{"title":"食品中的化学机制","authors":"Prof. Dr. Marcus A. Glomb","doi":"10.1002/lemi.202559005","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Chemische Reaktionen unter lebensmitteltypischen Bedingungen bieten auch heute unerwartete Einblicke in verblüffende Mechanismen mit erstaunlicher Bedeutung. Der Vortrag vertieft hier beispielhaft die Reaktivität von Singulett-Sauerstoff. Die bekannte Cycloadditionschemie mit ungesättigten Fettsäuren wurde in einem Mikroemulsionsmodell untersucht, um die anti- und prooxidativen Eigenschaften von Carotinoiden anhand des Abbaus bzw. der Isomerisierung zu untersuchen. Dies erlaubte die mechanistische Differenzierung von radikalabfangenden und physikalisch-chemisch quenchenden Reaktionen in einem Grenzflächenmodell.1</p><p>Die enorme Bedeutung von Singulett-Sauerstoff für Fragmentierungsreaktionen von Kohlenhydraten ist angesichts der über 100 Jahre alten Geschichte der Maillard-Reaktion erst seit kurzem verstanden. In Ascorbinsäure-Lysin-Umsetzungen konnte der schnelle Abbau unter oxidativen Bedingungen mit Decarboxylierung, hydrolytischer ß-Fragmentierung und oxidativer a-Fragmentierung zu 75% abschließend aufgeklärt werden. Davon konnten 25% dem Angriff von Singulett-Sauerstoff auf die Carbonylgruppierung unter Bildung eines biradikalischen Intermediates zugeordnet werden, das sich über ein gemischtes Anhydrid zu zwei Carbonsäuren stabilisiert. Insgesamt erklärte dieses zum einen die quantitative Bedeutung von Oxalsäure innerhalb des Ascorbinsäureabbaus, zum anderen aber auch das Auftreten quantitativ bedeutender Lysin- bzw. in weiteren Sinne Proteinmodifikationen (Amid Advanced Glycation Endproducts) über eine aminolytische Variante.2</p><p>Dies stellt die Frage nach Verbindungen, die in der Lage sind neben dem bekannten LichtSensibilisator-Zusammenhang Singulett-Sauerstoff zu generieren. Voraussetzung dazu sind Partialstrukturen, die stark redoxaktiv Ein-Elektronen-Reaktionen realisieren können. Dies trifft für Reduktonstrukturen wie Ascorbinsäure, aber auch Verbindungen mit phenolischen Catechol- oder Gallomotiven zu. Ausgehend von dem Hauptflavanoid im Rooibos-Tee, dem Dihydrochalkon Aspalathin, konnte die Bildung von Dihydrokaffeesäure mit einem ähnlichen Mechanismus wie bei Ascorbinsäure aufgeklärt werden. Der Nachweis des Fragmentierungsgegenstückes in Form eines Phloroglucinderivates und die Bildung von Lysin-dihydrokaffeesäureamid unterlegte die Reaktionsfolge abschließend.3 Diese Reaktionschemie konnte dann auf weitere Dihydrochalkonderivate übertragen werden, die die intrinsische Fähigkeit von Aspalathin und Ascorbinsäure zur Generierung von Singulett-Sauerstoff unterlegten und gleichzeitig zu einem neuartigen Phloretin-Ascorbylderivat führten.4</p>","PeriodicalId":17952,"journal":{"name":"Lebensmittelchemie","volume":"79 S3","pages":""},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2025-09-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Chemische Mechanismen in Lebensmitteln\",\"authors\":\"Prof. Dr. Marcus A. 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In Ascorbinsäure-Lysin-Umsetzungen konnte der schnelle Abbau unter oxidativen Bedingungen mit Decarboxylierung, hydrolytischer ß-Fragmentierung und oxidativer a-Fragmentierung zu 75% abschließend aufgeklärt werden. Davon konnten 25% dem Angriff von Singulett-Sauerstoff auf die Carbonylgruppierung unter Bildung eines biradikalischen Intermediates zugeordnet werden, das sich über ein gemischtes Anhydrid zu zwei Carbonsäuren stabilisiert. Insgesamt erklärte dieses zum einen die quantitative Bedeutung von Oxalsäure innerhalb des Ascorbinsäureabbaus, zum anderen aber auch das Auftreten quantitativ bedeutender Lysin- bzw. in weiteren Sinne Proteinmodifikationen (Amid Advanced Glycation Endproducts) über eine aminolytische Variante.2</p><p>Dies stellt die Frage nach Verbindungen, die in der Lage sind neben dem bekannten LichtSensibilisator-Zusammenhang Singulett-Sauerstoff zu generieren. Voraussetzung dazu sind Partialstrukturen, die stark redoxaktiv Ein-Elektronen-Reaktionen realisieren können. Dies trifft für Reduktonstrukturen wie Ascorbinsäure, aber auch Verbindungen mit phenolischen Catechol- oder Gallomotiven zu. Ausgehend von dem Hauptflavanoid im Rooibos-Tee, dem Dihydrochalkon Aspalathin, konnte die Bildung von Dihydrokaffeesäure mit einem ähnlichen Mechanismus wie bei Ascorbinsäure aufgeklärt werden. Der Nachweis des Fragmentierungsgegenstückes in Form eines Phloroglucinderivates und die Bildung von Lysin-dihydrokaffeesäureamid unterlegte die Reaktionsfolge abschließend.3 Diese Reaktionschemie konnte dann auf weitere Dihydrochalkonderivate übertragen werden, die die intrinsische Fähigkeit von Aspalathin und Ascorbinsäure zur Generierung von Singulett-Sauerstoff unterlegten und gleichzeitig zu einem neuartigen Phloretin-Ascorbylderivat führten.4</p>\",\"PeriodicalId\":17952,\"journal\":{\"name\":\"Lebensmittelchemie\",\"volume\":\"79 S3\",\"pages\":\"\"},\"PeriodicalIF\":0.0000,\"publicationDate\":\"2025-09-01\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Lebensmittelchemie\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/lemi.202559005\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"\",\"JCRName\":\"\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Lebensmittelchemie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/lemi.202559005","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Die enorme Bedeutung von Singulett-Sauerstoff für Fragmentierungsreaktionen von Kohlenhydraten ist angesichts der über 100 Jahre alten Geschichte der Maillard-Reaktion erst seit kurzem verstanden. In Ascorbinsäure-Lysin-Umsetzungen konnte der schnelle Abbau unter oxidativen Bedingungen mit Decarboxylierung, hydrolytischer ß-Fragmentierung und oxidativer a-Fragmentierung zu 75% abschließend aufgeklärt werden. Davon konnten 25% dem Angriff von Singulett-Sauerstoff auf die Carbonylgruppierung unter Bildung eines biradikalischen Intermediates zugeordnet werden, das sich über ein gemischtes Anhydrid zu zwei Carbonsäuren stabilisiert. Insgesamt erklärte dieses zum einen die quantitative Bedeutung von Oxalsäure innerhalb des Ascorbinsäureabbaus, zum anderen aber auch das Auftreten quantitativ bedeutender Lysin- bzw. in weiteren Sinne Proteinmodifikationen (Amid Advanced Glycation Endproducts) über eine aminolytische Variante.2
Dies stellt die Frage nach Verbindungen, die in der Lage sind neben dem bekannten LichtSensibilisator-Zusammenhang Singulett-Sauerstoff zu generieren. Voraussetzung dazu sind Partialstrukturen, die stark redoxaktiv Ein-Elektronen-Reaktionen realisieren können. Dies trifft für Reduktonstrukturen wie Ascorbinsäure, aber auch Verbindungen mit phenolischen Catechol- oder Gallomotiven zu. Ausgehend von dem Hauptflavanoid im Rooibos-Tee, dem Dihydrochalkon Aspalathin, konnte die Bildung von Dihydrokaffeesäure mit einem ähnlichen Mechanismus wie bei Ascorbinsäure aufgeklärt werden. Der Nachweis des Fragmentierungsgegenstückes in Form eines Phloroglucinderivates und die Bildung von Lysin-dihydrokaffeesäureamid unterlegte die Reaktionsfolge abschließend.3 Diese Reaktionschemie konnte dann auf weitere Dihydrochalkonderivate übertragen werden, die die intrinsische Fähigkeit von Aspalathin und Ascorbinsäure zur Generierung von Singulett-Sauerstoff unterlegten und gleichzeitig zu einem neuartigen Phloretin-Ascorbylderivat führten.4