Katja Kaltenbach, Prof. Dr. Mirko Bunzel, Prof. Dr. Thomas Kuballa
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Abstract
Lebensmittelbetrug (engl. food fraud) ist spätestens durch die Aufdeckung des Pferdefleischskandals im Jahr 2013 ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, der Gesetzgebung und der Justiz gerückt. Lebensmittelbetrug bedeutet, dass die tatsächlichen Eigenschaften eines Lebensmittels absichtlich verschleiert und/oder nichtzutreffende Eigenschaften ausgelobt werden mit dem Ziel, eine höhere Gewinnmarge zu erwirtschaften. Dies stellt eine Herausforderung an die Qualitätskontrolle und die Lebensmittelüberwachung dar, denn die Nichtübereinstimmung eines Lebensmittels mit seiner Kennzeichnung kann bei gefälschten Begleitdokumenten nur durch eine analytische Untersuchung nachgewiesen werden. Fisch trägt auf Grundlage bekannter Betrugsfälle in der EU ein statistisch gesehen erhöhtes Risiko verfälscht zu sein. Eine mögliche Verfälschungsart für Fisch ist das Inverkehrbringen von aufgetautem Fisch als frischen Fisch. In der Literatur gibt es zu dieser Fragestellung einige erste Methodenansätze, allerdings fehlen meist noch vollumfängliche Untersuchungen zur Etablierung einer zuverlässigen Methode in der Routineanalytik von Untersuchungslaboren.
Ziel der Arbeit war der Aufbau und die weiterführende Überprüfung von nichtzielgerichteten Klassifikationsmodellen zur Vorhersage von frischem und aufgetautem Fisch basierend auf den Daten von Kernspinresonanz (engl. nuclear magnetic resonance, NMR)-spektroskopischen Messungen von Fischfleischextrakten. Sowohl die Probenvorbereitung als auch die NMR-Methodik wurden entwickelt bzw. optimiert, um die lipophilen und hydrophilen Metaboliten aus dem Fischfleisch jeweils bestmöglich abbilden zu können. Für den Aufbau der Klassifikationsmodelle wurden drei repräsentative Fischarten (Atlantischer Kabeljau, Regenbogenforelle, Makrele) ausgewählt, und als frische Ware bzw. nach dem Einfrieren und Auftauen analysiert. Für den Modellaufbau wurde ein Hybridverfahren basierend auf einer Hauptkomponentenanalyse (engl. principal component analysis, PCA) und einer linearen Diskriminanzanalyse (engl. linear discriminant analysis, LDA) genutzt. Nach der Analyse von insgesamt 317 Fischproben (152 frisch, 165 aufgetaut) konnte laut interner Validierung eine Vorhersagegenauigkeit von > 90 % (1H-NMR-Daten der lipophilen Metaboliten, 1H-NMR-Daten der hydrophilen Metaboliten) bzw. > 95% (Datenfusionierung) erzielt werden. Die zur Klassentrennung führenden Unterschiede in den Datensätzen waren nicht an einzelnen Metaboliten festzumachen, so dass die nichtzielgerichteten Methoden weiterzuverfolgen sind.
Es wurde der Einfluss der Fischart (Studie mit 26 Fischproben weiterer Fischarten), der Einfluss des Einfrierverfahrens (Daten zweier Einfrierverfahren) und der Einfluss von Lagerzeiten (Lagerversuche mit 118 Fischproben, externe Validierung) auf die Vorhersage der Klassifikationsmodelle untersucht. Begleitend wurden mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt.
Insgesamt wurden vielversprechende Ergebnisse erzielt, allerdings konnten auch erste Grenzen der entwickelten Methodik (Anwendung auf weitere Fischarten, länger lagernder Fischfisch) aufgezeigt werden.