Ye Li, Xing Xiong, Nicole Cesarato, Maria Wehner, F. Buket Basmanav, Regina C. Betz
{"title":"东亚首个乱发综合征病例","authors":"Ye Li, Xing Xiong, Nicole Cesarato, Maria Wehner, F. Buket Basmanav, Regina C. Betz","doi":"10.1111/ddg.15498_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Sehr geehrte Herausgeber,</p><p>Das Syndrom der unkämmbaren Haare (UHS; MIM 191480), auch als <i>spun-glass-hair-syndrome</i> oder Pili trianguli et canaliculi bezeichnet, ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Störung des Haarschafts, die sich in der Regel in den ersten Lebenswochen manifestiert. Betroffene Kinder haben typischerweise trockenes, krauses, drahtiges und helles Haar, das von der Kopfhaut absteht und sich nicht glatt kämmen lässt. Während sich der Haarphänotyp im Laufe der Kindheit oder Jugend verbessern kann, bleibt er in einigen Fällen bis ins Erwachsenenalter bestehen und erfordert ständige Pflege. Obwohl es sich bei UHS eher um eine Auffälligkeit als um eine Krankheit handelt, erleben betroffene Kinder häufig abwertende Reaktionen von Gleichaltrigen, was sich langfristig negativ auf deren Selbstwertgefühl auswirken kann.</p><p>Im Jahr 2016 identifizierten wir seltene bi-allelische Varianten in den Genen <i>PADI3</i>, <i>TGM3</i> oder <i>TCHH</i> als genetische Ursache von UHS.<span><sup>1</sup></span> Die aufeinanderfolgenden Aktionen der jeweiligen Proteine sorgen für einen stabilen Haarschaft. Ist eines dieser Gene verändert, erhält der Haarschaft Längsrillen und zeigt unter dem Rasterelektronenmikroskop einen dreieckigen oder herzförmigen Querschnitt.<span><sup>2</sup></span> Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts sind in der internationalen Literatur über 200 Fälle mit UHS beschrieben, von denen 107 Fälle in genetischen Studien unserer Arbeitsgruppe berichtet wurden.<span><sup>1, 3</sup></span> Mit Ausnahme eines Falls aus Kuwait<span><sup>4</sup></span> sind alle bisher berichteten UHS-Patienten europäischer Abstammung.<span><sup>3</sup></span> Hier stellen wir den ersten ostasiatischen Fall mit UHS vor, der durch eine unbekannte und eine bekannte pathogene Variante in <i>PADI3</i> verursacht wurde.</p><p>Ein 3-jähriges Mädchen chinesischer Herkunft wurde mit der Verdachtsdiagnose UHS an unsere genetische Beratungsstelle überwiesen (Abbildung 1a). Ihre Eltern berichteten, dass ihr braunes Haar seit ihrer Geburt trocken, lockig, kraus, drahtig und schwer zu kämmen war. Es wurden keine zusätzlichen Symptome und keine weiteren familiären Fälle mit UHS berichtet.</p><p>Nach Aufklärung und schriftlicher Einwilligung wurden bei Eltern und Kind Sequenzierungen von <i>PADI3</i> durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass das Mädchen die heterozygoten Funktionsverlust-Varianten c.363C>A;p.(Cys121Ter) und c.1374dup;p.(Val459Argfs*15) trägt, die vom Vater beziehungsweise von der Mutter vererbt worden waren (Abbildung 1b). Die Variante c.363C>A;p.(Cys121Ter) ist in der gnomAD-Datenbank nicht verzeichnet, und c.1374dup;p.(Val459Argfs*15) ist extrem selten (5/807 083 Individuen verschiedener genetischer Abstammung; gnomAD v4.0.0) und wurde erst kürzlich bei zwei spanischen Geschwistern mit UHS publiziert.<span><sup>5</sup></span></p><p>Das bisherige Fehlen jeglicher Berichte von UHS-Fällen aus ostasiatischen Populationen ist erstaunlich, da Menschen dieser Ethnien in der Regel glattes Haar haben und daher ein Phänotyp mit krausem Haar sofort auffallen würde. Angesichts der Tatsache, dass Varianten in <i>PADI3</i> 71% aller bekannten UHS-Fälle verursachen, könnte eine plausible Erklärung darin liegen, dass pathogene Varianten in <i>PADI3</i> in diesen Populationen seltener auftreten. Konkret sind 99% aller <i>PADI3</i>-assoziierten UHS-Fälle auf die Variante c.881C>T;p.(Ala294Val) oder die Variante c.335T>A;p.(Leu112His) zurückzuführen, die beide in europäischen und anderen nicht-ostasiatischen Populationen viel häufiger vorkommen als in Ostasien. Bei dem hier berichteten Fall ist eine der Varianten privat, während die andere laut gnomAD (v4.0.0) extrem selten ist und bei nicht-finnischen Europäern nicht vorkommt.</p><p>Eine weitere Beobachtung beim hiesigen Fall war die braune Haarfarbe, die im Gegensatz zu der üblichen schwarzen Farbe ostasiatischer Haare stand. Die meisten nordeuropäischen <i>PADI3</i>-assoziierten UHS-Fälle haben blondes Haar,<span><sup>3</sup></span> und es ist bekannt, dass häufige genetische Varianten in <i>PADI3</i> mit der Haarfarbe assoziiert sind.<span><sup>6</sup></span> Daher kann die braune Haarfarbe des Mädchens durch die beiden pathogenen UHS-Varianten verursacht sein.</p><p>Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir über den ersten ostasiatischen Fall mit UHS berichten, der zeigt, dass das mit UHS assoziierte Mutationsspektrum von <i>PADI3</i> in verschiedenen Populationen variieren kann, und dass die molekulargenetische Untersuchung ungeklärter UHS-Fälle anderer Ethnizitäten das Mutationsspektrum von UHS erweitern könnte.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>Diese Arbeit wurde durch die <i>Deutsche Forschungsgemeinschaft</i> (DFG) im Rahmen der deutschen Exzellenzstrategie – EXC2151 – 390873048 (R.C.B.) unterstützt. X.X. erhielt ein Stipendium des China Scholarship Council (Nr. 202208080206).</p><p>Keiner.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"22 10","pages":"1433-1435"},"PeriodicalIF":5.5000,"publicationDate":"2024-10-11","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15498_g","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Erster ostasiatischer Fall des Syndroms der unkämmbaren Haare\",\"authors\":\"Ye Li, Xing Xiong, Nicole Cesarato, Maria Wehner, F. Buket Basmanav, Regina C. 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Erster ostasiatischer Fall des Syndroms der unkämmbaren Haare
Sehr geehrte Herausgeber,
Das Syndrom der unkämmbaren Haare (UHS; MIM 191480), auch als spun-glass-hair-syndrome oder Pili trianguli et canaliculi bezeichnet, ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Störung des Haarschafts, die sich in der Regel in den ersten Lebenswochen manifestiert. Betroffene Kinder haben typischerweise trockenes, krauses, drahtiges und helles Haar, das von der Kopfhaut absteht und sich nicht glatt kämmen lässt. Während sich der Haarphänotyp im Laufe der Kindheit oder Jugend verbessern kann, bleibt er in einigen Fällen bis ins Erwachsenenalter bestehen und erfordert ständige Pflege. Obwohl es sich bei UHS eher um eine Auffälligkeit als um eine Krankheit handelt, erleben betroffene Kinder häufig abwertende Reaktionen von Gleichaltrigen, was sich langfristig negativ auf deren Selbstwertgefühl auswirken kann.
Im Jahr 2016 identifizierten wir seltene bi-allelische Varianten in den Genen PADI3, TGM3 oder TCHH als genetische Ursache von UHS.1 Die aufeinanderfolgenden Aktionen der jeweiligen Proteine sorgen für einen stabilen Haarschaft. Ist eines dieser Gene verändert, erhält der Haarschaft Längsrillen und zeigt unter dem Rasterelektronenmikroskop einen dreieckigen oder herzförmigen Querschnitt.2 Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts sind in der internationalen Literatur über 200 Fälle mit UHS beschrieben, von denen 107 Fälle in genetischen Studien unserer Arbeitsgruppe berichtet wurden.1, 3 Mit Ausnahme eines Falls aus Kuwait4 sind alle bisher berichteten UHS-Patienten europäischer Abstammung.3 Hier stellen wir den ersten ostasiatischen Fall mit UHS vor, der durch eine unbekannte und eine bekannte pathogene Variante in PADI3 verursacht wurde.
Ein 3-jähriges Mädchen chinesischer Herkunft wurde mit der Verdachtsdiagnose UHS an unsere genetische Beratungsstelle überwiesen (Abbildung 1a). Ihre Eltern berichteten, dass ihr braunes Haar seit ihrer Geburt trocken, lockig, kraus, drahtig und schwer zu kämmen war. Es wurden keine zusätzlichen Symptome und keine weiteren familiären Fälle mit UHS berichtet.
Nach Aufklärung und schriftlicher Einwilligung wurden bei Eltern und Kind Sequenzierungen von PADI3 durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass das Mädchen die heterozygoten Funktionsverlust-Varianten c.363C>A;p.(Cys121Ter) und c.1374dup;p.(Val459Argfs*15) trägt, die vom Vater beziehungsweise von der Mutter vererbt worden waren (Abbildung 1b). Die Variante c.363C>A;p.(Cys121Ter) ist in der gnomAD-Datenbank nicht verzeichnet, und c.1374dup;p.(Val459Argfs*15) ist extrem selten (5/807 083 Individuen verschiedener genetischer Abstammung; gnomAD v4.0.0) und wurde erst kürzlich bei zwei spanischen Geschwistern mit UHS publiziert.5
Das bisherige Fehlen jeglicher Berichte von UHS-Fällen aus ostasiatischen Populationen ist erstaunlich, da Menschen dieser Ethnien in der Regel glattes Haar haben und daher ein Phänotyp mit krausem Haar sofort auffallen würde. Angesichts der Tatsache, dass Varianten in PADI3 71% aller bekannten UHS-Fälle verursachen, könnte eine plausible Erklärung darin liegen, dass pathogene Varianten in PADI3 in diesen Populationen seltener auftreten. Konkret sind 99% aller PADI3-assoziierten UHS-Fälle auf die Variante c.881C>T;p.(Ala294Val) oder die Variante c.335T>A;p.(Leu112His) zurückzuführen, die beide in europäischen und anderen nicht-ostasiatischen Populationen viel häufiger vorkommen als in Ostasien. Bei dem hier berichteten Fall ist eine der Varianten privat, während die andere laut gnomAD (v4.0.0) extrem selten ist und bei nicht-finnischen Europäern nicht vorkommt.
Eine weitere Beobachtung beim hiesigen Fall war die braune Haarfarbe, die im Gegensatz zu der üblichen schwarzen Farbe ostasiatischer Haare stand. Die meisten nordeuropäischen PADI3-assoziierten UHS-Fälle haben blondes Haar,3 und es ist bekannt, dass häufige genetische Varianten in PADI3 mit der Haarfarbe assoziiert sind.6 Daher kann die braune Haarfarbe des Mädchens durch die beiden pathogenen UHS-Varianten verursacht sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir über den ersten ostasiatischen Fall mit UHS berichten, der zeigt, dass das mit UHS assoziierte Mutationsspektrum von PADI3 in verschiedenen Populationen variieren kann, und dass die molekulargenetische Untersuchung ungeklärter UHS-Fälle anderer Ethnizitäten das Mutationsspektrum von UHS erweitern könnte.
Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.
Diese Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der deutschen Exzellenzstrategie – EXC2151 – 390873048 (R.C.B.) unterstützt. X.X. erhielt ein Stipendium des China Scholarship Council (Nr. 202208080206).
期刊介绍:
The JDDG publishes scientific papers from a wide range of disciplines, such as dermatovenereology, allergology, phlebology, dermatosurgery, dermatooncology, and dermatohistopathology. Also in JDDG: information on medical training, continuing education, a calendar of events, book reviews and society announcements.
Papers can be submitted in German or English language. In the print version, all articles are published in German. In the online version, all key articles are published in English.