{"title":"本垒打语言学为Intertext -本垒打注释在Eudokias Homerocentones","authors":"Timo Christian","doi":"10.1515/anab-2019-0007","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"«Homer ist der erste, der mittlere und der letzte, für jedes Kind, jeden Mann und jeden Greis.»1 Der kaiserzeitliche Redner Dion von Prusa bringt die Bedeutung Homers für die Menschen der Antike auf den Punkt: Die Beschäftigung mit der homerischen Dichtung ist eine Lebensaufgabe. Für jegliche Kunst und Wissenschaft galt Homer als Autorität; man konnte aus ihm ethisch richtiges Verhalten und rhetorische Gewandtheit lernen, philosophische Aussagen fand man dort vorweggenommen. Für alle späteren Dichter waren seine Epen eine unerschöpfliche Quelle: Homer war der Ozean, aus dem sich alle Dichtung ableitete.2 So scheint es nur konsequent, wenn diese Abhängigkeit durch Verfassen eines Homercentos explizit gemacht wird, also eines Werks, das praktisch zur Gänze aus homerischen Versatzstücken besteht, die nur durch Neuzusammensetzung einen neuen Sinn ergeben. Homercentones mögen bereits in der Kaiserzeit weiter verbreitet gewesen sein;3 die meisten der uns erhaltenen Werke stammen aus der Spätantike und zeichnen sich durch größeren Umfang und/oder durch hohen literarischen Anspruch aus. Ein besonders umfangreiches Werk stellen die sog. Homerocentones dar, die in ca. 2000 Versen Teile des Alten und Neuen Testaments nacherzählen, den homerischen Epen also einen christlichen Inhalt abgewinnen. Das Werk, an dem verschiedene Verfasser beteiligt waren, ist in zwei längeren und drei kürzeren recensiones erhalten.4 Usher hat dafür plädiert, die erste recensio der Kaiserin Eudokia (ca. 400–460) zuzuschreiben, die ihrerseits ein früheres Werk eines gewissen Patrikios überarbeitet hat.5 Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf diese erste, mit über 2300 Versen auch längste recensio, deren Zuschreibung an Eudokia ich von Usher übernehme.6","PeriodicalId":42033,"journal":{"name":"ANTIKE UND ABENDLAND","volume":"65-66 1","pages":"152 - 173"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2020-09-10","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/anab-2019-0007","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Homerphilologie als Intertext – Homerische Glossen in Eudokias Homerocentones\",\"authors\":\"Timo Christian\",\"doi\":\"10.1515/anab-2019-0007\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"«Homer ist der erste, der mittlere und der letzte, für jedes Kind, jeden Mann und jeden Greis.»1 Der kaiserzeitliche Redner Dion von Prusa bringt die Bedeutung Homers für die Menschen der Antike auf den Punkt: Die Beschäftigung mit der homerischen Dichtung ist eine Lebensaufgabe. Für jegliche Kunst und Wissenschaft galt Homer als Autorität; man konnte aus ihm ethisch richtiges Verhalten und rhetorische Gewandtheit lernen, philosophische Aussagen fand man dort vorweggenommen. Für alle späteren Dichter waren seine Epen eine unerschöpfliche Quelle: Homer war der Ozean, aus dem sich alle Dichtung ableitete.2 So scheint es nur konsequent, wenn diese Abhängigkeit durch Verfassen eines Homercentos explizit gemacht wird, also eines Werks, das praktisch zur Gänze aus homerischen Versatzstücken besteht, die nur durch Neuzusammensetzung einen neuen Sinn ergeben. Homercentones mögen bereits in der Kaiserzeit weiter verbreitet gewesen sein;3 die meisten der uns erhaltenen Werke stammen aus der Spätantike und zeichnen sich durch größeren Umfang und/oder durch hohen literarischen Anspruch aus. Ein besonders umfangreiches Werk stellen die sog. Homerocentones dar, die in ca. 2000 Versen Teile des Alten und Neuen Testaments nacherzählen, den homerischen Epen also einen christlichen Inhalt abgewinnen. Das Werk, an dem verschiedene Verfasser beteiligt waren, ist in zwei längeren und drei kürzeren recensiones erhalten.4 Usher hat dafür plädiert, die erste recensio der Kaiserin Eudokia (ca. 400–460) zuzuschreiben, die ihrerseits ein früheres Werk eines gewissen Patrikios überarbeitet hat.5 Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf diese erste, mit über 2300 Versen auch längste recensio, deren Zuschreibung an Eudokia ich von Usher übernehme.6\",\"PeriodicalId\":42033,\"journal\":{\"name\":\"ANTIKE UND ABENDLAND\",\"volume\":\"65-66 1\",\"pages\":\"152 - 173\"},\"PeriodicalIF\":0.1000,\"publicationDate\":\"2020-09-10\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"https://sci-hub-pdf.com/10.1515/anab-2019-0007\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"ANTIKE UND ABENDLAND\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.1515/anab-2019-0007\",\"RegionNum\":4,\"RegionCategory\":\"历史学\",\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"0\",\"JCRName\":\"CLASSICS\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"ANTIKE UND ABENDLAND","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/anab-2019-0007","RegionNum":4,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"CLASSICS","Score":null,"Total":0}
Homerphilologie als Intertext – Homerische Glossen in Eudokias Homerocentones
«Homer ist der erste, der mittlere und der letzte, für jedes Kind, jeden Mann und jeden Greis.»1 Der kaiserzeitliche Redner Dion von Prusa bringt die Bedeutung Homers für die Menschen der Antike auf den Punkt: Die Beschäftigung mit der homerischen Dichtung ist eine Lebensaufgabe. Für jegliche Kunst und Wissenschaft galt Homer als Autorität; man konnte aus ihm ethisch richtiges Verhalten und rhetorische Gewandtheit lernen, philosophische Aussagen fand man dort vorweggenommen. Für alle späteren Dichter waren seine Epen eine unerschöpfliche Quelle: Homer war der Ozean, aus dem sich alle Dichtung ableitete.2 So scheint es nur konsequent, wenn diese Abhängigkeit durch Verfassen eines Homercentos explizit gemacht wird, also eines Werks, das praktisch zur Gänze aus homerischen Versatzstücken besteht, die nur durch Neuzusammensetzung einen neuen Sinn ergeben. Homercentones mögen bereits in der Kaiserzeit weiter verbreitet gewesen sein;3 die meisten der uns erhaltenen Werke stammen aus der Spätantike und zeichnen sich durch größeren Umfang und/oder durch hohen literarischen Anspruch aus. Ein besonders umfangreiches Werk stellen die sog. Homerocentones dar, die in ca. 2000 Versen Teile des Alten und Neuen Testaments nacherzählen, den homerischen Epen also einen christlichen Inhalt abgewinnen. Das Werk, an dem verschiedene Verfasser beteiligt waren, ist in zwei längeren und drei kürzeren recensiones erhalten.4 Usher hat dafür plädiert, die erste recensio der Kaiserin Eudokia (ca. 400–460) zuzuschreiben, die ihrerseits ein früheres Werk eines gewissen Patrikios überarbeitet hat.5 Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf diese erste, mit über 2300 Versen auch längste recensio, deren Zuschreibung an Eudokia ich von Usher übernehme.6
期刊介绍:
The ANTIKE UND ABENDLAND yearbook was founded immediately after the Second World War by Bruno Snell as a forum for interdisciplinary discussion of topics from Antiquity and the history of their later effects. The Editorial Board contains representatives from the disciplines of Classical Studies, Ancient History, Germanic Studies, Romance Studies and English Studies. Articles are published on classical literature and its reception, the history of science, Greek myths, classical mythology and its European heritage; in addition, there are contributions on Ancient history, art, philosophy, science, religion and their significance for the history of European culture and thought.