{"title":"IV.13. Rückkehr aus dem Exil: ein Paradigma transnationaler Literatur","authors":"D. Bischoff, Jasmin Centner","doi":"10.1515/9783110340532-027","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/9783110340532-027","url":null,"abstract":"Als spezifische Form der Migration, die in der Regel nicht frei gewählt, sondern durch Verfolgung und Vertreibung erzwungen wurde, bleibt das Exil im traditionellen Verständnis des Begriffs an die Vision der Rückkehr gebunden. Typischerweise ist es als vorübergehender Zustand des Lebens in der Fremde konzipiert worden, der beendet werden kann, wenn der unmittelbare Fluchtgrund nicht mehr existiert (vgl. Frühwald 1995, 56). In der Literatur wird die Orientierung auf Rückkehr aber vielfach auch als Anlass für die Mobilisierung imaginärer Potentiale reflektiert, die im Beklagen von Verlust und Unerreichbarkeit zugleich die (Neu-)Erschaffung von Heimat inszeniert (vgl. Rushdie 1992). Die nostalgische Rückkehrsehnsucht kann dabei als Topos einer Zeiten und Räume übergreifenden Exilliteratur verstanden werden: Schon bei Ovid erscheint der Wunsch, nach Rom zurückzukehren, als Leitmotiv und zugleich Anlass von Kreativität, die gerade aus dem Abgeschnittensein und der Unverfügbarkeit der Heimat Kraft schöpft. „Inability to return home is both a personal tragedy and an enabling force“, formuliert Svetlana Boym (2001, 252). Im 20. Jahrhundert, in dem Flucht und Vertreibung zu einem tausendfach geteilten Schicksal werden, was Edward Said dazu veranlasst hat, die westliche Literatur dieser Epoche weitgehend als eine „by and about exiles“ zu beschreiben (Said 2002 [1984], 174; vgl. IV.15 Kliems), wird Heimat vielfach ausdrücklich als nationale beschworen. So wird der Gedanke, für das ‚andere‘, eigentliche Deutschland zu kämpfen und zu schreiben, für große Teile des deutschsprachigen Exils aus dem nationalsozialistischen Deutschland zu einem Gemeinschaft stiftenden Leitkonzept, das auch die Rezeption der in dieser Zeit entstandenen Exilliteratur nachhaltig geprägt hat (vgl. Koebner 1992; Winckler 1995). Said hat in seinen Reflexionen über das Exil entsprechend auf eine „essential association“ zwischen Exil und Nationalismus aufmerksam gemacht (2002 [1984], 176). Wenn dabei die enge Kopplung von politischen Kategorien (Nation als Staatsform) und kultureller Zugehörigkeit (Nation als in Bezug auf Kultur und Sprache homogener Raum), die sich seit dem 19. Jahrhundert entwickelt hat, ausdrücklich affirmiert und gegen die vermeintlich unrechtmäßige Instrumentalisierung des Nationalen durch den Faschismus beschworen wird, zeichnen sich gerade in den literarischen Zeugnissen des Exils vielfach auch gegenläufige Tendenzen ab (vgl. Bischoff und Komfort-Hein 2012; Pichler 2012). In der Verhandlung von Rückkehr wird häufig die Vorstellung einer Restituierbarkeit ehemals intakter Heimaten und homogener nationaler Kulturtraditionen","PeriodicalId":303261,"journal":{"name":"Handbuch Literatur & Transnationalität","volume":"5 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-09-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"124828720","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"IV.1 Germania: Nationale Identität und transnationale Konstruktionen in lateinischen Texten deutscher Humanisten","authors":"R. Seidel","doi":"10.1515/9783110340532-015","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/9783110340532-015","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":303261,"journal":{"name":"Handbuch Literatur & Transnationalität","volume":"22 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-09-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"123889991","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}
{"title":"IV.7. Nationaldiskurse und Transnationalität in deutsch-jüdischer Ghettoliteratur","authors":"G. V. Glasenapp","doi":"10.1515/9783110340532-021","DOIUrl":"https://doi.org/10.1515/9783110340532-021","url":null,"abstract":"","PeriodicalId":303261,"journal":{"name":"Handbuch Literatur & Transnationalität","volume":"44 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2019-09-23","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":null,"resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":"121718619","PeriodicalName":null,"FirstCategoryId":null,"ListUrlMain":null,"RegionNum":0,"RegionCategory":"","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":"","EPubDate":null,"PubModel":null,"JCR":null,"JCRName":null,"Score":null,"Total":0}