{"title":"Migration, Trauma und die soziokulturelle Integration von Flüchtlingen","authors":"M. Erdheim","doi":"10.30820/2752-2121-2023-2-13","DOIUrl":"https://doi.org/10.30820/2752-2121-2023-2-13","url":null,"abstract":"Prozesse der Migration und Integration können Traumata hervorbringen, aber auch selbst durch vorangegangene Traumata beeinflusst werden. Am Beispiel einer Legende von Uiras, einem Urubu-Indianer (Kaapor), der durch den Tod seines Sohnes traumatisiert wurde und bei dem kulturelle Rituale der Traumabewältigung versagten, wird verdeutlicht, wie durch die Migration in fremde Kulturen anhaltende Retraumatisierungen stattfinden können. Maßgeblich dafür sind scheiternde Verständigungsbemühungen und Kommunikationsabbrüche. Am Ende bleibt Uiras nur der Tod. Der Beitrag beschreibt das Festhalten an religiösen Überzeugungen, die einen Boden schaffen, der in der Fremde trägt – als Übergangsform und möglicher Weg der Integration. Hervorgehoben wird generell die integrationsfördernde Funktion religiöser und anderer soziokultureller Gemeinschaften, denen sich Menschen zugehörig fühlen. Deswegen erkennt der Autor in sogenannten ›Parallelgesellschaften‹ nicht bloß etwas Negatives, zu Vermeidendes, sondern eine Vorbedingung oder Vorstufe gesellschaftlicher Integration sowie religiöser, kultureller Toleranz. Der Beitrag schließt mit einem Blick in Krankengeschichten von Flüchtlingen aus dem Kosovo und ein staatliches Gesundheitssystem (in der Schweiz), in dem unbemerkt Kulturkämpfe ausgetragen werden. Krankheiten sind mitunter Symptome misslungener Traumabearbeitung und gescheiterter Integration.","PeriodicalId":184634,"journal":{"name":"Trauma, Migration, postmigrantische Gesellschaft. Anhaltende Verletzungen junger Menschen","volume":"8 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"125195605","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Alevitisch-sunnitische Konflikte in postmigrantischen Einwanderungsgesellschaften","authors":"D. Tepeli","doi":"10.30820/2752-2121-2023-2-69","DOIUrl":"https://doi.org/10.30820/2752-2121-2023-2-69","url":null,"abstract":"Ausgeübte und erlittene Gewalt zwischen Kollektiven verschwindet nicht einfach. Ihre psychosozialen Folgen wirken oft über Generationen hinweg fort. Sie werden bewusst und unbewusst tradiert, nonund para-verbal, interaktiv sowie sprachlich. Dies gilt für physische, psychische und symbolische Verletzungen, wie sie in stigmatisierenden Bezeichnungen, Etiketten der Gruppenschande und fantasiegeleiteten Erzählungen über ganze Kollektive zum Ausdruck kommen. Psychosoziale Spätfolgen vergangener, traumatisierender Gewaltbeziehungen zwischen Kollektiven äußern sich in bestehenden, dynamisch verlaufenden Gruppenabgrenzungen und in sozio-emotionalen Bindungsblockaden, die in vorurteilsund affektgeladenen Wissensbeständen über das Eigene und das Andere zum Ausdruck kommen. Am Fallbeispiel der fortwährenden alevitisch-sunnitischen Verletzungsverhältnisse in der postmigrantischen Gesellschaft illustriert dieser Beitrag – exemplarisch am Beziehungsmodus der alevitisch-sunnitischen Ehe – fortwirkende Folgen intergenerational übertragener, potenziell traumatisierender Gewalterfahrungen.","PeriodicalId":184634,"journal":{"name":"Trauma, Migration, postmigrantische Gesellschaft. Anhaltende Verletzungen junger Menschen","volume":"3 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"130385618","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Die Gastfamilie für unbegleitete Geflüchtete als Zufluchtsort?","authors":"Ines Gottschalk, Franziska Seipelt","doi":"10.30820/2752-2121-2023-2-41","DOIUrl":"https://doi.org/10.30820/2752-2121-2023-2-41","url":null,"abstract":"Dieser Beitrag untersucht Sinnund Deutungshorizonte sowie Handlungsstrategien von Gastfamilien, in deren (Zusammen-)Leben eine mögliche oder tatsächliche Traumatisierung der von ihnen aufgenommenen jugendlichen Geflüchteten virulent wird. Anhand empirisch gewonnenen Materials aus fünf Gastfamilien wird ein kursorischer Einblick in die Beziehungsgestaltung und Identitätsentwicklung unter dem Vorzeichen des Traumas gegeben. Der Beitrag zeigt, dass das Trauma dabei zu einer Metapher für das Fremde, Unbekannte und Unklare im Anderen wird. Traumatisierungen werden somit zu einem leeren Signifikanten, mit dem Lücken der Unwissenheit und Unsicherheit erklärt werden können und ein (Zusammen-)Leben zwischen Nähe und Distanz gesucht werden kann.","PeriodicalId":184634,"journal":{"name":"Trauma, Migration, postmigrantische Gesellschaft. Anhaltende Verletzungen junger Menschen","volume":"61 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"116912297","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Temporäre Integrationsverweigerung von Geflüchteten als Katalysator zukunftsfähiger Integration","authors":"Florian Lampersberger","doi":"10.30820/2752-2121-2023-2-53","DOIUrl":"https://doi.org/10.30820/2752-2121-2023-2-53","url":null,"abstract":"Geflüchtete werden durch Vertreibung, radikalen Kontextwechsel und Akkulturationsprozesse in ihrem Selbstverständnis und -gefühl oft so stark erschüttert, dass sie gerade in der Anfangszeit im aufnehmenden Land drohen, in schwere Identitätskrisen zu geraten. Durch die Umstände der Flucht bereits beund überlastet, verfügen sie häufig nicht über die psychische Energie zur Wiederherstellung der krisenhaft gewordenen Identität, die wiederum notwendige Voraussetzung dafür wäre, eigene Zugehörigkeit zu und Teilhabe an der neuen Kultur auszuhandeln. Zur (Wieder-)Erlangung der psychischen Voraussetzungen zum Leisten dieser Identitätsarbeit greifen sie auf protektive und stärkende Spaltungsprozesse zurück, die von außen wie ein bloßes Abschotten in eine Parallelgesellschaft anmuten – sie werten etwa das Aufnahmeland völlig ab, während sie die verlorene Heimat idealisieren. Wie genau Spaltungen in diesem Sinne integrationsförderlich sein können, wird in vorliegendem Beitrag anhand verschiedener Entwicklungslinien in einem Fallbeispiel deutlich gemacht.","PeriodicalId":184634,"journal":{"name":"Trauma, Migration, postmigrantische Gesellschaft. Anhaltende Verletzungen junger Menschen","volume":"31 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"114216143","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Zivile Seenotrettung im europäischen Grenzregime: Leid und Schmerz im freiwilligen Engagement","authors":"M. Bussmann","doi":"10.30820/2752-2121-2023-2-89","DOIUrl":"https://doi.org/10.30820/2752-2121-2023-2-89","url":null,"abstract":"Das Mittelmeer gilt als eine der tödlichsten aller bekannten sogenannten ›Migrationsrouten‹ der Welt. Seit Jahren verunglücken hier jährlich tausende Menschen beim Versuch, in die Europäische Union zu gelangen. In Reaktion auf den Anstieg der Todeszahlen und ausgestattet mit dem Privileg der Bewegungsfreiheit brachen seit 2014 zahlreiche Freiwillige an die europäischen Außengrenzen ins Mittelmeer auf, um zivile Seenotrettung zu leisten. Diese besondere Form des freiwilligen Engagements ist für die Akteur*innen oftmals mit starken Belastungsproben sowie körperlichen und seelischen Überforderungen verbunden, welche die Engagierten teils an den Rand des Erträglichen bringen. In diesem Bericht werde ich mithilfe von empirischen Beispielen aus der noch laufenden Forschung einen Einblick in das Erleben unterschiedlicher Formen von Leid und Schmerz einiger freiwillig Engagierter gewähren. Dabei wird deutlich werden, dass die Belastungen extrem sein und die Gestalt traumatisierender Erlebnisse mit nachhaltigen Folgen annehmen können.","PeriodicalId":184634,"journal":{"name":"Trauma, Migration, postmigrantische Gesellschaft. Anhaltende Verletzungen junger Menschen","volume":"15 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"121177812","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Spaltungsprozesse bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund – ein wichtiger und zugleich gefährdender Faktor in der adoleszenten Identitätsentwicklung1","authors":"A. Streeck-Fischer","doi":"10.30820/2752-2121-2023-2-43","DOIUrl":"https://doi.org/10.30820/2752-2121-2023-2-43","url":null,"abstract":"Bei Jugendlichen mit Migrationserfahrungen sind Identitätsentwicklungen erschwert. Sie wachsen in Deutschland auf, erfahren jedoch über ihre Eltern gleichsam eine halbierte Welt mit einem Mutterland und einem Vaterland, oder einem Herkunftsland der Eltern und einem Land, in dem sie aufwachsen. Diese verschiedenen Welten bekommen zumeist in der Adoleszenz der sogenannten ›zweiten Individuationsphase‹ durch eine sogenannte ›dritte migrationsbedingte Individuationsphase‹ eine destabilisierende Bedeutung. Spaltungsneigungen, die den normalen Adoleszenzprozess begleiten, können unter schwierigen bis traumatisierenden Entwicklungsbedingungen gefährliche Richtungen einnehmen, wie anhand eines Beispiels verdeutlicht wird. Feindbildung und Entmenschlichung gehen Gewalthandlungen voraus.","PeriodicalId":184634,"journal":{"name":"Trauma, Migration, postmigrantische Gesellschaft. Anhaltende Verletzungen junger Menschen","volume":"82 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2023-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"132101945","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}