Helmut Breitmeier, Sandra Schwindenhammer, Andrés Checa, Jacob Manderbach, Magdalena Tanzer
{"title":"5.5 Wissen als Treiber für Wandel: Die Harmonisierung von Nachhaltigkeitsverständnissen in der globalen Ernährungspolitik","authors":"Helmut Breitmeier, Sandra Schwindenhammer, Andrés Checa, Jacob Manderbach, Magdalena Tanzer","doi":"10.5771/9783748901990-443","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748901990-443","url":null,"abstract":"Die Ernährungssicherheit und die Lebensmittelsicherheit stellen wichtige Ziele in der globalen Politik dar und sind zentrale Themen für die zukunftsorientierte Technikfolgenabschätzung (TA). Die Steigerung der Ernteerträge bildete im Zeitalter einer nach wie vor steigenden Weltbevölkerung den zentralen Ansatz zur Problembearbeitung. Die damit verbundene Intensivierung und Technisierung der Landwirtschaft, die Existenzbedrohung von Kleinbäuer_innen, die negativen Wirkungen traditioneller Agrarund Ernährungspolitik für Umwelt und Gesundheit und die ungerechten Regeln des Welthandelsregimes für Agrarprodukte des globalen Südens erzeugten aber auch zunehmend Widerstand gegen diesen Ansatz. Die etablierten wissenschaftlichen und politischen Konzepte wurden durch das am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtete neue Denken von Wissenschaftler_innen, technischen Expert_innen, Landwirt_innen, Verbraucher_innen und NGOs herausgefordert. Die Entstehung eines umfassenderen Nachhaltigkeitsverständnisses in der globalen Ernährungspolitik wird von zwei grundlegenden Rahmenbedingungen mitbeeinflusst: Erstens wird das Politikfeld von einer sehr großen Bandbreite von unterschiedlichen Akteur_innen geprägt. Diese reicht von Staaten über wissenschaftliche Einrichtungen bis hin zu (trans-)nationalen Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen und Lobbyverbänden. Zweitens interpretieren Akteur_innen die Norm der Nachhaltigkeit unterschiedlich und entwickeln verschiedene Nachhaltigkeitsverständnisse, welche die Normimplementation behindern können (Breitmeier et al. 2020; Clapp/Scott 2018). Die Verständigung über den Inhalt bzw. über die Interpretation der Norm der Nachhaltigkeit im globalen Ernährungssystem stellt eine Grundvoraussetzung dafür dar, dass der erforderliche Politikwandel auch eingeleitet und erreicht werden kann. Für Institutionen auf der internationalen und nationalen Ebene stellt sich dabei die Aufgabe, neue Formen der inter-institutionellen Zusammenarbeit zu entwickeln, die zur Harmonisierung unterschiedlicher Normverständnisse in einzelnen Institutionen beitragen und die Umsetzung von Nachhaltigkeitspolitiken im globalen Ernährungssystem unterstützen. Die politikwissenschaftliche Normenforschung zeigt, dass die Norminterpretation von den jeweiligen Wissensbeständen der Akteur_innen beeinflusst wird (Hansen-Magnusson et al. 2020). Gleichzeitig kann durch die Integration verschiedener Wissensbestände in diskursiven Foren eine Harmonisierung unterschiedlicher Verständnisse erfolgen, die sich letztlich positiv auf die Normumsetzung auswirken kann. Vor diesem Hintergrund fragt dieser Beitrag nach der Rolle und Funktion von verschiedenen Wissensbeständen für die Harmonisierung unterschiedlicher Nachhaltigkeitsverständnisse in der internationalen Ernährungspolitik. 5.5","PeriodicalId":432686,"journal":{"name":"Technikfolgenabschätzung","volume":"8 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-05-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"134538465","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"3.3 Dimensionen der Verteilung der Handlungsträgerschaft auf Mensch und Technik als Untersuchungsdimensionen der TA","authors":"M. Meister, Ingo Schulz-Schaeffer","doi":"10.5771/9783748901990-220","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748901990-220","url":null,"abstract":"Der Auftrag der Technikfolgenabschätzung (TA) ist die Beratung gesellschaftlicher Akteursgruppen bei in die Zukunft gerichteten technikbezogenen Entscheidungen, um negative und insbesondere nichtintendierte Folgen für die Gesellschaft zu erkennen. Sie ist deshalb dezidiert normativ und praxisorientiert, also transdisziplinär, und versteht sich, da für solche Entscheidungen typischerweise nicht nur technische, sondern auch natur-, sozialund geisteswissenschaftliche Wissensbestände relevant sind, zudem dezidiert als eine interdisziplinäre Unternehmung. Die Techniksoziologie ist dagegen in ihrem Kernverständnis eine analytische Teildisziplin der Soziologie.","PeriodicalId":432686,"journal":{"name":"Technikfolgenabschätzung","volume":"35 3 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-05-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"116600275","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"5.2 RRI und Postwachstumsökonomie als Herausforderungen für die Technikfolgenabschätzung","authors":"M. Sand","doi":"10.5771/9783748901990-403","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748901990-403","url":null,"abstract":"Als Form systematischer Bewertung von und Reflexion über Technik und deren gesellschaftlicher Konsequenzen stand die Technikfolgenabschätzung (TA) nie alleine auf weiter Flur: Benachbarte Formen von Technikbewertung und -reflexion, die ähnliche Themen erforschen und vergleichbare Funktionen der Beratung, Aufklärung und Steuerung von Technikentwicklung erfüllen, gibt es seit Beginn der TA (Grunwald 2002, 2018b: 84‒86). Als verwandte Gebiete sind hier beispielsweise die Technikgeneseforschung, Futures Studies, Midstream Modulation (Fisher et al. 2016), Anticipatory Governance (Guston 2014) und die sozialwissenschaftliche Wissenschaftsund Technikforschung (STS) zu nennen. In der vergangenen Dekade haben sich daneben zwei Leitbilder etabliert, die die TA auf ihre je eigene Art und Weise komplementieren oder herausfordern. Dies sind die Postwachstumsökonomie und Responsible Research and Innovation (RRI).","PeriodicalId":432686,"journal":{"name":"Technikfolgenabschätzung","volume":"25 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-05-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"125749456","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"Technikfolgenabschätzung – neue Zeiten, neue Aufgaben","authors":"S. Böschen, A. Grunwald, B. Krings, C. Rösch","doi":"10.5771/9783748901990-13","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748901990-13","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":432686,"journal":{"name":"Technikfolgenabschätzung","volume":"19 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-05-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"116794653","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"2.2 TA und Öffentlichkeit – TA in öffentlichen Technikdebatten und öffentlicher Politikberatung","authors":"L. Hennen","doi":"10.5771/9783748901990-144","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748901990-144","url":null,"abstract":"Es gehört zu den konzeptionellen Grundannahmen der Technikfolgenabschätzung (TA), dass eine politisch sinnvolle Abschätzung oder Bewertung von gesellschaftlichen Folgen neuer Technologien zum einen die zuverlässige und unabhängige Aufarbeitung des relevanten wissenschaftlichen Wissens (Fakten) und zum anderen den Bezug auf gesellschaftlich Werte, in deren Licht die Fakten erst politisch-praktische Bedeutung erlangen, impliziert. Hiermit weist TA sich selbst als hybride Praxis zwischen Wissenschaft und Politik aus. Weder wissenschaftlichtechnisches Wissen noch Werte können jeweils allein Entscheidungen hinreichend orientieren. Fakten müssen im Lichte gesellschaftlicher Interessen und Erwartungen bewertet und umgekehrt die bestehenden Werte (Bedürfnisse, Normen, Interessen) im Lichte des technisch Möglichen und faktisch zu Erwartenden im Hinblick auf zu treffende praktische Entscheidungen reflektiert werden. Jürgen Habermas (1968: 136) hat hierauf schon früh als hermeneutischen Zirkel wissenschaftlicher Politikberatung hingewiesen. In diesem iterativen Prozess wechselseitiger Kritik von Wissen und Werten (oder Wissenschaft und Politik) nimmt die Öffentlichkeit in demokratisch verfassten Gesellschaften die wichtige Rolle einer vermittelnden Instanz wahr, von der sich sowohl die politischen Repräsentanten als auch die Experten informieren lassen und vor der sie sich rechtfertigen müssen. TA als Politikberatung ist damit notwendig auf demokratische Öffentlichkeit bezogen.","PeriodicalId":432686,"journal":{"name":"Technikfolgenabschätzung","volume":"44 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-05-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"116690492","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"5.1 Technologiefolgen-Abschätzung und die Menschenrechte als Motor der Demokratieentwicklung","authors":"Elisabeth Ehrensperger","doi":"10.5771/9783748901990-389","DOIUrl":"https://doi.org/10.5771/9783748901990-389","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":432686,"journal":{"name":"Technikfolgenabschätzung","volume":"9 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2021-05-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"132238440","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}