自由主义与不义的胚胎学

Q3 Arts and Humanities
K. Kaufmann
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Gegen diese Methodologie der Abstraktion spricht jedoch insbesondere die These der feministischen Standpunkttheorie, der zufolge Wissen sozial situiert sei und Mitglieder sozial marginalisierter Gruppen privilegierten Zugang zu Wissen über Ungerechtigkeit haben können. Dieses Wissen besitzt, so meine These, für den Liberalismus normative Relevanz. Ich werde in diesem Beitrag am Beispiel von Judith Shklars Liberalismus zeigen, dass die Integration situierten Wissens über Ungerechtigkeit in konfliktive Varianten liberaler Theorien konzeptuell möglich ist. Nach einer Übersicht über die soziale Variante feministischer Standpunkttheorie, die sich auf die Epistemologie der Ungerechtigkeit fokussiert, argumentiere ich für die grundsätzliche Vereinbarkeit des Liberalismus mit der These der sozialen Situiertheit von Wissen in normativer und methodologischer Hinsicht. Ich zeige erstens, dass der normative Individualismus, auf den jede liberale Theorie definitorisch festgelegt ist, auch der sozialen Standpunkttheorie zugrunde liegt, wie ich am Konzept epistemischer Ungerechtigkeit zeige. Zweitens differenziere ich in methodologischer Hinsicht zwischen idealer und nicht-idealer liberaler Theorie. Ich zeige, dass die ideale liberale Theorie bei Rawls das für strukturelle Ungerechtigkeit relevante Merkmal der sozialen Identität nicht konzeptualisieren kann, dass jedoch Tommie Shelbys nicht-ideale liberale Theorie eine der sozialen Standpunkttheorie analoge Argumentation verfolgt, da sie Erfahrungen in Abhängigkeit von sozialer Identität zum Ausgangpunkt der Frage nach sozialer Gerechtigkeit macht. Drittens argumentiere ich, dass Judith Shklars konfliktiver Liberalismus besonders geeignet ist, die situierte Epistemologie der Ungerechtigkeit zu integrieren, da sie die Schnittstelle der beiden Ansätze auf die Ebene der liberalen Gesellschaft verlagert. Auf dieser kann das situierte Wissen über Ungerechtigkeit, das Mitglieder marginalisierter sozialer Gruppen haben, als Expert:innenwissen verarbeitet werden und so soziale und politische Reformen anstoßen.","PeriodicalId":53352,"journal":{"name":"Zeitschrift fur Praktische Philosophie","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2022-08-19","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Liberalismus und die situierte Epistemologie der Ungerechtigkeit\",\"authors\":\"K. Kaufmann\",\"doi\":\"10.22613/zfpp/9.1.8\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Dieser Beitrag untersucht die Frage, ob und wie der Liberalismus mit der situierten Epistemologie der Ungerechtigkeit umgehen kann. 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摘要

本论文探述了自由主义是否以及如何与不公正的舞台学说相抗衡的问题。这一问题通过,例如不理想的理论和朱迪·施克拉斯的著作对不公平的概念往外追寻,其动机是自由理论的不对称:一方面,自由主义的规范利益对于不公平存在;另一方面,根据大体上基于抽象方法的自由主义,它阻碍了具体关于不公平的知识。特别是在结构性不公平的例子中,行为者的社会认同被视为内部的相关特征:内部是相关特征,但它却被抽象的性格属性抽象所抽象。然而,传统的抽象方法与女权主义定理是恰恰相反的。根据这一理论,社会地位是知识的主流,社会边缘化群体的成员有权利获得关于不公正的知识。我的论文宣称,这是对自由主义规范的认可。恰恰相反,我的文章《朱迪丝·肖尔斯的自由主义》揭示将由冲突形式的自由主义理论扭曲的不公正知识统一为概念是可能的。我对集中讨论不公正的表面学的社会版女权主义假设进行了研究,我认为自由主义与标准和方法上的社会经验的矛盾具有内在的相容性。我首先要说明的是,由任何自由主义理论界定的规范个人主义(institutional economics)假设的社会属性理论背后的原因是我证明了表皮不公正的概念。其次,我的方法是在思想和非理想主义理论之间区别。我理想的自由主义理论在罗尔斯的结构性不公正社会身份无法konzeptualisieren相关特征,但Shelbys tommy nicht-ideale自由派跟踪一个社会Standpunkttheorie模拟理论论据,因为他们的经验在依赖社会身份Ausgangpunkt问及“社会公正权力.第三,我认为朱迪思·舒尔茨(Judith Shklars)冲突自由主义最适合整合不公正的胚胎学,而这正是通过将这两种方式的融合到自由社会的层面来实现这一目标。在这里,边缘社会群体成员所拥有的不公平的知识可以看成一种象征,也就是内部知识被加工为推动社会及政治改革。
本文章由计算机程序翻译,如有差异,请以英文原文为准。
Liberalismus und die situierte Epistemologie der Ungerechtigkeit
Dieser Beitrag untersucht die Frage, ob und wie der Liberalismus mit der situierten Epistemologie der Ungerechtigkeit umgehen kann. Diese Frage stellt sich im Zuge der liberalen Annäherung an Ungerechtigkeitskonzepte beispielsweise durch die nicht-ideale Theorie sowie die Rezeption Judith Shklars, und ist durch eine Diskrepanz liberaler Theoriebildung motiviert: einerseits steht das konstitutive normative Interesse des Liberalismus an Ungerechtigkeit; andererseits steht die weitgehend auf Abstraktion basierende Methodologie des Liberalismus, die spezifisches Wissen über Ungerechtigkeit verunmöglicht. Insbesondere in Fällen struktureller Ungerechtigkeit gilt die soziale Identität von Akteur:innen als relevantes Merkmal, von der aber qua partikularer Eigenschaft abstrahiert wird. Gegen diese Methodologie der Abstraktion spricht jedoch insbesondere die These der feministischen Standpunkttheorie, der zufolge Wissen sozial situiert sei und Mitglieder sozial marginalisierter Gruppen privilegierten Zugang zu Wissen über Ungerechtigkeit haben können. Dieses Wissen besitzt, so meine These, für den Liberalismus normative Relevanz. Ich werde in diesem Beitrag am Beispiel von Judith Shklars Liberalismus zeigen, dass die Integration situierten Wissens über Ungerechtigkeit in konfliktive Varianten liberaler Theorien konzeptuell möglich ist. Nach einer Übersicht über die soziale Variante feministischer Standpunkttheorie, die sich auf die Epistemologie der Ungerechtigkeit fokussiert, argumentiere ich für die grundsätzliche Vereinbarkeit des Liberalismus mit der These der sozialen Situiertheit von Wissen in normativer und methodologischer Hinsicht. Ich zeige erstens, dass der normative Individualismus, auf den jede liberale Theorie definitorisch festgelegt ist, auch der sozialen Standpunkttheorie zugrunde liegt, wie ich am Konzept epistemischer Ungerechtigkeit zeige. Zweitens differenziere ich in methodologischer Hinsicht zwischen idealer und nicht-idealer liberaler Theorie. Ich zeige, dass die ideale liberale Theorie bei Rawls das für strukturelle Ungerechtigkeit relevante Merkmal der sozialen Identität nicht konzeptualisieren kann, dass jedoch Tommie Shelbys nicht-ideale liberale Theorie eine der sozialen Standpunkttheorie analoge Argumentation verfolgt, da sie Erfahrungen in Abhängigkeit von sozialer Identität zum Ausgangpunkt der Frage nach sozialer Gerechtigkeit macht. Drittens argumentiere ich, dass Judith Shklars konfliktiver Liberalismus besonders geeignet ist, die situierte Epistemologie der Ungerechtigkeit zu integrieren, da sie die Schnittstelle der beiden Ansätze auf die Ebene der liberalen Gesellschaft verlagert. Auf dieser kann das situierte Wissen über Ungerechtigkeit, das Mitglieder marginalisierter sozialer Gruppen haben, als Expert:innenwissen verarbeitet werden und so soziale und politische Reformen anstoßen.
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