{"title":"[肿瘤学的补充医学——难以宣称有效性、质量和效率]。","authors":"Dieter Melchart","doi":"10.1159/000375511","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Die Prufung einzelner Bausteine in randomisierten Studien ware wunschenswert, ist aber bei den meist sehr individualisierten und klinikund praxisspezifischen Vorgehensweisen oft nicht reprasentativ und nur von begrenzter Aussagefahigkeit. Ein wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis im engeren Sinne ist deshalb fur die in der Naturheilkunde und Komplementarmedizin sehr unterschiedlichen und im zeitlichen Verlauf variablen «Therapiecocktails» kaum zu erbringen. Meist fehlt die fur eine Verallgemeinerung notwendige Reprasentativitat und Reproduzierbarkeit der Methode: Pflanzenextrakte enthalten haufig keine standardisierten Inhalte, Akupunkturbehandlungen werden in Form verschiedenster Techniken, Schulmeinungen und personlicher Therapeutenqualifikation ausgeubt und als Erganzung oder Alternative zur konventionellen Therapie durchgefuhrt. Die randomisierte Vergleichsstudie kann deshalb im Bereich von Naturheilverfahren/ Komplementarmedizin nicht immer der erste Schritt einer klinischen Forschungsaktivitat sein, da haufig andere Fragen als die Wirksamkeit eines einzelnen Behandlungsverfahrens im Vordergrund der Gesamtproblematik stehen oder das methodische Design fur die Fragestellung nicht geeignet ist. Dies liegt an den zum Teil prinzipiellen Unterschieden, die zwischen der an der Arzneimittelforschung orientierten Forschungsstrategie und der naturheilkundlichen Wirksamkeitsprufung bestehen. Bis ein Arzneimittel fur die medizinische Versorgung empfohlen und zugelassen werden kann, sind die bekannten Phasen der klinischen Prufung zu durchlaufen. Die Innovation gelangt also nur in die Versorgung, wenn ausreichende Evidenz durch Studienergebnisse vorliegt. Insbesondere in der komplementarmedizinischen Onkologie besteht bereits eine hohe Migration des «Produktes» Naturheilverfahren in die medizinische Versorgung, aber eine niedrige bis fehlende Studienevidenz. Die Tatsache, dass Naturheilverfahren und andere traditionelle Heilsysteme bereits vor einem potenziellen EvidenzDie gesamte Medizin ist seit Jahren mit steigenden Forderungen nach mehr Evidenz und Qualitatssicherung konfrontiert. Von dieser Entwicklung wird die sogenannte Komplementarmedizin in der Onkologie in besonderer Weise beruhrt. Nur: Wer soll diese Aufgabe losen, und wie? Die Komplementarmedizin hat ein erhebliches Defizit an kontrollierten klinischen Studien, und es existieren derzeit kaum Fachgesellschaften und Lehrstuhlstrukturen, die fur dieses Anwendungsgebiet eine ausreichende Koordinationsund Leitkompetenz besitzen. Daher sind die einzelnen Arbeitsgruppen fur Komplementarmedizin in der Onkologie aufgefordert, einen eigenen Weg fur eine systematische und kritische Evaluation wie Qualitatssicherung zu finden. Dabei ist die vermehrte Durchfuhrung von evidenzgenerierenden klinischen Studien als auch eine alltagsnahe und anwenderorientierte Dokumentation der Versorgungswirklichkeit zu berucksichtigen. Es ware wunschenswert, wenn sich neben der Deutschen Krebshilfe mit ihrer vorbildlichen Projektforderung des Kompetenznetzes Komplementarmedizin in der Onkologie (KOKON) [1] auch staatliche Fordereinrichtungen mit neuen Forschungsprogrammen an dieser Aufgabe beteiligen wurden. Das Interesse an dieser Art von Forschung ist jedoch in unserer Gesellschaft sehr unterschiedlich verteilt: Universitare Vertreter der Komplementarmedizin sind vorwiegend an den Fragen der wissenschaftlichen Evidenz interessiert, Krankenkassen orientieren sich an Wirtschaftlichkeit und Versichertenwettbewerb und Praxisarzte sowie Kliniken an Patientenanbindung und positiver Ausendarstellung. Patienten und zuweisende Arzte benotigen Informationen fur die Inanspruchnahme komplementarer Behandlungsmethoden – normative Instanzen wie z.B. das Bundesamt fur Gesundheit entscheiden vorwiegend auf der Grundlage von Wirksamkeitsnachweisen im Sinne der evidenzbasierten Medizin. Published online: February 12, 2015","PeriodicalId":51049,"journal":{"name":"Forschende Komplementarmedizin","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2015-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://sci-hub-pdf.com/10.1159/000375511","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"[Complementary Medicine in Oncology - difficult to claim effectiveness, quality and efficiency].\",\"authors\":\"Dieter Melchart\",\"doi\":\"10.1159/000375511\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Die Prufung einzelner Bausteine in randomisierten Studien ware wunschenswert, ist aber bei den meist sehr individualisierten und klinikund praxisspezifischen Vorgehensweisen oft nicht reprasentativ und nur von begrenzter Aussagefahigkeit. 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Es ware wunschenswert, wenn sich neben der Deutschen Krebshilfe mit ihrer vorbildlichen Projektforderung des Kompetenznetzes Komplementarmedizin in der Onkologie (KOKON) [1] auch staatliche Fordereinrichtungen mit neuen Forschungsprogrammen an dieser Aufgabe beteiligen wurden. Das Interesse an dieser Art von Forschung ist jedoch in unserer Gesellschaft sehr unterschiedlich verteilt: Universitare Vertreter der Komplementarmedizin sind vorwiegend an den Fragen der wissenschaftlichen Evidenz interessiert, Krankenkassen orientieren sich an Wirtschaftlichkeit und Versichertenwettbewerb und Praxisarzte sowie Kliniken an Patientenanbindung und positiver Ausendarstellung. Patienten und zuweisende Arzte benotigen Informationen fur die Inanspruchnahme komplementarer Behandlungsmethoden – normative Instanzen wie z.B. das Bundesamt fur Gesundheit entscheiden vorwiegend auf der Grundlage von Wirksamkeitsnachweisen im Sinne der evidenzbasierten Medizin. 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[Complementary Medicine in Oncology - difficult to claim effectiveness, quality and efficiency].
Die Prufung einzelner Bausteine in randomisierten Studien ware wunschenswert, ist aber bei den meist sehr individualisierten und klinikund praxisspezifischen Vorgehensweisen oft nicht reprasentativ und nur von begrenzter Aussagefahigkeit. Ein wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis im engeren Sinne ist deshalb fur die in der Naturheilkunde und Komplementarmedizin sehr unterschiedlichen und im zeitlichen Verlauf variablen «Therapiecocktails» kaum zu erbringen. Meist fehlt die fur eine Verallgemeinerung notwendige Reprasentativitat und Reproduzierbarkeit der Methode: Pflanzenextrakte enthalten haufig keine standardisierten Inhalte, Akupunkturbehandlungen werden in Form verschiedenster Techniken, Schulmeinungen und personlicher Therapeutenqualifikation ausgeubt und als Erganzung oder Alternative zur konventionellen Therapie durchgefuhrt. Die randomisierte Vergleichsstudie kann deshalb im Bereich von Naturheilverfahren/ Komplementarmedizin nicht immer der erste Schritt einer klinischen Forschungsaktivitat sein, da haufig andere Fragen als die Wirksamkeit eines einzelnen Behandlungsverfahrens im Vordergrund der Gesamtproblematik stehen oder das methodische Design fur die Fragestellung nicht geeignet ist. Dies liegt an den zum Teil prinzipiellen Unterschieden, die zwischen der an der Arzneimittelforschung orientierten Forschungsstrategie und der naturheilkundlichen Wirksamkeitsprufung bestehen. Bis ein Arzneimittel fur die medizinische Versorgung empfohlen und zugelassen werden kann, sind die bekannten Phasen der klinischen Prufung zu durchlaufen. Die Innovation gelangt also nur in die Versorgung, wenn ausreichende Evidenz durch Studienergebnisse vorliegt. Insbesondere in der komplementarmedizinischen Onkologie besteht bereits eine hohe Migration des «Produktes» Naturheilverfahren in die medizinische Versorgung, aber eine niedrige bis fehlende Studienevidenz. Die Tatsache, dass Naturheilverfahren und andere traditionelle Heilsysteme bereits vor einem potenziellen EvidenzDie gesamte Medizin ist seit Jahren mit steigenden Forderungen nach mehr Evidenz und Qualitatssicherung konfrontiert. Von dieser Entwicklung wird die sogenannte Komplementarmedizin in der Onkologie in besonderer Weise beruhrt. Nur: Wer soll diese Aufgabe losen, und wie? Die Komplementarmedizin hat ein erhebliches Defizit an kontrollierten klinischen Studien, und es existieren derzeit kaum Fachgesellschaften und Lehrstuhlstrukturen, die fur dieses Anwendungsgebiet eine ausreichende Koordinationsund Leitkompetenz besitzen. Daher sind die einzelnen Arbeitsgruppen fur Komplementarmedizin in der Onkologie aufgefordert, einen eigenen Weg fur eine systematische und kritische Evaluation wie Qualitatssicherung zu finden. Dabei ist die vermehrte Durchfuhrung von evidenzgenerierenden klinischen Studien als auch eine alltagsnahe und anwenderorientierte Dokumentation der Versorgungswirklichkeit zu berucksichtigen. Es ware wunschenswert, wenn sich neben der Deutschen Krebshilfe mit ihrer vorbildlichen Projektforderung des Kompetenznetzes Komplementarmedizin in der Onkologie (KOKON) [1] auch staatliche Fordereinrichtungen mit neuen Forschungsprogrammen an dieser Aufgabe beteiligen wurden. Das Interesse an dieser Art von Forschung ist jedoch in unserer Gesellschaft sehr unterschiedlich verteilt: Universitare Vertreter der Komplementarmedizin sind vorwiegend an den Fragen der wissenschaftlichen Evidenz interessiert, Krankenkassen orientieren sich an Wirtschaftlichkeit und Versichertenwettbewerb und Praxisarzte sowie Kliniken an Patientenanbindung und positiver Ausendarstellung. Patienten und zuweisende Arzte benotigen Informationen fur die Inanspruchnahme komplementarer Behandlungsmethoden – normative Instanzen wie z.B. das Bundesamt fur Gesundheit entscheiden vorwiegend auf der Grundlage von Wirksamkeitsnachweisen im Sinne der evidenzbasierten Medizin. Published online: February 12, 2015