Christine Andrea Stübner, Priv.-Doz. Dr. Martin Steinhaus
{"title":"Entwicklung der Automated Solvent-Assisted Flavor Evaporation und ihre Anwendung zur Identifizierung der Schlüsselgeruchsstoffe in Walnusskernen","authors":"Christine Andrea Stübner, Priv.-Doz. Dr. Martin Steinhaus","doi":"10.1002/lemi.202552249","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Die Solvent-Assisted Flavor Evaporation (SAFE) wurde 1999 als schonende Methode zur artefaktfreien Entfernung nicht flüchtiger Verbindungen aus Lösungsmittelextrakten von Lebensmitteln entwickelt. Sie ist heute die Standardmethode zur Isolierung der flüchtigen Fraktion vor dem Screening nach geruchsaktiven Verbindungen mittels Gaschromatographie-Olfaktometrie (GC–O) und hat dabei ältere Hochvakuumtransfer-Verfahren weitgehend ersetzt. Trotz der herausragenden Vorteile der SAFE zeigten sich im Laufe der jahrelangen Verwendung im Labor auch einige Defizite, darunter (1) die Ausbeuten der flüchtigen Verbindungen sind vom Volumen der einzelnen Extraktportionen und auch von den Zeitintervallen zwischen den Portionen abhängig, (2) unbeabsichtigt große Extraktportionen können zu einem Übergang nicht flüchtiger Verbindungen in das Isolat führen, wodurch es für weitere Analysen unbrauchbar wird, und (3) der durch die kontinuierliche Bedienung des manuellen Ventils erforderliche, hohe Personalaufwand. Da alle Nachteile mit der manuellen Bedienung des Ventils in Verbindung standen, konzentrierte sich der erste Teil der vorliegenden Arbeit auf die Entwicklung einer automatisierten SAFE (aSAFE), bei der das manuelle Ventil durch ein elektronisch gesteuertes, pneumatisches Ventil ersetzt wurde. Dadurch konnten die Öffnungszeiten des Ventils verkürzt und die Schließzeiten verlängert werden. Die aSAFE wurde anschließend mit Modellmischungen aus 18 häufig in Lebensmitteln vorkommenden Geruchsstoffen und drei verschiedenen Fettgehalten (null/niedrig/hoch) sowie mit authentischen Lösungsmittelextrakten aus Bier und Schokolade getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass die aSAFE im Vergleich zur manuellen SAFE (mSAFE) eine höhere Ausbeute der flüchtigen Verbindungen erzielte. Dies kam insbesondere bei hochsiedenden Geruchsstoffen und fettreichen Proben zum Tragen. Durch die Automatisierung wurde zudem das Risiko der Kontamination des Isolats mit nicht flüchtigen Verbindungen deutlich reduziert. Zur weiteren Automatisierung der aSAFE wurden ein System zum automatischen Nachfüllen des Kühlmittels Flüssigstickstoff und ein System zur Endpunkterkennung mit Abschaltautomatik integriert, wodurch die Notwendigkeit für manuelle Eingriffe während des Prozesses noch einmal erheblich reduziert wurde.</p><p>Der zweite Teil der vorliegenden Arbeit befasste sich mit der Aufklärung der Schlüsselgeruchsstoffe frischer Walnusskerne. Hierfür wurde die neu entwickelte aSAFE zur Isolierung der flüchtigen Verbindungen aus den Nüssen eingesetzt. Walnusskerne werden vom Verbraucher nicht nur wegen ihres Nährwerts geschätzt, sondern nicht zuletzt auch wegen ihres charakteristischen Aromas, das sich deutlich vom Aroma anderer Nüsse unterscheidet. Die Erforschung der dafür verantwortlichen Substanzen hatte bereits vor 50 Jahren begonnen, jedoch waren die entscheidenden Schlüsselgeruchsstoffe noch immer unbekannt. Um diese Lücke zu schließen, wurden die mittels aSAFE aus Walnüssen isolierten, flüchtigen Verbindungen einem Screening mittels Aromaextraktverdünnungsanalyse (AEVA) unterzogen. Dies resultierte in 50 geruchsaktiven Verbindungen, von denen 37 bisher noch nicht als flüchtige Verbindungen in Walnüssen bekannt waren. Die Geruchsbeschreibungen waren vielfältig und umfassten hauptsächlich fettige, blumige, grüne, schweißige und käsige Noten. Interessanterweise zeigte kein einziger der 50 Geruchsstoffe einen spezifischen Walnusscharakter. Dies unterstützte die Hypothese, dass das charakteristische Walnussaroma durch die Kombination mehrerer Geruchsstoffe und nicht durch einen einzelnen Geruchsstoff hervorgerufen wird. Die beiden Geruchsstoffe mit den höchsten FD-Faktoren waren 3-Hydroxy-4,5-dimethylfuran-2(5<i>H</i>)-on (Sotolon) mit dem Geruch von Bockshornklee und (2<i>E</i>,4<i>E</i>,6<i>Z</i>)-Nona-2,4,6-trienal mit dem Geruch von Haferflocken. Die Quantifizierung mittels Stabilisotopenverdünnungsassays (SIVAs) und die Berechnung von Odor Activity Values (OAVs) ergaben 17 Geruchsstoffe, deren Konzentrationen in den Walnüssen ihre spezifischen Geruchsschwellenkonzentrationen überschritten. Durch Aromarekonstitutions- und Weglassexperimente konnte schließlich gezeigt werden, dass das charakteristische Aroma frischer Walnusskerne am besten durch ein binäres Gemisch aus Sotolon und (2<i>E</i>,4<i>E</i>,6<i>Z</i>)-Nona-2,4,6-trienal repräsentiert wird, wobei die natürlichen Konzentrationen beider Verbindungen bei ~10 °g/kg lagen. Somit wurden Sotolon und (2<i>E</i>,4<i>E</i>,6<i>Z</i>)-Nona-2,4,6-trienal als Schlüsselgeruchsstoffe von Walnüssen identifiziert. Weitere sensorische Untersuchungen zeigten, dass sich der Walnusscharakter bei höheren Konzentrationen bis etwa 100 °g/kg weiter verstärkt, wobei allerdings das 1:1-Verhältnis zwingend erhalten bleiben muss. Diese Ergebnisse können die Züchtung neuer Walnusssorten mit verbessertem Aroma unterstützen. In anderen Nüssen sind die Konzentrationen von Sotolon und (2<i>E</i>,4<i>E</i>,6<i>Z</i>)-Nona-2,4,6-trienal, insbesondere ihr Verhältnis zueinander, signifikant unterschiedlich, was das Fehlen einer Walnussnote in diesen Nüssen erklärt. Die Alterung frischer Walnusskerne hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Konzentrationen von Sotolon und (2<i>E</i>,4<i>E</i>,6<i>Z</i>)-Nona-2,4,6-trienal, jedoch erhöhten sich die Konzentrationen einiger Fettsäureoxidationsprodukte. Beispielsweise stieg die Konzentration des pilzartig riechenden Oct-1-en-3-ons während einwöchiger Lagerung bei Raumtemperatur um das Fünffache an.</p>","PeriodicalId":17952,"journal":{"name":"Lebensmittelchemie","volume":"79 S2","pages":"S2-110-S2-111"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2025-06-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Lebensmittelchemie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/lemi.202552249","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Die Solvent-Assisted Flavor Evaporation (SAFE) wurde 1999 als schonende Methode zur artefaktfreien Entfernung nicht flüchtiger Verbindungen aus Lösungsmittelextrakten von Lebensmitteln entwickelt. Sie ist heute die Standardmethode zur Isolierung der flüchtigen Fraktion vor dem Screening nach geruchsaktiven Verbindungen mittels Gaschromatographie-Olfaktometrie (GC–O) und hat dabei ältere Hochvakuumtransfer-Verfahren weitgehend ersetzt. Trotz der herausragenden Vorteile der SAFE zeigten sich im Laufe der jahrelangen Verwendung im Labor auch einige Defizite, darunter (1) die Ausbeuten der flüchtigen Verbindungen sind vom Volumen der einzelnen Extraktportionen und auch von den Zeitintervallen zwischen den Portionen abhängig, (2) unbeabsichtigt große Extraktportionen können zu einem Übergang nicht flüchtiger Verbindungen in das Isolat führen, wodurch es für weitere Analysen unbrauchbar wird, und (3) der durch die kontinuierliche Bedienung des manuellen Ventils erforderliche, hohe Personalaufwand. Da alle Nachteile mit der manuellen Bedienung des Ventils in Verbindung standen, konzentrierte sich der erste Teil der vorliegenden Arbeit auf die Entwicklung einer automatisierten SAFE (aSAFE), bei der das manuelle Ventil durch ein elektronisch gesteuertes, pneumatisches Ventil ersetzt wurde. Dadurch konnten die Öffnungszeiten des Ventils verkürzt und die Schließzeiten verlängert werden. Die aSAFE wurde anschließend mit Modellmischungen aus 18 häufig in Lebensmitteln vorkommenden Geruchsstoffen und drei verschiedenen Fettgehalten (null/niedrig/hoch) sowie mit authentischen Lösungsmittelextrakten aus Bier und Schokolade getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass die aSAFE im Vergleich zur manuellen SAFE (mSAFE) eine höhere Ausbeute der flüchtigen Verbindungen erzielte. Dies kam insbesondere bei hochsiedenden Geruchsstoffen und fettreichen Proben zum Tragen. Durch die Automatisierung wurde zudem das Risiko der Kontamination des Isolats mit nicht flüchtigen Verbindungen deutlich reduziert. Zur weiteren Automatisierung der aSAFE wurden ein System zum automatischen Nachfüllen des Kühlmittels Flüssigstickstoff und ein System zur Endpunkterkennung mit Abschaltautomatik integriert, wodurch die Notwendigkeit für manuelle Eingriffe während des Prozesses noch einmal erheblich reduziert wurde.
Der zweite Teil der vorliegenden Arbeit befasste sich mit der Aufklärung der Schlüsselgeruchsstoffe frischer Walnusskerne. Hierfür wurde die neu entwickelte aSAFE zur Isolierung der flüchtigen Verbindungen aus den Nüssen eingesetzt. Walnusskerne werden vom Verbraucher nicht nur wegen ihres Nährwerts geschätzt, sondern nicht zuletzt auch wegen ihres charakteristischen Aromas, das sich deutlich vom Aroma anderer Nüsse unterscheidet. Die Erforschung der dafür verantwortlichen Substanzen hatte bereits vor 50 Jahren begonnen, jedoch waren die entscheidenden Schlüsselgeruchsstoffe noch immer unbekannt. Um diese Lücke zu schließen, wurden die mittels aSAFE aus Walnüssen isolierten, flüchtigen Verbindungen einem Screening mittels Aromaextraktverdünnungsanalyse (AEVA) unterzogen. Dies resultierte in 50 geruchsaktiven Verbindungen, von denen 37 bisher noch nicht als flüchtige Verbindungen in Walnüssen bekannt waren. Die Geruchsbeschreibungen waren vielfältig und umfassten hauptsächlich fettige, blumige, grüne, schweißige und käsige Noten. Interessanterweise zeigte kein einziger der 50 Geruchsstoffe einen spezifischen Walnusscharakter. Dies unterstützte die Hypothese, dass das charakteristische Walnussaroma durch die Kombination mehrerer Geruchsstoffe und nicht durch einen einzelnen Geruchsstoff hervorgerufen wird. Die beiden Geruchsstoffe mit den höchsten FD-Faktoren waren 3-Hydroxy-4,5-dimethylfuran-2(5H)-on (Sotolon) mit dem Geruch von Bockshornklee und (2E,4E,6Z)-Nona-2,4,6-trienal mit dem Geruch von Haferflocken. Die Quantifizierung mittels Stabilisotopenverdünnungsassays (SIVAs) und die Berechnung von Odor Activity Values (OAVs) ergaben 17 Geruchsstoffe, deren Konzentrationen in den Walnüssen ihre spezifischen Geruchsschwellenkonzentrationen überschritten. Durch Aromarekonstitutions- und Weglassexperimente konnte schließlich gezeigt werden, dass das charakteristische Aroma frischer Walnusskerne am besten durch ein binäres Gemisch aus Sotolon und (2E,4E,6Z)-Nona-2,4,6-trienal repräsentiert wird, wobei die natürlichen Konzentrationen beider Verbindungen bei ~10 °g/kg lagen. Somit wurden Sotolon und (2E,4E,6Z)-Nona-2,4,6-trienal als Schlüsselgeruchsstoffe von Walnüssen identifiziert. Weitere sensorische Untersuchungen zeigten, dass sich der Walnusscharakter bei höheren Konzentrationen bis etwa 100 °g/kg weiter verstärkt, wobei allerdings das 1:1-Verhältnis zwingend erhalten bleiben muss. Diese Ergebnisse können die Züchtung neuer Walnusssorten mit verbessertem Aroma unterstützen. In anderen Nüssen sind die Konzentrationen von Sotolon und (2E,4E,6Z)-Nona-2,4,6-trienal, insbesondere ihr Verhältnis zueinander, signifikant unterschiedlich, was das Fehlen einer Walnussnote in diesen Nüssen erklärt. Die Alterung frischer Walnusskerne hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Konzentrationen von Sotolon und (2E,4E,6Z)-Nona-2,4,6-trienal, jedoch erhöhten sich die Konzentrationen einiger Fettsäureoxidationsprodukte. Beispielsweise stieg die Konzentration des pilzartig riechenden Oct-1-en-3-ons während einwöchiger Lagerung bei Raumtemperatur um das Fünffache an.