{"title":"Spektroskopie-basierte Authentizitätsprüfung von Speiseölen - Harmonisierungsaspekte","authors":"Carolin Lörchner, Prof. Dr. Marcus Glomb","doi":"10.1002/lemi.202552226","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Die Identifizierung von Verstößen gegen das Lebens- und Futtermittelrecht, einschließlich betrügerischer Praktiken, erfordert wirksame, schnelle und zuverlässige Analyseverfahren. Zudem müssen bereits verwendete Analyseverfahren stetig überprüft, verbessert und neue Verfahren entwickelt werden, um den Lebensmittelbetrügerlnnen einen Schritt voraus zu sein. Zur Überprüfung der Authentizität eines Lebens- und Futtermittels werden immer häufiger spektroskopiebasierte Analyseverfahren eingesetzt. Hierbei rücken insbesondere nichtzielgerichtete Ansätze zunehmend in den Fokus der Wissenschaft, welche auf der Erfassung eines chemischen Fingerabdrucks des jeweiligen Lebens- oder Futtermittels in Kombination mit einer chemometrischen Datenanalyse beruhen. Um jedoch standardisierte/harmonisierte nicht-zielgerichtete Analyseverfahren routinemäßig anwenden zu können, müssen noch einige Aspekte und deren aktuelle Limitierungen, insbesondere im Bereich der Validierung und Qualitätssicherung, intensiver untersucht werden. Dazu zählen u. a. eine einheitliche Vorgehensweise zur Validierung des gesamten Verfahrens, einschließlich der multivariaten Datenanalyse, eine laborinterne Qualitätsmaßnahme wie das Führen einer Qualitätskontrollkarte oder die Gewährleistung der Vergleichbarkeit von spektralen Daten. Beim letzten Punkt geht es insbesondere um spektrale Daten, welche mit verschiedenen spektroskopischen Instrumenten nach demselben Messprinzip aufgenommen werden und für die Anwendung einer gemeinsamen Spektraldatenbank in den Laboren (Vergleich der spektralen Daten einer untersuchten Probe mit authentischen Proben) unerlässlich sind.</p><p>In der vorliegenden Dissertation wurden daher i) Validierungsstrategien/-parameter am Beispiel der Entwicklung von spektroskopie-basierten Analyseverfahren zur Identifizierung von Verfälschungen, ii) die Entwicklung einer einheitlichen Strategie zur Qualitätssicherung in der nicht-zielgerichteten Analytik sowie iii) die Gewährleistung der Vergleichbarkeit von spektralen Daten anhand der Beispielmatrix Speiseöle untersucht und Lösungsansätze diskutiert.</p><p>Mit dem Ziel spektroskopie-basierte Analyseverfahren zu entwickeln und bestehende Validierungsstrategien/-parameter (u. a. Leistungsfähigkeit und Nachweisgrenzen) zu vergleichen, wurden drei spektroskopische Techniken zum Nachweis von Verfälschungen von Kürbiskernöl durch Zugabe des wesentlich preiswerteren raffinierten Rapsöles untersucht und verglichen. Zu diesem Zweck wurde derselbe Probensatz (reine und verfälschte Proben) mittels Fourier Transform-Midinfrared (FT-MIR)-, FT-Raman- und 1H-Nuclear Magnetic Resonance (1H-NMR)-Spektroskopie in Kombination mit Partial Least Squares-Regression (PLS-R) analysiert. Insgesamt wurden 124 reine Saatenöle und 192 verfälschte Proben (Verfälschungsgrade von 0,5 % w/w bis 90,0 % w/w) mit den drei genannten Techniken untersucht. Die Nachweisgrenzen wurden anhand des Root Mean Square Error of Prediction (RMSEP)-Wertes der aus der multivariaten Regression gewonnenen Vorhersagewerte bestimmt. In dieser Studie erzielte die 1H-NMR-Spektroskopie die niedrigste Nachweisgrenze mit 3,4 % (w/w). Für die MIR- und Raman- Spektroskopie wurden Nachweisgrenzen von 4,8 % (w/w) und 9,2 % (w/w) ermittelt.</p><p>Bezüglich der Entwicklung von Qualitätssicherungsstrategien bestand das vorrangige Ziel darin, erstmalig eine auf numerischen Daten basierende multivariate Auswertestrategie/Vorgehensweise zur Qualitätskontrolle zu entwickeln, um das gesamte Analyseverfahren einschließlich der Probenvorbereitung sowie der Messung zu überwachen, um zeitliche und/oder instrumentelle Trends oder Ausreißer identifizieren zu können. Auf Basis von numerischen Werten sollten diese Trends und Ausreißer in einer Qualitätskontrollkarte dokumentiert werden. Um eine multivariate Kontrollkarte für spektroskopische Daten zu erstellen, wurden Principal Component Analysis (PCA)-basierte und outlier score-basierte Methoden verglichen (am Beispiel von raffiniertem Rapsöl). Die outlier score-basierten Methoden k-Nearest Neighbour (k-NN), Local Outlier Factor (LOF), Kernel Density Estimation (KDE) und Euclidian Distance (ED) zeigten, dass typische Messvariationen in der MIR-Spektroskopie (z. B. Messtemperatur) als Ausreißer identifiziert werden können. Hierfür wurden zuvor berechnete Warn- und Kontrollgrenzen, basierend auf einer definierten Vorperiode von Messungen, herangezogen.</p><p>Im dritten Abschnitt der Dissertation wurde im Hinblick auf die Gewährleistung der Vergleichbarkeit von spektralen Daten ein exemplarischer Probensatz von Raps- und Kürbiskernölen mit drei FT-MIR-Spektrometern (MIR 1, 2 und 3) analysiert (identische Probenvorbereitung sowie Messbedingungen). Hierbei wurden Unterschiede in den Absorptionsintensitäten der drei Instrumente festgestellt. Diese Unterschiede beeinflussten die Ergebnisse der PCA und des Zwei-Klassen-Partial Least Squares-Discriminant Analysis (PLS-DA) Modells - Kürbiskernöl vs. Rapsöl - und führten zu einer geringeren Sensitivität des Modells und demnach dazu, dass nicht alle Proben der richtigen Klasse zugeordnet wurden. Dies bedeutet, dass Messungen von verschiedenen Instrumenten nicht ohne Anpassungen durch mathematische Korrekturansätze kombiniert werden können, um ein robustes, von mehreren Laboren nutzbares Modell zu entwickeln. Um die spektralen Unterschiede zu minimieren und damit die performance Parameter der Vorhersagemodelle zu verbessern, wurden verschiedene mathematische Korrekturansätze untersucht: (i) gerätespezifische Korrekturfaktoren, (ii) Kombinationen verschiedener pre-processing Schritte und (iii) Piecewise Direct Standardisation (PDS). Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen, dass durch Anwendung der Korrekturansätze die Vergleichbarkeit von Spektraldaten verschiedener Instrumente optimiert werden kann, wobei die PDS die vielversprechendsten Ergebnisse zeigt.</p>","PeriodicalId":17952,"journal":{"name":"Lebensmittelchemie","volume":"79 S2","pages":"S2-054-S2-055"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2025-06-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Lebensmittelchemie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/lemi.202552226","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Die Identifizierung von Verstößen gegen das Lebens- und Futtermittelrecht, einschließlich betrügerischer Praktiken, erfordert wirksame, schnelle und zuverlässige Analyseverfahren. Zudem müssen bereits verwendete Analyseverfahren stetig überprüft, verbessert und neue Verfahren entwickelt werden, um den Lebensmittelbetrügerlnnen einen Schritt voraus zu sein. Zur Überprüfung der Authentizität eines Lebens- und Futtermittels werden immer häufiger spektroskopiebasierte Analyseverfahren eingesetzt. Hierbei rücken insbesondere nichtzielgerichtete Ansätze zunehmend in den Fokus der Wissenschaft, welche auf der Erfassung eines chemischen Fingerabdrucks des jeweiligen Lebens- oder Futtermittels in Kombination mit einer chemometrischen Datenanalyse beruhen. Um jedoch standardisierte/harmonisierte nicht-zielgerichtete Analyseverfahren routinemäßig anwenden zu können, müssen noch einige Aspekte und deren aktuelle Limitierungen, insbesondere im Bereich der Validierung und Qualitätssicherung, intensiver untersucht werden. Dazu zählen u. a. eine einheitliche Vorgehensweise zur Validierung des gesamten Verfahrens, einschließlich der multivariaten Datenanalyse, eine laborinterne Qualitätsmaßnahme wie das Führen einer Qualitätskontrollkarte oder die Gewährleistung der Vergleichbarkeit von spektralen Daten. Beim letzten Punkt geht es insbesondere um spektrale Daten, welche mit verschiedenen spektroskopischen Instrumenten nach demselben Messprinzip aufgenommen werden und für die Anwendung einer gemeinsamen Spektraldatenbank in den Laboren (Vergleich der spektralen Daten einer untersuchten Probe mit authentischen Proben) unerlässlich sind.
In der vorliegenden Dissertation wurden daher i) Validierungsstrategien/-parameter am Beispiel der Entwicklung von spektroskopie-basierten Analyseverfahren zur Identifizierung von Verfälschungen, ii) die Entwicklung einer einheitlichen Strategie zur Qualitätssicherung in der nicht-zielgerichteten Analytik sowie iii) die Gewährleistung der Vergleichbarkeit von spektralen Daten anhand der Beispielmatrix Speiseöle untersucht und Lösungsansätze diskutiert.
Mit dem Ziel spektroskopie-basierte Analyseverfahren zu entwickeln und bestehende Validierungsstrategien/-parameter (u. a. Leistungsfähigkeit und Nachweisgrenzen) zu vergleichen, wurden drei spektroskopische Techniken zum Nachweis von Verfälschungen von Kürbiskernöl durch Zugabe des wesentlich preiswerteren raffinierten Rapsöles untersucht und verglichen. Zu diesem Zweck wurde derselbe Probensatz (reine und verfälschte Proben) mittels Fourier Transform-Midinfrared (FT-MIR)-, FT-Raman- und 1H-Nuclear Magnetic Resonance (1H-NMR)-Spektroskopie in Kombination mit Partial Least Squares-Regression (PLS-R) analysiert. Insgesamt wurden 124 reine Saatenöle und 192 verfälschte Proben (Verfälschungsgrade von 0,5 % w/w bis 90,0 % w/w) mit den drei genannten Techniken untersucht. Die Nachweisgrenzen wurden anhand des Root Mean Square Error of Prediction (RMSEP)-Wertes der aus der multivariaten Regression gewonnenen Vorhersagewerte bestimmt. In dieser Studie erzielte die 1H-NMR-Spektroskopie die niedrigste Nachweisgrenze mit 3,4 % (w/w). Für die MIR- und Raman- Spektroskopie wurden Nachweisgrenzen von 4,8 % (w/w) und 9,2 % (w/w) ermittelt.
Bezüglich der Entwicklung von Qualitätssicherungsstrategien bestand das vorrangige Ziel darin, erstmalig eine auf numerischen Daten basierende multivariate Auswertestrategie/Vorgehensweise zur Qualitätskontrolle zu entwickeln, um das gesamte Analyseverfahren einschließlich der Probenvorbereitung sowie der Messung zu überwachen, um zeitliche und/oder instrumentelle Trends oder Ausreißer identifizieren zu können. Auf Basis von numerischen Werten sollten diese Trends und Ausreißer in einer Qualitätskontrollkarte dokumentiert werden. Um eine multivariate Kontrollkarte für spektroskopische Daten zu erstellen, wurden Principal Component Analysis (PCA)-basierte und outlier score-basierte Methoden verglichen (am Beispiel von raffiniertem Rapsöl). Die outlier score-basierten Methoden k-Nearest Neighbour (k-NN), Local Outlier Factor (LOF), Kernel Density Estimation (KDE) und Euclidian Distance (ED) zeigten, dass typische Messvariationen in der MIR-Spektroskopie (z. B. Messtemperatur) als Ausreißer identifiziert werden können. Hierfür wurden zuvor berechnete Warn- und Kontrollgrenzen, basierend auf einer definierten Vorperiode von Messungen, herangezogen.
Im dritten Abschnitt der Dissertation wurde im Hinblick auf die Gewährleistung der Vergleichbarkeit von spektralen Daten ein exemplarischer Probensatz von Raps- und Kürbiskernölen mit drei FT-MIR-Spektrometern (MIR 1, 2 und 3) analysiert (identische Probenvorbereitung sowie Messbedingungen). Hierbei wurden Unterschiede in den Absorptionsintensitäten der drei Instrumente festgestellt. Diese Unterschiede beeinflussten die Ergebnisse der PCA und des Zwei-Klassen-Partial Least Squares-Discriminant Analysis (PLS-DA) Modells - Kürbiskernöl vs. Rapsöl - und führten zu einer geringeren Sensitivität des Modells und demnach dazu, dass nicht alle Proben der richtigen Klasse zugeordnet wurden. Dies bedeutet, dass Messungen von verschiedenen Instrumenten nicht ohne Anpassungen durch mathematische Korrekturansätze kombiniert werden können, um ein robustes, von mehreren Laboren nutzbares Modell zu entwickeln. Um die spektralen Unterschiede zu minimieren und damit die performance Parameter der Vorhersagemodelle zu verbessern, wurden verschiedene mathematische Korrekturansätze untersucht: (i) gerätespezifische Korrekturfaktoren, (ii) Kombinationen verschiedener pre-processing Schritte und (iii) Piecewise Direct Standardisation (PDS). Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen, dass durch Anwendung der Korrekturansätze die Vergleichbarkeit von Spektraldaten verschiedener Instrumente optimiert werden kann, wobei die PDS die vielversprechendsten Ergebnisse zeigt.