{"title":"三国宣言:医学时代的转折——病人护理走上经济化和工业化的危险道路","authors":"K. Mann, T. Kapitza, R. Likar, B. Egger","doi":"10.1055/a-1070-1854","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zusammenfassung Das 3-Länder-Manifest „Zeitenwende in der Medizin“ ergänzt die bestehenden Eide, Gelöbnisse und Selbstverpflichtungen der Ärzteschaft. Es soll die inhaltliche Lücke zwischen medizinethischen Grundsätzen und den moralischen Herausforderungen des durch Ökonomisierung, Kommerzialisierung und Industrialisierung geprägten ärztlichen Berufsalltags im Gesundheitswesen füllen. Konkrete Vorschläge sollen helfen, bestehende Hindernisse zu überwinden. Der Vorrang der Medizin gegenüber Ökonomie und Technologie ist auf allen Ebenen beruflichen Handelns durch die Ärzteschaft sicherzustellen. Das 3-Länder-Manifest soll den hierfür notwendigen Diskurs innerhalb der Ärzteschaft und in der Gesellschaft anregen und thematisch unterstützen. In diesem Zusammenhang werden die folgenden Forderungen im 3-Länder-Manifest erhoben: Die Ärzteschaft hat das Recht und die sich aus ihrer gesellschaftlichen Vertrauensstellung ergebende Pflicht, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen und Veränderungen einzufordern. Das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten1 und Patienten ist als Grundbedingung jeder Patientenbehandlung zu schützen. Medizinisches Handeln hat Vorrang vor erwerbswirtschaftlichen Zielen. Der Behandlungsprozess darf nicht zum ökonomischen Wertschöpfungsprozess verkommen, denn oberstes Ziel ist das Patientenwohl. Der Staat ist verpflichtet, die persönliche Arzt-Patienten-Beziehung zu unterstützen. Ein Rückzug des Staates lediglich auf die Festsetzung von ökonomischen Vorgaben im Gesundheitswesen ist abzulehnen. In freiheitlich-demokratischen Gesellschaftssystemen muss gewährleistet bleiben, dass Ärztinnen und Ärzte eine freie Entscheidung im Sinne und zugunsten der Patienten treffen können. Der Technologieeinsatz darf nur als Hilfsmittel benutzt werden. Diagnostische und therapeutische Entscheidungen dürfen ausschließlich von der Ärzteschaft und gemeinsam mit ihren Patienten getroffen werden. Fachliche und außermedizinische Interessenkonflikte der klinisch tätigen Ärzteschaft müssen offengelegt werden. Das neoliberale Marktmodell ist für den Gesundheitssektor ungeeignet. Gesundheitsbezogene Datensammlungen müssen in der Souveränität (u. a. im Eigentum, in der Verwendungshoheit und -kontrolle) des Patienten bleiben. Dessen informationelles Selbstbestimmungsrecht ist zu bewahren. Die ärztliche Schweigepflicht darf nicht durch lückenhafte oder unvollständig umgesetzte Datenschutzbestimmungen ausgehöhlt und untergraben werden. Die Würde des Menschen ist stets und besonders im Erkrankungsfall unantastbar. Menschenrechte gelten für alle Menschen, auch für das medizinische Personal und besonders schutzbedürftige Personengruppen (u. a. Geflüchtete, Pflegebedürftige, Behinderte Menschen). Die Verfasser dieses Manifests fordern dazu auf, die ethischen Werte medizinischen Wirkens zu sichern, und rufen alle Beteiligten im Gesundheitswesen auf danach zu handeln, um somit eine Zeitenwende herbeizuführen.","PeriodicalId":40662,"journal":{"name":"Balint-Journal","volume":"21 1","pages":"18 - 25"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2020-03-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1055/a-1070-1854","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"3-Länder-Manifest: Zeitenwende in der Medizin – Patientenversorgung auf dem gefährlichen Weg in die Ökonomisierung und Industrialisierung\",\"authors\":\"K. Mann, T. Kapitza, R. Likar, B. 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3-Länder-Manifest: Zeitenwende in der Medizin – Patientenversorgung auf dem gefährlichen Weg in die Ökonomisierung und Industrialisierung
Zusammenfassung Das 3-Länder-Manifest „Zeitenwende in der Medizin“ ergänzt die bestehenden Eide, Gelöbnisse und Selbstverpflichtungen der Ärzteschaft. Es soll die inhaltliche Lücke zwischen medizinethischen Grundsätzen und den moralischen Herausforderungen des durch Ökonomisierung, Kommerzialisierung und Industrialisierung geprägten ärztlichen Berufsalltags im Gesundheitswesen füllen. Konkrete Vorschläge sollen helfen, bestehende Hindernisse zu überwinden. Der Vorrang der Medizin gegenüber Ökonomie und Technologie ist auf allen Ebenen beruflichen Handelns durch die Ärzteschaft sicherzustellen. Das 3-Länder-Manifest soll den hierfür notwendigen Diskurs innerhalb der Ärzteschaft und in der Gesellschaft anregen und thematisch unterstützen. In diesem Zusammenhang werden die folgenden Forderungen im 3-Länder-Manifest erhoben: Die Ärzteschaft hat das Recht und die sich aus ihrer gesellschaftlichen Vertrauensstellung ergebende Pflicht, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen und Veränderungen einzufordern. Das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten1 und Patienten ist als Grundbedingung jeder Patientenbehandlung zu schützen. Medizinisches Handeln hat Vorrang vor erwerbswirtschaftlichen Zielen. Der Behandlungsprozess darf nicht zum ökonomischen Wertschöpfungsprozess verkommen, denn oberstes Ziel ist das Patientenwohl. Der Staat ist verpflichtet, die persönliche Arzt-Patienten-Beziehung zu unterstützen. Ein Rückzug des Staates lediglich auf die Festsetzung von ökonomischen Vorgaben im Gesundheitswesen ist abzulehnen. In freiheitlich-demokratischen Gesellschaftssystemen muss gewährleistet bleiben, dass Ärztinnen und Ärzte eine freie Entscheidung im Sinne und zugunsten der Patienten treffen können. Der Technologieeinsatz darf nur als Hilfsmittel benutzt werden. Diagnostische und therapeutische Entscheidungen dürfen ausschließlich von der Ärzteschaft und gemeinsam mit ihren Patienten getroffen werden. Fachliche und außermedizinische Interessenkonflikte der klinisch tätigen Ärzteschaft müssen offengelegt werden. Das neoliberale Marktmodell ist für den Gesundheitssektor ungeeignet. Gesundheitsbezogene Datensammlungen müssen in der Souveränität (u. a. im Eigentum, in der Verwendungshoheit und -kontrolle) des Patienten bleiben. Dessen informationelles Selbstbestimmungsrecht ist zu bewahren. Die ärztliche Schweigepflicht darf nicht durch lückenhafte oder unvollständig umgesetzte Datenschutzbestimmungen ausgehöhlt und untergraben werden. Die Würde des Menschen ist stets und besonders im Erkrankungsfall unantastbar. Menschenrechte gelten für alle Menschen, auch für das medizinische Personal und besonders schutzbedürftige Personengruppen (u. a. Geflüchtete, Pflegebedürftige, Behinderte Menschen). Die Verfasser dieses Manifests fordern dazu auf, die ethischen Werte medizinischen Wirkens zu sichern, und rufen alle Beteiligten im Gesundheitswesen auf danach zu handeln, um somit eine Zeitenwende herbeizuführen.