierlichen Verhaltens, seiner zahlreichen Analogieschlüsse auf menschliches Verhalten und wegen seiner ‚rassenkundlichen‘ Äußerungen und seiner Rolle im Nationalsozialismus. Der vollständige Titel des Buchs von Lorenz lautet: Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. Lorenz versuchte hier nicht nur ‚das sogenannte Böse‘ darzustellen, sondern aus einem evolutionsbiologischen Blickwinkel innerartliche Aggression zu erklären. Dabei schloss er den Menschen explizit mit ein. Der evolutionsbiologische Blick war seinerzeit neu in der Aggressionsforschung und hat zahlreiche Diskussionen ausgelöst, nicht nur zwischen Psychologen, Soziologen und Philosophen, sondern auch bei vielen Evolutionsbiologen. Insbesondere Lorenz‘ grundlegende Annahme, dass Aggression der Arterhaltung dient, wurde später als grundsätzlich falsch bewertet (siehe z.B. Dawkins 1976). Aus Lorenz‘ Überlegungen zur Naturgeschichte der Aggression, also zum sogenannten Bösen, lassen sich vier Thesen ableiten, die ich hier im Licht moderner evolutionsbiologischer Aggressionsforschung vorstellen und diskutieren möchte.","PeriodicalId":215954,"journal":{"name":"Das sogenannte Böse","volume":"17 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2020-11-16","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"124375774","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Der rational kalkulierende Verbrecher? Zu Entwicklung, Stand und Zukunftsperspektiven ökonomischer Kriminalitätstheorien","authors":"Stefan Harrendorf, B. Geng","doi":"10.5771/9783748922186-201","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748922186-201","url":null,"abstract":"Die ökonomischen Kriminalitätstheorien führen uns zurück an den Ursprung der Kriminologie, zu ihren Klassikern, wie Bentham, Beccaria oder von Feuerbach. Sie beleben wieder, was einst Ausgangspunkt kriminalitätstheoretischen Bemühens war und kleiden es in das Gewand moderner Ökonomie. Der spätere Nobelpreisträger Gary S. Becker, der insbesondere mit einem wegweisenden Aufsatz aus dem Jahr 1968 Wegbereiter der ökonomischen Perspektive auf das Verbrechen war, hat dies in ebenjenem Aufsatz treffend so formuliert:","PeriodicalId":215954,"journal":{"name":"Das sogenannte Böse","volume":"34 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"124491505","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}