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Für das Verhältnis zwischen Ärzt:innen und Patient:innen bedeutet dies, dass Patient:innen, die Vertrauen als Wert zu realisieren versuchen, nicht nur daran interessiert sind, dass Ärzt:innen sie auf eine medizinisch kompetente Weise behandeln, sondern dass sie von ihnen als individuelle Personen betrachtet werden möchten und dabei erwarten, dass sie so gut wie möglich ihre Perspektive einnehmen. Im Hauptteil des Textes wird die Frage diskutiert, ob KI-Technologien vertraut werden kann. Diese Frage ist zentral: Beantwortet man sie positiv, könnte das Ärzt:innen-Patient:innen-Verhältnis als Vertrauensbeziehung überflüssig werden; beantwortet man sie negativ, könnte dies die Vertrauensbeziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen direkt schädigen, weil wir davon ausgehen müssten, dass unsere Ärzt:innen sich einer Technologie bedienen, der man nicht vertrauen kann. In diesem Zusammenhang werden zwei wichtige Positionen diskutiert, die in der jüngsten Zeit von der These ausgehen, dass man KI-Anwendungen im medizinischen Bereich vertrauen kann – die Ansätze von Ferrario et al. (2021) und von Philip Nickel (2022). Es wird dafür argumentiert, dass diese Ansätze scheitern, weil sie unterstellen, dass Vertrauen überhaupt die richtige Kategorie im Hinblick auf eine Technologie wie KI ist. 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摘要
人工智能应用已成为当今医疗实践的重要组成部分。然而,它们的使用也伴随着一些问题。本文讨论了其中的一个具体问题--在医疗领域使用人工智能技术如何影响信任的问题。首先,我们重构了与信任相关的哲学难题;其次,我们解释了貌似可以理解的信任在患者与医生之间的关系中所扮演的角色。在这种情况下,我们主张始终将信任与单纯的依赖区分开来,并将其解释为一种真正的个人关系形式,在这种关系中,人们以特定的方式相互联系。就医患关系而言,这意味着试图将信任作为一种价值加以实现的患者,不仅希望医生以胜任的医疗方式对待他们,而且希望医生将他们视为独立的个体,并期望医生尽可能从他们的角度出发。文章的主要部分讨论了人工智能技术是否值得信任的问题。这个问题至关重要:如果答案是肯定的,那么医患关系作为一种信任关系就可能变得多余;如果答案是否定的,那么这可能会直接损害医患之间的信任关系,因为我们不得不假设我们的医生正在使用一种不可信任的技术。在此背景下,我们讨论了最近基于人工智能在医疗领域的应用可以被信任这一论点的两个重要立场--Ferrario 等人(2021 年)和 Philip Nickel(2022 年)的方法。本文认为,这些方法之所以失败,是因为它们首先假定信任是人工智能等技术的正确范畴。最后,本文提出了可靠性类别如何更适合我们在医学中应用人工智能的方法,并能帮助我们加强医生与患者之间的信任。
Künstliche Intelligenz und Vertrauen im medizinischen Kontext
KI-Anwendungen stellen bereits heute einen wichtigen Bestandteil der medizinischen Praxis dar. Ihr Einsatz verbindet sich allerdings mit einer Reihe von Problemen. In dem Aufsatz wird ein spezifisches dieser Probleme diskutiert – die Frage, wie Vertrauen im medizinischen Kontext durch den Einsatz von KI-Technologien betroffen ist. In einem ersten Schritt wird hierzu rekonstruiert, worin die philosophische Herausforderung besteht, die sich mit Vertrauen verbindet, und es wird zweitens erläutert, welche Rolle ein plausibel verstandenes Vertrauen im Verhältnis zwischen Patient:innen und Ärzt:innen spielt. In diesem Zusammenhang wird dafür plädiert, Vertrauen konsequent von bloßem Sich-Verlassen abzugrenzen und es als eine genuin personale Beziehungsform zu interpretieren, in der Personen sich auf eine spezifische Weise aufeinander beziehen. Für das Verhältnis zwischen Ärzt:innen und Patient:innen bedeutet dies, dass Patient:innen, die Vertrauen als Wert zu realisieren versuchen, nicht nur daran interessiert sind, dass Ärzt:innen sie auf eine medizinisch kompetente Weise behandeln, sondern dass sie von ihnen als individuelle Personen betrachtet werden möchten und dabei erwarten, dass sie so gut wie möglich ihre Perspektive einnehmen. Im Hauptteil des Textes wird die Frage diskutiert, ob KI-Technologien vertraut werden kann. Diese Frage ist zentral: Beantwortet man sie positiv, könnte das Ärzt:innen-Patient:innen-Verhältnis als Vertrauensbeziehung überflüssig werden; beantwortet man sie negativ, könnte dies die Vertrauensbeziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen direkt schädigen, weil wir davon ausgehen müssten, dass unsere Ärzt:innen sich einer Technologie bedienen, der man nicht vertrauen kann. In diesem Zusammenhang werden zwei wichtige Positionen diskutiert, die in der jüngsten Zeit von der These ausgehen, dass man KI-Anwendungen im medizinischen Bereich vertrauen kann – die Ansätze von Ferrario et al. (2021) und von Philip Nickel (2022). Es wird dafür argumentiert, dass diese Ansätze scheitern, weil sie unterstellen, dass Vertrauen überhaupt die richtige Kategorie im Hinblick auf eine Technologie wie KI ist. Abschließend wird angedeutet, inwiefern die Kategorie der Verlässlichkeit angemessener für unseren Umgang mit KI in der Medizin ist und uns dabei helfen könnte, Vertrauen zwischen Ärzt:innen und Patient:innen zu stärken.