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Betrachtet man das Bemühen, Menschenrechte zu schützen, aus dieser Perspektive, so verschafft es einen spezifischen und vergleichsweise neuen Zugang dazu, über die internationalen Beziehungen des 20. Jahrhunderts nachzudenken. Im Zentrum stehen dann nicht die verheerenden Kriege und großen Krisen oder die dominierenden weltpolitischen Konfliktlinien, so präsent diese als Hintergrund fraglos bleiben. Der Blick richtet sich gleichsam auf die andere Seite: auf die Diagnosen der Missstände und Mängel und die daraus hervorgehenden Bemühungen, Abhilfe zu schaffen – Gewalt einzudämmen, Leiden zu mindern oder Ungleichheiten zu beseitigen. Die Menschenrechtsgeschichte macht deutlich, dass solche Ambitionen der Weltverbesserung durchaus wirkmächtig sein konnten, verweist aber ebenso darauf, dass sie sehr unterschiedlich motiviert sein und die konkreten Zielvorstellungen stark voneinander abweichen konnten. In diesem Aufsatz möchte ich diese Zusammenhänge anhand von vier historischen Phasen näher betrachten, in denen die wahrgenommenen Verwerfungen in der internationalen Politik besonders intensive Reflexionen über eine mögliche Neuausrichtung der weltpolitischen Ordnung auslösten und menschenrechtlichen Vorstellungen eine Schlüsselfunktion zuge-","PeriodicalId":265879,"journal":{"name":"Eine Werteordnung für die Welt?","volume":"472 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":"{\"title\":\"Menschenrechte und die Gestaltung der internationalen Ordnung im 20. Jahrhundert\",\"authors\":\"Jan Eckel\",\"doi\":\"10.5771/9783845295176-263\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Während des 20. 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Menschenrechte und die Gestaltung der internationalen Ordnung im 20. Jahrhundert
Während des 20. Jahrhunderts gewann die Idee der Menschenrechte eine symbolkräftige und politisch nicht selten tragende Bedeutung für das Nachdenken darüber, wie sich eine gerechtere und friedlichere Weltordnung schaffen lasse. Im historischen Rückblick wird erkennbar, dass Politiker, Aktivisten und Intellektuelle gerade in Momenten des tiefgreifenden Umbruchs auf diese Idee rekurrierten, in denen sich die überkommenen internationalen Strukturen aufzulösen und die Voraussetzungen des politischen Handelns zu wandeln schienen. In diesen Phasen kristallisierten sich in Menschenrechtsdiskursen bisweilen ausgreifende Projekte der Gestaltung internationaler Politik, die darauf ausgerichtet waren, das internationale System auf eine neue Grundlage zu stellen, seine Unzulänglichkeiten zu beheben – oder es schlicht vor einer Katastrophe zu bewahren. Betrachtet man das Bemühen, Menschenrechte zu schützen, aus dieser Perspektive, so verschafft es einen spezifischen und vergleichsweise neuen Zugang dazu, über die internationalen Beziehungen des 20. Jahrhunderts nachzudenken. Im Zentrum stehen dann nicht die verheerenden Kriege und großen Krisen oder die dominierenden weltpolitischen Konfliktlinien, so präsent diese als Hintergrund fraglos bleiben. Der Blick richtet sich gleichsam auf die andere Seite: auf die Diagnosen der Missstände und Mängel und die daraus hervorgehenden Bemühungen, Abhilfe zu schaffen – Gewalt einzudämmen, Leiden zu mindern oder Ungleichheiten zu beseitigen. Die Menschenrechtsgeschichte macht deutlich, dass solche Ambitionen der Weltverbesserung durchaus wirkmächtig sein konnten, verweist aber ebenso darauf, dass sie sehr unterschiedlich motiviert sein und die konkreten Zielvorstellungen stark voneinander abweichen konnten. In diesem Aufsatz möchte ich diese Zusammenhänge anhand von vier historischen Phasen näher betrachten, in denen die wahrgenommenen Verwerfungen in der internationalen Politik besonders intensive Reflexionen über eine mögliche Neuausrichtung der weltpolitischen Ordnung auslösten und menschenrechtlichen Vorstellungen eine Schlüsselfunktion zuge-