Berenice M. Lang, Sebastian Zielbauer, Henner Stege, Stephan Grabbe, Petra Staubach
{"title":"当患者有选择时--光化性角化病治疗中的治疗满意度和患者偏好","authors":"Berenice M. Lang, Sebastian Zielbauer, Henner Stege, Stephan Grabbe, Petra Staubach","doi":"10.1111/ddg.15457_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Bei aktinischen Keratosen (AK) handelt es sich um frühe Formen maligner epidermaler Neoplasien, deren Entstehung im Wesentlichen auf die lebenslang-kumulative Einwirkung ultravioletter Strahlung in Form von Sonnenlicht auf lichtexponierte Hautareale hellhäutiger Menschen zurückzuführen ist.<span><sup>1</sup></span> Aus histologischer Sicht handelt es sich um direkte Vorstufen invasiver Plattenepithelkarzinome (PEK) der Haut (auch <i>Carcinomata in situ</i>).<span><sup>2</sup></span> Aktinische Keratosen weisen in den westlichen Industrienationen eine sehr hohe und stetig steigende Prävalenz auf.<span><sup>3-5</sup></span> Genaue Daten sind schwer zu erheben und die Dunkelziffer ist hoch. In Deutschland wird die Prävalenz derzeit auf 2,7% aller Altersgruppen geschätzt, sie steigt aber mit zunehmendem Alter je nach Quelle bei den über 60- bis 70-Jährigen deutlich an und liegt dann im zweistelligen Prozentbereich.<span><sup>3, 4</sup></span> Darüber hinaus sind multiple AK seit 2015 in Deutschland als Berufserkrankung für Menschen, die überwiegend draußen arbeiten oder gearbeitet haben, anerkannt (BK 5103), was die gesundheitspolitischen Auswirkungen dieser Erkrankung weiter unterstreicht.<span><sup>5</sup></span></p><p>Als direkte Konsequenz der Kombination aus Häufigkeit sowie der Eigenschaft als <i>Carcinoma in situ</i> kommt der Behandlung von AK eine herausragende Stellung in der Tumorprävention zu, da durch frühzeitige Diagnose und Therapie die Entstehung eines invasiven PEK verhindert und damit auch einer möglichen Metastasierung effektiv vorgebeugt werden kann.<span><sup>6</sup></span> Allerdings gibt es aktuell keine standardisierten klinischen Marker, um einzuschätzen, welche AK sich in ein PEK transformieren. Die Progressionsrate je Einzelläsion wird in der Literatur uneinheitlich mit Werten zwischen 0,1% und 29% angegeben, was die Therapie aller Läsionen als einzig logische Konsequenz zur Folge hat.<span><sup>7</sup></span> Als Therapiestandard hat sich eine große Auswahl unterschiedlichster Methoden etabliert, die alle bei nachgewiesener therapeutischer Wirksamkeit in der konkreten Anwendung je nach Methode unterschiedliche Vor- und Nachteile für den Patienten bieten. Grundsätzlich wird hier zwischen läsionsgerichteten Verfahren zur Behandlung solitärer Läsionen und feldgerichteten Verfahren zur Behandlung einer Feldkanzerisierung unterschieden. Die physikochemisch-ablativen Verfahren sind zumeist läsionsgerichtet und beinhalten operative Therapien (Exzision, Kürettage, Shave) sowie Kryotherapie und Laserablation. Das Therapieziel ist eine physikalische (unspezifische) Destruktion der betroffenen Zellen. Bei den medikamentös-topischen Verfahren nutzt man die selektive Destruktion der atypischen Keratinozyten durch die Substanz selbst oder durch die von dieser erzeugten Immunreaktion. Zugelassene Optionen sind hierbei Imiquimod, 5-Fluoruracil, Diclofenac, Tirbanibulin (zum Zeitpunkt unserer Untersuchung noch nicht zugelassen), Ingenolmebutat (zum Zeitpunkt unserer Untersuchung noch in Deutschland zugelassen), sowie die verschiedenen Formen der photodynamischen Therapie (konventionell mit Rotlicht sowie Tageslicht). Vorteilig ist, dass eine größere Fläche im Sinne einer Feldkanzerisierung in einem Therapiezyklus behandelt werden kann. Die Endpunkte in den Zulassungsstudien beschäftigten sich neben Sicherheits- und Verträglichkeitsaspekten zumeist mit Ansprechraten, Tumorfreiheit und Rezidivrisiko innerhalb eines bestimmten Zeitraums.<span><sup>8</sup></span> Erst in den letzten Jahren wurden zunehmend auch Therapiezufriedenheit und -adhärenz in die Untersuchungen einbezogen. Therapieadhärenz bezeichnet den Grad der Genauigkeit, mit welcher Patienten, die von den Ärzten und den Patienten selbst erarbeitete Empfehlung umsetzen. Einflussfaktor ist neben sozioökonomischen, krankheitsbezogenen, systemischen und persönlichen Aspekten die Therapiezufriedenheit.<span><sup>9-11</sup></span></p><p>Ziel dieser Untersuchung war es, die vorhandenen Therapieoptionen bezüglich der Therapiezufriedenheit von Patienten zu evaluieren, um dem behandelnden Arzt bei vergleichbarer klinisch-therapeutischer Wirksamkeit eine zusätzliche Entscheidungshilfe bei der individuellen Therapieplanung zu bieten. Ferner sollten allgemeine Behandlungspräferenzen des Patientenkollektivs erfragt und abgebildet werden, um zukünftige Therapieempfehlungen personalisiert und patientenorientiert gestalten zu können.</p><p>Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine monozentrische Querschnittsdatenerhebung. Die Datenerhebung wurden auf Basis eines Fragebogens in der Zeit von November 2016 bis April 2018 in der Hautklinik der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt. Einschlusskriterien waren neben der Diagnose einer AK mindestens zwei verschiedene Vortherapien dieser Erkrankung. Als Ausschlusskriterien wurden metastasierte Hauttumoren (N1 oder M1 nach TNM-Klassifikation) in der Anamnese sowie das Vorliegen eines genetischen Syndroms mit erhöhter Hauttumorneigung (wie Xeroderma pigmentosum) festgelegt.</p><p>Der Fragebogen bestand aus drei Teilen. Im Teil A (Allgemeiner Teil) wurden Behandlungspräferenzen und therapeutische Vorlieben erfragt. Hierzu wurden vorliegende Aussagen der Kategorien Vollständigkeit der Entfernung, Rezidivfreiheit, kosmetisches Ergebnis, Nebenwirkungen, Kosten sowie Aufwand vom Patienten gewichtet (1 = sehr wichtig, 6 = nicht wichtig). Im Teil B (Spezieller Teil) wurde die zuletzt erhaltene Therapie mittels des <i>Treatment Satisfaction Questionnaire for Medication</i> (TSQM) Version II bewertet.<span><sup>12, 13</sup></span> Dieser standardisierte Fragebogen zur Therapiezufriedenheit beinhaltet elf Fragen und unterteilt sich in die vier Kategorien Wirksamkeit, Komplikation, Verträglichkeit und Gesamtzufriedenheit. Je Kategorie kann ein Wert von 0 (absolut unzufrieden) bis 100 (absolut zufrieden) erreicht werden. Zusätzlich wurde die Zufriedenheit aller angewandten Therapien mittels einer Likert-Skala per Vergabe von Schulnoten (1 = sehr zufrieden, 6 = ungenügend) abgefragt. Im Teil C (Persönlicher Teil) wurden neben demographischen Daten (Geschlecht, Alter, Krankenversicherungsstatus, Haushaltsnettoeinkommen, Ort der Berufsausübung [drinnen/draußen]) die Lebensqualität mittels des <i>Dermatology Life Quality Index</i> (DLQI) erhoben.<span><sup>14</sup></span></p><p>Demographische Daten wurden teilweise durch Anamnese, aber auch durch die elektronische Patientenakte des Krankenhausinformationssystems erhoben. Dazu gehörten das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Fragebogenerhebung und der Erstdiagnose, das Datum der Erstdiagnose, das Ausmaß des Befundes, der histologische Schweregrad sowie aktuelle und frühere Hautmalignome. Ein positives Ethikvotum der Ethikkommission des Landes Rheinland-Pfalz lag zur Durchführung dieser Untersuchung vor.</p><p>Die statistische Auswertung erfolgte pseudonymisiert mit dem Programm IBM SPSS (Version 23.0.03). Die Darstellung der deskriptiven Auswertung erfolgte mittels absoluter und relativer Häufigkeiten sowie Minima und Maxima. Die Signifikanzanalyse erfolgte nach Ausschluss möglicher Confounder mittels Welch-ANOVA-Test. Zusätzlich wurde ein Post-hoc-Test nach Games-Howell durchgeführt.</p><p>In den letzten Jahren wurden die Bedeutung der Therapiezufriedenheit und die Kenntnis der Behandlungspräferenzen der Patienten als wichtige Parameter für die Adhärenz erkannt.<span><sup>9-11</sup></span> Eine zufriedenstellende Behandlung einer Erkrankung kann nur bei ausreichender Adhärenz gelingen. Insbesondere bei der Behandlung einer Erkrankung, die – wie die AK – nur mit wenigen akuten Beschwerden einhergeht, ist es wichtig, die Bedürfnisse der Patienten zu kennen und darauf einzugehen, um sie optimal durch die Therapie zu begleiten. Auch in der dermatoonkologischen Literatur wird die Notwendigkeit der Patientenorientierung und der Erarbeitung patientenorientierter Entscheidungskriterien zunehmend deutlich.<span><sup>15, 16</sup></span> Neue Zulassungsstudien binden zumeist die Erhebung dieser Parameter mit in ihr Studiendesign ein. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Behandlungsoptionen ist allerdings noch nicht umfassend verfügbar. Das Ziel unserer Erhebung war daher, die in der Therapie von AK üblichen Verfahren von Patienten zu bewerten und gleichzeitig einen Einblick in die Bedürfnisse der Patienten zu erhalten.</p><p>Aktinische Keratosen bedürfen als Präkanzerosen von PEK einer Behandlung, wenngleich ihr Progressionsrisiko aktuell nicht vorhergesagt werden kann.<span><sup>7</sup></span> An Behandlungsmöglichkeiten sind eine Vielzahl von Therapien bekannt. Seit dem Jahr 2020 gibt es in Deutschland ergänzend eine S3-Leitlinie, welche die verschiedenen Optionen beleuchtet und bewertet.<span><sup>17, 18</sup></span> Gleichzeitig erfolgt die (Weiter-)Entwicklung neuer Verfahren und Topika in einem enormen Tempo, so dass auch oder gerade vor diesem Hintergrund das Wissen um Patientenpräferenzen im Einklang mit der objektiven Wirksamkeit dieser Medikamente Gegenstand der Betrachtung sein sollte. Allen untersuchten Therapieoptionen in unserer Erhebung war gemein, dass sie insgesamt von den Patienten durchweg als gut oder zufriedenstellend bewertet wurden (Schulnoten von 2,09 bis 3,54) und die Lebensqualität dieser Patienten nicht eingeschränkt war (medianer DLQI 1).</p><p>Unser Kollektiv entsprach mit einem mittleren Alter von 75 Jahren und einem Männeranteil von 81,0% weitestgehend der für diese Erkrankung durchschnittlichen Bevölkerung. Die Mehrzahl der Patienten hatte jedoch eine Feldkanzerisierung mit längerer Krankheitsdauer und war in der Vergangenheit bereits mehrfach therapiert worden, was den höheren Schweregrad der Erkrankung in unserer Studienpopulation erklärt.</p><p>Der TSQM bildet mit elf Fragen die Therapiezufriedenheit standardisiert in den Kategorien Gesamtzufriedenheit, Komplikationen, Wirksamkeit und Annehmlichkeit ab. In unserer Erhebung wurden hinsichtlich der Gesamtzufriedenheit insgesamt hohe Werte zwischen 53,03 ± 22,13 beziehungsweise 78,47 ± 16,07 erzielt. Einige der untersuchten Verfahren und Therapien wurden bereits in verschiedenen Studien mit dem TSQM evaluiert. Hier kam es wie bei uns zu hohen Gesamtzufriedenheitswerten.<span><sup>19-23</sup></span> Zu unterstreichen sind auch die Ergebnisse im Bereich Annehmlichkeit (75,00 ± 15,52 bis 87,50 ± 14,04) und Komplikationen (88,64 ± 10,72 bis 99,30 ± 2,40). Die Patienten erleben ihre AK-Therapien durchweg als komplikationsarm und nicht zu aufwendig. Insgesamt werden <i>patient-reported outcomes</i> zunehmend in Zulassungsstudien und nichtinterventionelle Studien mit aufgenommen, da die Wichtigkeit dieser Parameter weiter in den Mittelpunkt rückt. Unabhängige vergleichende Studien mit einer Übersicht an zugelassenen Verfahren sind kaum verfügbar.<span><sup>22, 24-27</sup></span> Die in unserer Erhebung besonders gut bewerteten Verfahren wie Operation, Ingenolmebutat und Tageslicht-PDT stellen kurze Behandlungsregime dar. Auch in großen vergleichenden Therapiestudien wurden die kürzeren Verfahren (PDT und Ingenolmebutat bei Jansen et al.; OP und PDT bei Ahmady et al.) mit einer höheren Adhärenz assoziiert.<span><sup>27, 28</sup></span> Es ist nachvollziehbar, dass diese von Patienten präferiert werden, wenn der Behandlungserfolg hoch und die Nebenwirkungsrate niedrig ist. Die konventionelle PDT mit vergleichbar kurzem Regime wurde mutmaßlich aufgrund der beträchtlichen Schmerzen deutlich schlechter bewertet.</p><p>Vergleicht man die gut bewerteten Verfahren mit den allgemeinen Patientenpräferenzen unseres Kollektivs, so wird schnell klar, warum die operativen Therapien als Favorit hervorgehen. Als oberstes Therapieziele wurden die vollständige Entfernung der Läsion sowie die Rezidivfreiheit angegeben. Dies spiegelt auch die Daten von Steeb et al. von insgesamt 403 deutschen AK-Patienten wider,<span><sup>29</sup></span> und steht im Kontrast zu Therapiestudien, bei denen oftmals das kosmetische Ergebnis der Rezidivfreiheit vorgezogen wurde.<span><sup>27, 28</sup></span> Der Paradigmenwechsel von akuter Erkrankung hin zu Chronizität der AK respektive Feldkanzerisierung sollte eine wichtige Rolle in der Patientenedukation spielen, um die Therapieziele realistisch zu setzen. Aufklärungskampagnen sollten in Zukunft darauf zielen, dass eine regelmäßige Behandlung notwendig sein wird. Im Gegensatz zu den hohen Zufriedenheitswerten für die operativen Verfahren zeigt sich in der konkreten Frage nach der präferierten Therapieform der Wunsch nach topischen Optionen. Ein denkbarer – in der Realität schon vielfach angewandter – Behandlungspfad, der dem Patientenwunsch entspräche, wäre daher das Downgrading der Läsionen mittels Topika und die darauffolgende operative Sanierung therapieresistenter Restherde.<span><sup>30</sup></span></p><p>Limitationen der hier dargestellten Daten sind in erster Linie das Kollektiv unserer schwer betroffen Klinikpatienten, was die Übertragbarkeit auf alle Patienten mit AK einschränkt. Zudem wären in Zukunft noch größere Gruppen zur Evaluation wünschenswert. Einige Verfahren wie Lasertherapie oder Peeling wurden nicht ausgewertet, da hier keine ausreichende Zahl an Patienten zur Verfügung stand. Zudem gibt es mittlerweile neue zugelassene Therapieoptionen, wie die simulierte Tageslicht-PDT oder 4%iges 5-Fluorouracil.</p><p>Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unser Kollektiv an Patienten mit ausgeprägten AK nebenwirkungsarme kurze Therapieregime präferiert, aber nur, wenn sie auch nachhaltig effektiv sind. Gerade im Kollektiv der schwer betroffenen Patienten ist eine personalisierte Medizin mit Anwendung von Verfahren, die auf die Patientenbedürfnisse ausgelegt sind, essenziell.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>B.M.L. erhielt Honorare und/oder Reisekostenunterstützung von Almirall, Biofrontera, Galderma, Leo Pharma, Pierre Fabre und Meda. S.G. erhielt Honorare, Forschungs- und/oder Reisekostenunterstützung von BMS, MSD, Sun Pharma, Novartis, Pierre Fabre, Klinge Pharma. P.S. erhielt Honorare Forschungs- und/oder Reisekostenunterstützung von Leo Pharma, Almirall, Galderma, Novartis, Klinge Pharma, Pierre Fabre. S.Z. und H.S. geben keine Interessenkonflikte an.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"22 10","pages":"1362-1370"},"PeriodicalIF":5.5000,"publicationDate":"2024-10-11","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15457_g","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Wenn der Patient die Wahl hat – Therapiezufriedenheit und Patientenpräferenzen bei der Behandlung aktinischer Keratosen\",\"authors\":\"Berenice M. Lang, Sebastian Zielbauer, Henner Stege, Stephan Grabbe, Petra Staubach\",\"doi\":\"10.1111/ddg.15457_g\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"<p>Bei aktinischen Keratosen (AK) handelt es sich um frühe Formen maligner epidermaler Neoplasien, deren Entstehung im Wesentlichen auf die lebenslang-kumulative Einwirkung ultravioletter Strahlung in Form von Sonnenlicht auf lichtexponierte Hautareale hellhäutiger Menschen zurückzuführen ist.<span><sup>1</sup></span> Aus histologischer Sicht handelt es sich um direkte Vorstufen invasiver Plattenepithelkarzinome (PEK) der Haut (auch <i>Carcinomata in situ</i>).<span><sup>2</sup></span> Aktinische Keratosen weisen in den westlichen Industrienationen eine sehr hohe und stetig steigende Prävalenz auf.<span><sup>3-5</sup></span> Genaue Daten sind schwer zu erheben und die Dunkelziffer ist hoch. In Deutschland wird die Prävalenz derzeit auf 2,7% aller Altersgruppen geschätzt, sie steigt aber mit zunehmendem Alter je nach Quelle bei den über 60- bis 70-Jährigen deutlich an und liegt dann im zweistelligen Prozentbereich.<span><sup>3, 4</sup></span> Darüber hinaus sind multiple AK seit 2015 in Deutschland als Berufserkrankung für Menschen, die überwiegend draußen arbeiten oder gearbeitet haben, anerkannt (BK 5103), was die gesundheitspolitischen Auswirkungen dieser Erkrankung weiter unterstreicht.<span><sup>5</sup></span></p><p>Als direkte Konsequenz der Kombination aus Häufigkeit sowie der Eigenschaft als <i>Carcinoma in situ</i> kommt der Behandlung von AK eine herausragende Stellung in der Tumorprävention zu, da durch frühzeitige Diagnose und Therapie die Entstehung eines invasiven PEK verhindert und damit auch einer möglichen Metastasierung effektiv vorgebeugt werden kann.<span><sup>6</sup></span> Allerdings gibt es aktuell keine standardisierten klinischen Marker, um einzuschätzen, welche AK sich in ein PEK transformieren. Die Progressionsrate je Einzelläsion wird in der Literatur uneinheitlich mit Werten zwischen 0,1% und 29% angegeben, was die Therapie aller Läsionen als einzig logische Konsequenz zur Folge hat.<span><sup>7</sup></span> Als Therapiestandard hat sich eine große Auswahl unterschiedlichster Methoden etabliert, die alle bei nachgewiesener therapeutischer Wirksamkeit in der konkreten Anwendung je nach Methode unterschiedliche Vor- und Nachteile für den Patienten bieten. Grundsätzlich wird hier zwischen läsionsgerichteten Verfahren zur Behandlung solitärer Läsionen und feldgerichteten Verfahren zur Behandlung einer Feldkanzerisierung unterschieden. Die physikochemisch-ablativen Verfahren sind zumeist läsionsgerichtet und beinhalten operative Therapien (Exzision, Kürettage, Shave) sowie Kryotherapie und Laserablation. Das Therapieziel ist eine physikalische (unspezifische) Destruktion der betroffenen Zellen. Bei den medikamentös-topischen Verfahren nutzt man die selektive Destruktion der atypischen Keratinozyten durch die Substanz selbst oder durch die von dieser erzeugten Immunreaktion. Zugelassene Optionen sind hierbei Imiquimod, 5-Fluoruracil, Diclofenac, Tirbanibulin (zum Zeitpunkt unserer Untersuchung noch nicht zugelassen), Ingenolmebutat (zum Zeitpunkt unserer Untersuchung noch in Deutschland zugelassen), sowie die verschiedenen Formen der photodynamischen Therapie (konventionell mit Rotlicht sowie Tageslicht). Vorteilig ist, dass eine größere Fläche im Sinne einer Feldkanzerisierung in einem Therapiezyklus behandelt werden kann. Die Endpunkte in den Zulassungsstudien beschäftigten sich neben Sicherheits- und Verträglichkeitsaspekten zumeist mit Ansprechraten, Tumorfreiheit und Rezidivrisiko innerhalb eines bestimmten Zeitraums.<span><sup>8</sup></span> Erst in den letzten Jahren wurden zunehmend auch Therapiezufriedenheit und -adhärenz in die Untersuchungen einbezogen. Therapieadhärenz bezeichnet den Grad der Genauigkeit, mit welcher Patienten, die von den Ärzten und den Patienten selbst erarbeitete Empfehlung umsetzen. Einflussfaktor ist neben sozioökonomischen, krankheitsbezogenen, systemischen und persönlichen Aspekten die Therapiezufriedenheit.<span><sup>9-11</sup></span></p><p>Ziel dieser Untersuchung war es, die vorhandenen Therapieoptionen bezüglich der Therapiezufriedenheit von Patienten zu evaluieren, um dem behandelnden Arzt bei vergleichbarer klinisch-therapeutischer Wirksamkeit eine zusätzliche Entscheidungshilfe bei der individuellen Therapieplanung zu bieten. Ferner sollten allgemeine Behandlungspräferenzen des Patientenkollektivs erfragt und abgebildet werden, um zukünftige Therapieempfehlungen personalisiert und patientenorientiert gestalten zu können.</p><p>Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine monozentrische Querschnittsdatenerhebung. Die Datenerhebung wurden auf Basis eines Fragebogens in der Zeit von November 2016 bis April 2018 in der Hautklinik der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt. Einschlusskriterien waren neben der Diagnose einer AK mindestens zwei verschiedene Vortherapien dieser Erkrankung. Als Ausschlusskriterien wurden metastasierte Hauttumoren (N1 oder M1 nach TNM-Klassifikation) in der Anamnese sowie das Vorliegen eines genetischen Syndroms mit erhöhter Hauttumorneigung (wie Xeroderma pigmentosum) festgelegt.</p><p>Der Fragebogen bestand aus drei Teilen. Im Teil A (Allgemeiner Teil) wurden Behandlungspräferenzen und therapeutische Vorlieben erfragt. Hierzu wurden vorliegende Aussagen der Kategorien Vollständigkeit der Entfernung, Rezidivfreiheit, kosmetisches Ergebnis, Nebenwirkungen, Kosten sowie Aufwand vom Patienten gewichtet (1 = sehr wichtig, 6 = nicht wichtig). Im Teil B (Spezieller Teil) wurde die zuletzt erhaltene Therapie mittels des <i>Treatment Satisfaction Questionnaire for Medication</i> (TSQM) Version II bewertet.<span><sup>12, 13</sup></span> Dieser standardisierte Fragebogen zur Therapiezufriedenheit beinhaltet elf Fragen und unterteilt sich in die vier Kategorien Wirksamkeit, Komplikation, Verträglichkeit und Gesamtzufriedenheit. Je Kategorie kann ein Wert von 0 (absolut unzufrieden) bis 100 (absolut zufrieden) erreicht werden. Zusätzlich wurde die Zufriedenheit aller angewandten Therapien mittels einer Likert-Skala per Vergabe von Schulnoten (1 = sehr zufrieden, 6 = ungenügend) abgefragt. Im Teil C (Persönlicher Teil) wurden neben demographischen Daten (Geschlecht, Alter, Krankenversicherungsstatus, Haushaltsnettoeinkommen, Ort der Berufsausübung [drinnen/draußen]) die Lebensqualität mittels des <i>Dermatology Life Quality Index</i> (DLQI) erhoben.<span><sup>14</sup></span></p><p>Demographische Daten wurden teilweise durch Anamnese, aber auch durch die elektronische Patientenakte des Krankenhausinformationssystems erhoben. Dazu gehörten das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Fragebogenerhebung und der Erstdiagnose, das Datum der Erstdiagnose, das Ausmaß des Befundes, der histologische Schweregrad sowie aktuelle und frühere Hautmalignome. Ein positives Ethikvotum der Ethikkommission des Landes Rheinland-Pfalz lag zur Durchführung dieser Untersuchung vor.</p><p>Die statistische Auswertung erfolgte pseudonymisiert mit dem Programm IBM SPSS (Version 23.0.03). Die Darstellung der deskriptiven Auswertung erfolgte mittels absoluter und relativer Häufigkeiten sowie Minima und Maxima. Die Signifikanzanalyse erfolgte nach Ausschluss möglicher Confounder mittels Welch-ANOVA-Test. Zusätzlich wurde ein Post-hoc-Test nach Games-Howell durchgeführt.</p><p>In den letzten Jahren wurden die Bedeutung der Therapiezufriedenheit und die Kenntnis der Behandlungspräferenzen der Patienten als wichtige Parameter für die Adhärenz erkannt.<span><sup>9-11</sup></span> Eine zufriedenstellende Behandlung einer Erkrankung kann nur bei ausreichender Adhärenz gelingen. Insbesondere bei der Behandlung einer Erkrankung, die – wie die AK – nur mit wenigen akuten Beschwerden einhergeht, ist es wichtig, die Bedürfnisse der Patienten zu kennen und darauf einzugehen, um sie optimal durch die Therapie zu begleiten. Auch in der dermatoonkologischen Literatur wird die Notwendigkeit der Patientenorientierung und der Erarbeitung patientenorientierter Entscheidungskriterien zunehmend deutlich.<span><sup>15, 16</sup></span> Neue Zulassungsstudien binden zumeist die Erhebung dieser Parameter mit in ihr Studiendesign ein. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Behandlungsoptionen ist allerdings noch nicht umfassend verfügbar. Das Ziel unserer Erhebung war daher, die in der Therapie von AK üblichen Verfahren von Patienten zu bewerten und gleichzeitig einen Einblick in die Bedürfnisse der Patienten zu erhalten.</p><p>Aktinische Keratosen bedürfen als Präkanzerosen von PEK einer Behandlung, wenngleich ihr Progressionsrisiko aktuell nicht vorhergesagt werden kann.<span><sup>7</sup></span> An Behandlungsmöglichkeiten sind eine Vielzahl von Therapien bekannt. Seit dem Jahr 2020 gibt es in Deutschland ergänzend eine S3-Leitlinie, welche die verschiedenen Optionen beleuchtet und bewertet.<span><sup>17, 18</sup></span> Gleichzeitig erfolgt die (Weiter-)Entwicklung neuer Verfahren und Topika in einem enormen Tempo, so dass auch oder gerade vor diesem Hintergrund das Wissen um Patientenpräferenzen im Einklang mit der objektiven Wirksamkeit dieser Medikamente Gegenstand der Betrachtung sein sollte. Allen untersuchten Therapieoptionen in unserer Erhebung war gemein, dass sie insgesamt von den Patienten durchweg als gut oder zufriedenstellend bewertet wurden (Schulnoten von 2,09 bis 3,54) und die Lebensqualität dieser Patienten nicht eingeschränkt war (medianer DLQI 1).</p><p>Unser Kollektiv entsprach mit einem mittleren Alter von 75 Jahren und einem Männeranteil von 81,0% weitestgehend der für diese Erkrankung durchschnittlichen Bevölkerung. Die Mehrzahl der Patienten hatte jedoch eine Feldkanzerisierung mit längerer Krankheitsdauer und war in der Vergangenheit bereits mehrfach therapiert worden, was den höheren Schweregrad der Erkrankung in unserer Studienpopulation erklärt.</p><p>Der TSQM bildet mit elf Fragen die Therapiezufriedenheit standardisiert in den Kategorien Gesamtzufriedenheit, Komplikationen, Wirksamkeit und Annehmlichkeit ab. In unserer Erhebung wurden hinsichtlich der Gesamtzufriedenheit insgesamt hohe Werte zwischen 53,03 ± 22,13 beziehungsweise 78,47 ± 16,07 erzielt. Einige der untersuchten Verfahren und Therapien wurden bereits in verschiedenen Studien mit dem TSQM evaluiert. Hier kam es wie bei uns zu hohen Gesamtzufriedenheitswerten.<span><sup>19-23</sup></span> Zu unterstreichen sind auch die Ergebnisse im Bereich Annehmlichkeit (75,00 ± 15,52 bis 87,50 ± 14,04) und Komplikationen (88,64 ± 10,72 bis 99,30 ± 2,40). Die Patienten erleben ihre AK-Therapien durchweg als komplikationsarm und nicht zu aufwendig. Insgesamt werden <i>patient-reported outcomes</i> zunehmend in Zulassungsstudien und nichtinterventionelle Studien mit aufgenommen, da die Wichtigkeit dieser Parameter weiter in den Mittelpunkt rückt. Unabhängige vergleichende Studien mit einer Übersicht an zugelassenen Verfahren sind kaum verfügbar.<span><sup>22, 24-27</sup></span> Die in unserer Erhebung besonders gut bewerteten Verfahren wie Operation, Ingenolmebutat und Tageslicht-PDT stellen kurze Behandlungsregime dar. Auch in großen vergleichenden Therapiestudien wurden die kürzeren Verfahren (PDT und Ingenolmebutat bei Jansen et al.; OP und PDT bei Ahmady et al.) mit einer höheren Adhärenz assoziiert.<span><sup>27, 28</sup></span> Es ist nachvollziehbar, dass diese von Patienten präferiert werden, wenn der Behandlungserfolg hoch und die Nebenwirkungsrate niedrig ist. Die konventionelle PDT mit vergleichbar kurzem Regime wurde mutmaßlich aufgrund der beträchtlichen Schmerzen deutlich schlechter bewertet.</p><p>Vergleicht man die gut bewerteten Verfahren mit den allgemeinen Patientenpräferenzen unseres Kollektivs, so wird schnell klar, warum die operativen Therapien als Favorit hervorgehen. Als oberstes Therapieziele wurden die vollständige Entfernung der Läsion sowie die Rezidivfreiheit angegeben. Dies spiegelt auch die Daten von Steeb et al. von insgesamt 403 deutschen AK-Patienten wider,<span><sup>29</sup></span> und steht im Kontrast zu Therapiestudien, bei denen oftmals das kosmetische Ergebnis der Rezidivfreiheit vorgezogen wurde.<span><sup>27, 28</sup></span> Der Paradigmenwechsel von akuter Erkrankung hin zu Chronizität der AK respektive Feldkanzerisierung sollte eine wichtige Rolle in der Patientenedukation spielen, um die Therapieziele realistisch zu setzen. Aufklärungskampagnen sollten in Zukunft darauf zielen, dass eine regelmäßige Behandlung notwendig sein wird. Im Gegensatz zu den hohen Zufriedenheitswerten für die operativen Verfahren zeigt sich in der konkreten Frage nach der präferierten Therapieform der Wunsch nach topischen Optionen. Ein denkbarer – in der Realität schon vielfach angewandter – Behandlungspfad, der dem Patientenwunsch entspräche, wäre daher das Downgrading der Läsionen mittels Topika und die darauffolgende operative Sanierung therapieresistenter Restherde.<span><sup>30</sup></span></p><p>Limitationen der hier dargestellten Daten sind in erster Linie das Kollektiv unserer schwer betroffen Klinikpatienten, was die Übertragbarkeit auf alle Patienten mit AK einschränkt. Zudem wären in Zukunft noch größere Gruppen zur Evaluation wünschenswert. Einige Verfahren wie Lasertherapie oder Peeling wurden nicht ausgewertet, da hier keine ausreichende Zahl an Patienten zur Verfügung stand. Zudem gibt es mittlerweile neue zugelassene Therapieoptionen, wie die simulierte Tageslicht-PDT oder 4%iges 5-Fluorouracil.</p><p>Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unser Kollektiv an Patienten mit ausgeprägten AK nebenwirkungsarme kurze Therapieregime präferiert, aber nur, wenn sie auch nachhaltig effektiv sind. Gerade im Kollektiv der schwer betroffenen Patienten ist eine personalisierte Medizin mit Anwendung von Verfahren, die auf die Patientenbedürfnisse ausgelegt sind, essenziell.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>B.M.L. erhielt Honorare und/oder Reisekostenunterstützung von Almirall, Biofrontera, Galderma, Leo Pharma, Pierre Fabre und Meda. S.G. erhielt Honorare, Forschungs- und/oder Reisekostenunterstützung von BMS, MSD, Sun Pharma, Novartis, Pierre Fabre, Klinge Pharma. P.S. erhielt Honorare Forschungs- und/oder Reisekostenunterstützung von Leo Pharma, Almirall, Galderma, Novartis, Klinge Pharma, Pierre Fabre. S.Z. und H.S. geben keine Interessenkonflikte an.</p>\",\"PeriodicalId\":14758,\"journal\":{\"name\":\"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft\",\"volume\":\"22 10\",\"pages\":\"1362-1370\"},\"PeriodicalIF\":5.5000,\"publicationDate\":\"2024-10-11\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15457_g\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft\",\"FirstCategoryId\":\"3\",\"ListUrlMain\":\"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15457_g\",\"RegionNum\":4,\"RegionCategory\":\"医学\",\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"Q1\",\"JCRName\":\"DERMATOLOGY\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15457_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
Wenn der Patient die Wahl hat – Therapiezufriedenheit und Patientenpräferenzen bei der Behandlung aktinischer Keratosen
Bei aktinischen Keratosen (AK) handelt es sich um frühe Formen maligner epidermaler Neoplasien, deren Entstehung im Wesentlichen auf die lebenslang-kumulative Einwirkung ultravioletter Strahlung in Form von Sonnenlicht auf lichtexponierte Hautareale hellhäutiger Menschen zurückzuführen ist.1 Aus histologischer Sicht handelt es sich um direkte Vorstufen invasiver Plattenepithelkarzinome (PEK) der Haut (auch Carcinomata in situ).2 Aktinische Keratosen weisen in den westlichen Industrienationen eine sehr hohe und stetig steigende Prävalenz auf.3-5 Genaue Daten sind schwer zu erheben und die Dunkelziffer ist hoch. In Deutschland wird die Prävalenz derzeit auf 2,7% aller Altersgruppen geschätzt, sie steigt aber mit zunehmendem Alter je nach Quelle bei den über 60- bis 70-Jährigen deutlich an und liegt dann im zweistelligen Prozentbereich.3, 4 Darüber hinaus sind multiple AK seit 2015 in Deutschland als Berufserkrankung für Menschen, die überwiegend draußen arbeiten oder gearbeitet haben, anerkannt (BK 5103), was die gesundheitspolitischen Auswirkungen dieser Erkrankung weiter unterstreicht.5
Als direkte Konsequenz der Kombination aus Häufigkeit sowie der Eigenschaft als Carcinoma in situ kommt der Behandlung von AK eine herausragende Stellung in der Tumorprävention zu, da durch frühzeitige Diagnose und Therapie die Entstehung eines invasiven PEK verhindert und damit auch einer möglichen Metastasierung effektiv vorgebeugt werden kann.6 Allerdings gibt es aktuell keine standardisierten klinischen Marker, um einzuschätzen, welche AK sich in ein PEK transformieren. Die Progressionsrate je Einzelläsion wird in der Literatur uneinheitlich mit Werten zwischen 0,1% und 29% angegeben, was die Therapie aller Läsionen als einzig logische Konsequenz zur Folge hat.7 Als Therapiestandard hat sich eine große Auswahl unterschiedlichster Methoden etabliert, die alle bei nachgewiesener therapeutischer Wirksamkeit in der konkreten Anwendung je nach Methode unterschiedliche Vor- und Nachteile für den Patienten bieten. Grundsätzlich wird hier zwischen läsionsgerichteten Verfahren zur Behandlung solitärer Läsionen und feldgerichteten Verfahren zur Behandlung einer Feldkanzerisierung unterschieden. Die physikochemisch-ablativen Verfahren sind zumeist läsionsgerichtet und beinhalten operative Therapien (Exzision, Kürettage, Shave) sowie Kryotherapie und Laserablation. Das Therapieziel ist eine physikalische (unspezifische) Destruktion der betroffenen Zellen. Bei den medikamentös-topischen Verfahren nutzt man die selektive Destruktion der atypischen Keratinozyten durch die Substanz selbst oder durch die von dieser erzeugten Immunreaktion. Zugelassene Optionen sind hierbei Imiquimod, 5-Fluoruracil, Diclofenac, Tirbanibulin (zum Zeitpunkt unserer Untersuchung noch nicht zugelassen), Ingenolmebutat (zum Zeitpunkt unserer Untersuchung noch in Deutschland zugelassen), sowie die verschiedenen Formen der photodynamischen Therapie (konventionell mit Rotlicht sowie Tageslicht). Vorteilig ist, dass eine größere Fläche im Sinne einer Feldkanzerisierung in einem Therapiezyklus behandelt werden kann. Die Endpunkte in den Zulassungsstudien beschäftigten sich neben Sicherheits- und Verträglichkeitsaspekten zumeist mit Ansprechraten, Tumorfreiheit und Rezidivrisiko innerhalb eines bestimmten Zeitraums.8 Erst in den letzten Jahren wurden zunehmend auch Therapiezufriedenheit und -adhärenz in die Untersuchungen einbezogen. Therapieadhärenz bezeichnet den Grad der Genauigkeit, mit welcher Patienten, die von den Ärzten und den Patienten selbst erarbeitete Empfehlung umsetzen. Einflussfaktor ist neben sozioökonomischen, krankheitsbezogenen, systemischen und persönlichen Aspekten die Therapiezufriedenheit.9-11
Ziel dieser Untersuchung war es, die vorhandenen Therapieoptionen bezüglich der Therapiezufriedenheit von Patienten zu evaluieren, um dem behandelnden Arzt bei vergleichbarer klinisch-therapeutischer Wirksamkeit eine zusätzliche Entscheidungshilfe bei der individuellen Therapieplanung zu bieten. Ferner sollten allgemeine Behandlungspräferenzen des Patientenkollektivs erfragt und abgebildet werden, um zukünftige Therapieempfehlungen personalisiert und patientenorientiert gestalten zu können.
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine monozentrische Querschnittsdatenerhebung. Die Datenerhebung wurden auf Basis eines Fragebogens in der Zeit von November 2016 bis April 2018 in der Hautklinik der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt. Einschlusskriterien waren neben der Diagnose einer AK mindestens zwei verschiedene Vortherapien dieser Erkrankung. Als Ausschlusskriterien wurden metastasierte Hauttumoren (N1 oder M1 nach TNM-Klassifikation) in der Anamnese sowie das Vorliegen eines genetischen Syndroms mit erhöhter Hauttumorneigung (wie Xeroderma pigmentosum) festgelegt.
Der Fragebogen bestand aus drei Teilen. Im Teil A (Allgemeiner Teil) wurden Behandlungspräferenzen und therapeutische Vorlieben erfragt. Hierzu wurden vorliegende Aussagen der Kategorien Vollständigkeit der Entfernung, Rezidivfreiheit, kosmetisches Ergebnis, Nebenwirkungen, Kosten sowie Aufwand vom Patienten gewichtet (1 = sehr wichtig, 6 = nicht wichtig). Im Teil B (Spezieller Teil) wurde die zuletzt erhaltene Therapie mittels des Treatment Satisfaction Questionnaire for Medication (TSQM) Version II bewertet.12, 13 Dieser standardisierte Fragebogen zur Therapiezufriedenheit beinhaltet elf Fragen und unterteilt sich in die vier Kategorien Wirksamkeit, Komplikation, Verträglichkeit und Gesamtzufriedenheit. Je Kategorie kann ein Wert von 0 (absolut unzufrieden) bis 100 (absolut zufrieden) erreicht werden. Zusätzlich wurde die Zufriedenheit aller angewandten Therapien mittels einer Likert-Skala per Vergabe von Schulnoten (1 = sehr zufrieden, 6 = ungenügend) abgefragt. Im Teil C (Persönlicher Teil) wurden neben demographischen Daten (Geschlecht, Alter, Krankenversicherungsstatus, Haushaltsnettoeinkommen, Ort der Berufsausübung [drinnen/draußen]) die Lebensqualität mittels des Dermatology Life Quality Index (DLQI) erhoben.14
Demographische Daten wurden teilweise durch Anamnese, aber auch durch die elektronische Patientenakte des Krankenhausinformationssystems erhoben. Dazu gehörten das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Fragebogenerhebung und der Erstdiagnose, das Datum der Erstdiagnose, das Ausmaß des Befundes, der histologische Schweregrad sowie aktuelle und frühere Hautmalignome. Ein positives Ethikvotum der Ethikkommission des Landes Rheinland-Pfalz lag zur Durchführung dieser Untersuchung vor.
Die statistische Auswertung erfolgte pseudonymisiert mit dem Programm IBM SPSS (Version 23.0.03). Die Darstellung der deskriptiven Auswertung erfolgte mittels absoluter und relativer Häufigkeiten sowie Minima und Maxima. Die Signifikanzanalyse erfolgte nach Ausschluss möglicher Confounder mittels Welch-ANOVA-Test. Zusätzlich wurde ein Post-hoc-Test nach Games-Howell durchgeführt.
In den letzten Jahren wurden die Bedeutung der Therapiezufriedenheit und die Kenntnis der Behandlungspräferenzen der Patienten als wichtige Parameter für die Adhärenz erkannt.9-11 Eine zufriedenstellende Behandlung einer Erkrankung kann nur bei ausreichender Adhärenz gelingen. Insbesondere bei der Behandlung einer Erkrankung, die – wie die AK – nur mit wenigen akuten Beschwerden einhergeht, ist es wichtig, die Bedürfnisse der Patienten zu kennen und darauf einzugehen, um sie optimal durch die Therapie zu begleiten. Auch in der dermatoonkologischen Literatur wird die Notwendigkeit der Patientenorientierung und der Erarbeitung patientenorientierter Entscheidungskriterien zunehmend deutlich.15, 16 Neue Zulassungsstudien binden zumeist die Erhebung dieser Parameter mit in ihr Studiendesign ein. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Behandlungsoptionen ist allerdings noch nicht umfassend verfügbar. Das Ziel unserer Erhebung war daher, die in der Therapie von AK üblichen Verfahren von Patienten zu bewerten und gleichzeitig einen Einblick in die Bedürfnisse der Patienten zu erhalten.
Aktinische Keratosen bedürfen als Präkanzerosen von PEK einer Behandlung, wenngleich ihr Progressionsrisiko aktuell nicht vorhergesagt werden kann.7 An Behandlungsmöglichkeiten sind eine Vielzahl von Therapien bekannt. Seit dem Jahr 2020 gibt es in Deutschland ergänzend eine S3-Leitlinie, welche die verschiedenen Optionen beleuchtet und bewertet.17, 18 Gleichzeitig erfolgt die (Weiter-)Entwicklung neuer Verfahren und Topika in einem enormen Tempo, so dass auch oder gerade vor diesem Hintergrund das Wissen um Patientenpräferenzen im Einklang mit der objektiven Wirksamkeit dieser Medikamente Gegenstand der Betrachtung sein sollte. Allen untersuchten Therapieoptionen in unserer Erhebung war gemein, dass sie insgesamt von den Patienten durchweg als gut oder zufriedenstellend bewertet wurden (Schulnoten von 2,09 bis 3,54) und die Lebensqualität dieser Patienten nicht eingeschränkt war (medianer DLQI 1).
Unser Kollektiv entsprach mit einem mittleren Alter von 75 Jahren und einem Männeranteil von 81,0% weitestgehend der für diese Erkrankung durchschnittlichen Bevölkerung. Die Mehrzahl der Patienten hatte jedoch eine Feldkanzerisierung mit längerer Krankheitsdauer und war in der Vergangenheit bereits mehrfach therapiert worden, was den höheren Schweregrad der Erkrankung in unserer Studienpopulation erklärt.
Der TSQM bildet mit elf Fragen die Therapiezufriedenheit standardisiert in den Kategorien Gesamtzufriedenheit, Komplikationen, Wirksamkeit und Annehmlichkeit ab. In unserer Erhebung wurden hinsichtlich der Gesamtzufriedenheit insgesamt hohe Werte zwischen 53,03 ± 22,13 beziehungsweise 78,47 ± 16,07 erzielt. Einige der untersuchten Verfahren und Therapien wurden bereits in verschiedenen Studien mit dem TSQM evaluiert. Hier kam es wie bei uns zu hohen Gesamtzufriedenheitswerten.19-23 Zu unterstreichen sind auch die Ergebnisse im Bereich Annehmlichkeit (75,00 ± 15,52 bis 87,50 ± 14,04) und Komplikationen (88,64 ± 10,72 bis 99,30 ± 2,40). Die Patienten erleben ihre AK-Therapien durchweg als komplikationsarm und nicht zu aufwendig. Insgesamt werden patient-reported outcomes zunehmend in Zulassungsstudien und nichtinterventionelle Studien mit aufgenommen, da die Wichtigkeit dieser Parameter weiter in den Mittelpunkt rückt. Unabhängige vergleichende Studien mit einer Übersicht an zugelassenen Verfahren sind kaum verfügbar.22, 24-27 Die in unserer Erhebung besonders gut bewerteten Verfahren wie Operation, Ingenolmebutat und Tageslicht-PDT stellen kurze Behandlungsregime dar. Auch in großen vergleichenden Therapiestudien wurden die kürzeren Verfahren (PDT und Ingenolmebutat bei Jansen et al.; OP und PDT bei Ahmady et al.) mit einer höheren Adhärenz assoziiert.27, 28 Es ist nachvollziehbar, dass diese von Patienten präferiert werden, wenn der Behandlungserfolg hoch und die Nebenwirkungsrate niedrig ist. Die konventionelle PDT mit vergleichbar kurzem Regime wurde mutmaßlich aufgrund der beträchtlichen Schmerzen deutlich schlechter bewertet.
Vergleicht man die gut bewerteten Verfahren mit den allgemeinen Patientenpräferenzen unseres Kollektivs, so wird schnell klar, warum die operativen Therapien als Favorit hervorgehen. Als oberstes Therapieziele wurden die vollständige Entfernung der Läsion sowie die Rezidivfreiheit angegeben. Dies spiegelt auch die Daten von Steeb et al. von insgesamt 403 deutschen AK-Patienten wider,29 und steht im Kontrast zu Therapiestudien, bei denen oftmals das kosmetische Ergebnis der Rezidivfreiheit vorgezogen wurde.27, 28 Der Paradigmenwechsel von akuter Erkrankung hin zu Chronizität der AK respektive Feldkanzerisierung sollte eine wichtige Rolle in der Patientenedukation spielen, um die Therapieziele realistisch zu setzen. Aufklärungskampagnen sollten in Zukunft darauf zielen, dass eine regelmäßige Behandlung notwendig sein wird. Im Gegensatz zu den hohen Zufriedenheitswerten für die operativen Verfahren zeigt sich in der konkreten Frage nach der präferierten Therapieform der Wunsch nach topischen Optionen. Ein denkbarer – in der Realität schon vielfach angewandter – Behandlungspfad, der dem Patientenwunsch entspräche, wäre daher das Downgrading der Läsionen mittels Topika und die darauffolgende operative Sanierung therapieresistenter Restherde.30
Limitationen der hier dargestellten Daten sind in erster Linie das Kollektiv unserer schwer betroffen Klinikpatienten, was die Übertragbarkeit auf alle Patienten mit AK einschränkt. Zudem wären in Zukunft noch größere Gruppen zur Evaluation wünschenswert. Einige Verfahren wie Lasertherapie oder Peeling wurden nicht ausgewertet, da hier keine ausreichende Zahl an Patienten zur Verfügung stand. Zudem gibt es mittlerweile neue zugelassene Therapieoptionen, wie die simulierte Tageslicht-PDT oder 4%iges 5-Fluorouracil.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unser Kollektiv an Patienten mit ausgeprägten AK nebenwirkungsarme kurze Therapieregime präferiert, aber nur, wenn sie auch nachhaltig effektiv sind. Gerade im Kollektiv der schwer betroffenen Patienten ist eine personalisierte Medizin mit Anwendung von Verfahren, die auf die Patientenbedürfnisse ausgelegt sind, essenziell.
Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.
B.M.L. erhielt Honorare und/oder Reisekostenunterstützung von Almirall, Biofrontera, Galderma, Leo Pharma, Pierre Fabre und Meda. S.G. erhielt Honorare, Forschungs- und/oder Reisekostenunterstützung von BMS, MSD, Sun Pharma, Novartis, Pierre Fabre, Klinge Pharma. P.S. erhielt Honorare Forschungs- und/oder Reisekostenunterstützung von Leo Pharma, Almirall, Galderma, Novartis, Klinge Pharma, Pierre Fabre. S.Z. und H.S. geben keine Interessenkonflikte an.
期刊介绍:
The JDDG publishes scientific papers from a wide range of disciplines, such as dermatovenereology, allergology, phlebology, dermatosurgery, dermatooncology, and dermatohistopathology. Also in JDDG: information on medical training, continuing education, a calendar of events, book reviews and society announcements.
Papers can be submitted in German or English language. In the print version, all articles are published in German. In the online version, all key articles are published in English.