{"title":"在电话中,我们知道了什么","authors":"J. Feldmann","doi":"10.5771/9783845294308-85","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Die Digitalisierung ist mittlerweile allgegenwärtig geworden. Während vor einiger Zeit Digitales oftmals noch als Spartenthema behandelt wurde, so ist neuerdings in nahezu allen Teilen der Gesellschaft das Bewusstsein entstanden, dass künftig digitale Technologien und Anwendungen eine immer größere Rolle in unserem Alltag einnehmen werden. Neben den üblichen Fragen nach den wirtschaftlichen Verwertungsszenarien stellt sich jedoch auch verstärkt die Frage, was Digitalisierung für die Zivilgesellschaft bedeutet. Gerade mit der zweiten Welle der Digitalisierung, die sich dadurch auszeichnete, dass die Erschaffung von Inhalten und Informationen auf immer mehr Personen verteilt wurde (das Schlagwort dazu war damals „Web 2.0“ und die Entstehung von sogenannten „Sozialen Netzwerken“ als primärem Merkmal dieser Phase), erhofften sich viele Technikbegeisterte durch die Digitalisierung eine weltweite Stärkung der Zivilgesellschaft. Bestätigung für diese These fand sich beispielsweise durch die Revolutionsbestrebungen in Nordafrika, die mitunter als „Social Media Revolution“ bezeichnet wurden (Vargas 2012). Im deutschen Kontext zeigte sich derselbe Anspruch in anderer Ausprägung beispielhaft am Erfolg der Piratenpartei, die 2011 und 2012 in mehrere Landtage einziehen konnte. Die von ihr genutzte Software „LiquidFeedback“ diente dabei dem Ansatz, möglichst basisdemokratisch zu agieren und eine möglichst hohe Anzahl an Parteimitgliedern und sonstigen Stakeholdern in die eigene Arbeit zu involvieren. Der Praxistest bewies in beiden Fällen, dass der Einsatz digitaler Technologien allein kein hinreichendes Kriterium ist, um partizipatorische Prozesse dauerhaft zu stärken. Auf die Euphorie folgte oftmals die Ernüchterung, dass demokratische Strohfeuer nicht zwangsläufig zu nachhaltigen strukturellen Veränderungen führen. Als Nebeneffekt zeigte sich auch in diesen Fällen ein zu optimistisches und durchaus naives Technologieverständnis, bei dem angenommen wird, dass durch die bloße Einführung digitaler Prozesse bereits gesellschaftliche Probleme gelöst werden. Tatsächlich deutet jedoch vieles darauf hin, dass sich die Probleme lediglich auf ein anderes Medium übertragen, nicht jedoch grundlegend gelöst werden.","PeriodicalId":110439,"journal":{"name":"Digitalisierung und Teilhabe","volume":"17 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Ethik und Digitalisierung – ein Vorgehensmodel\",\"authors\":\"J. Feldmann\",\"doi\":\"10.5771/9783845294308-85\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Die Digitalisierung ist mittlerweile allgegenwärtig geworden. Während vor einiger Zeit Digitales oftmals noch als Spartenthema behandelt wurde, so ist neuerdings in nahezu allen Teilen der Gesellschaft das Bewusstsein entstanden, dass künftig digitale Technologien und Anwendungen eine immer größere Rolle in unserem Alltag einnehmen werden. 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