{"title":"彼得·洪贝勒:一部非洲阅读和写作的书,提供了比较的评论。","authors":"U. Karpen","doi":"10.5771/2363-6270-2019-1-127","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Der Verfasser ist der bekannteste deutsche Wissenschaftler, der Verfassungen weltweit ver‐ gleicht, damit eine globale Verfassungslehre angestoßen hat und ihre Entwicklung durch re‐ gelmäßig erscheinende Untersuchungen vorantreibt. Er versteht Verfassungslehre als „Kul‐ turwissenschaft“, betrachtet also die Staatsverfassung nicht nur aus rechtswissenschaftli‐ cher, sondern auch aus literarischer, kunstwissenschaftlicher (Hymne und Symbole!), histo‐ rischer und politikwissenschaftlicher Perspektive. Er begann mit einem multidisziplinären Blick auf die deutsche Verfassung, befasste sich dann mit der „Europäischen Verfassungs‐ lehre“ (2016 in der 8. Auflage erschienen, mit Markus Kotzur), veröffentlichte viele Beiträ‐ ge zur „Lateinamerikanischen Verfassungslehre“ und wendet sich – nach Vorarbeiten – eben einer „Afrikanischen Verfassungslehre“ zu. Das überrascht den deutschen Leser, nimmt er doch – durchaus zu Recht – an, dass die rechtliche Kraft der meisten afrikani‐ schen Verfassungen gering entwickelt ist, dass die Normen im besten Falle nicht beachtet, im schlimmsten Fall so augenfällig konterkariert werden – etwa der Parlamentarismus, die Meinungsfreiheit usw. –, dass es den „Verfassungsstaat“ geradezu desavouiert. Verfas‐ sungsrecht und Verfassungswirklichkeit klaffen nirgendwo in der Welt so weit auseinander wie in vielen afrikanischen Staaten. Das sieht der Verfasser natürlich in voller Klarheit und geißelt diese Entwicklung. Gleichwohl ist es richtig, dass viele afrikanische Staaten, auch die failing oder gar failed states, sprachlich und literarisch – wie der Verfasser schreibt – „schöne“ Verfassungstexte haben, die historisch, psychologisch, pädagogisch in die Tiefe gehen, nicht zuletzt deshalb, weil sie auf dem Rechtsstoff von seit Jahrhunderten ent‐ wickelten Verfassungen aufbauen (USA, Frankreich usw.) und deren Gedankengut aufneh‐ men. Die Texte „schreiben ab“, „plagiieren“ (S. 11) und tragen so zum Reichtum der vor‐ handenen Staatsgrundgesetze bei. Der Verfasser geht sogar so weit, wiederholt festzustel‐ len, in dieser Perspektive könne die Verfassungslehre weltweit von den afrikanischen Ver‐ fassungen, die alle in jüngster Zeit entstanden sind, „lernen: Lernen von Afrika“ (S. 12). Diesen Gedankengang, die Verfassungsvergleichung könne als eine (weltweite) Wissen‐ schaftsdisziplin auf unterschiedlich entwickelten und bewährten Verfassungen(z.B. auch auf afrikanischen) aufbauen, hat Häberle in dem Begriff der „Textstufen“ zusammengefasst und in der Verfassungslehre in Deutschland und Europa zu Anerkennung und Ansehen ge‐ 127","PeriodicalId":121115,"journal":{"name":"Recht in Afrika","volume":"1 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Peter Häberle: Ein afrikanisches Verfassungs- und Lesebuch – mit vergleichender Kommentierung.\",\"authors\":\"U. 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Das überrascht den deutschen Leser, nimmt er doch – durchaus zu Recht – an, dass die rechtliche Kraft der meisten afrikani‐ schen Verfassungen gering entwickelt ist, dass die Normen im besten Falle nicht beachtet, im schlimmsten Fall so augenfällig konterkariert werden – etwa der Parlamentarismus, die Meinungsfreiheit usw. –, dass es den „Verfassungsstaat“ geradezu desavouiert. Verfas‐ sungsrecht und Verfassungswirklichkeit klaffen nirgendwo in der Welt so weit auseinander wie in vielen afrikanischen Staaten. Das sieht der Verfasser natürlich in voller Klarheit und geißelt diese Entwicklung. Gleichwohl ist es richtig, dass viele afrikanische Staaten, auch die failing oder gar failed states, sprachlich und literarisch – wie der Verfasser schreibt – „schöne“ Verfassungstexte haben, die historisch, psychologisch, pädagogisch in die Tiefe gehen, nicht zuletzt deshalb, weil sie auf dem Rechtsstoff von seit Jahrhunderten ent‐ wickelten Verfassungen aufbauen (USA, Frankreich usw.) und deren Gedankengut aufneh‐ men. Die Texte „schreiben ab“, „plagiieren“ (S. 11) und tragen so zum Reichtum der vor‐ handenen Staatsgrundgesetze bei. Der Verfasser geht sogar so weit, wiederholt festzustel‐ len, in dieser Perspektive könne die Verfassungslehre weltweit von den afrikanischen Ver‐ fassungen, die alle in jüngster Zeit entstanden sind, „lernen: Lernen von Afrika“ (S. 12). 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Peter Häberle: Ein afrikanisches Verfassungs- und Lesebuch – mit vergleichender Kommentierung.
Der Verfasser ist der bekannteste deutsche Wissenschaftler, der Verfassungen weltweit ver‐ gleicht, damit eine globale Verfassungslehre angestoßen hat und ihre Entwicklung durch re‐ gelmäßig erscheinende Untersuchungen vorantreibt. Er versteht Verfassungslehre als „Kul‐ turwissenschaft“, betrachtet also die Staatsverfassung nicht nur aus rechtswissenschaftli‐ cher, sondern auch aus literarischer, kunstwissenschaftlicher (Hymne und Symbole!), histo‐ rischer und politikwissenschaftlicher Perspektive. Er begann mit einem multidisziplinären Blick auf die deutsche Verfassung, befasste sich dann mit der „Europäischen Verfassungs‐ lehre“ (2016 in der 8. Auflage erschienen, mit Markus Kotzur), veröffentlichte viele Beiträ‐ ge zur „Lateinamerikanischen Verfassungslehre“ und wendet sich – nach Vorarbeiten – eben einer „Afrikanischen Verfassungslehre“ zu. Das überrascht den deutschen Leser, nimmt er doch – durchaus zu Recht – an, dass die rechtliche Kraft der meisten afrikani‐ schen Verfassungen gering entwickelt ist, dass die Normen im besten Falle nicht beachtet, im schlimmsten Fall so augenfällig konterkariert werden – etwa der Parlamentarismus, die Meinungsfreiheit usw. –, dass es den „Verfassungsstaat“ geradezu desavouiert. Verfas‐ sungsrecht und Verfassungswirklichkeit klaffen nirgendwo in der Welt so weit auseinander wie in vielen afrikanischen Staaten. Das sieht der Verfasser natürlich in voller Klarheit und geißelt diese Entwicklung. Gleichwohl ist es richtig, dass viele afrikanische Staaten, auch die failing oder gar failed states, sprachlich und literarisch – wie der Verfasser schreibt – „schöne“ Verfassungstexte haben, die historisch, psychologisch, pädagogisch in die Tiefe gehen, nicht zuletzt deshalb, weil sie auf dem Rechtsstoff von seit Jahrhunderten ent‐ wickelten Verfassungen aufbauen (USA, Frankreich usw.) und deren Gedankengut aufneh‐ men. Die Texte „schreiben ab“, „plagiieren“ (S. 11) und tragen so zum Reichtum der vor‐ handenen Staatsgrundgesetze bei. Der Verfasser geht sogar so weit, wiederholt festzustel‐ len, in dieser Perspektive könne die Verfassungslehre weltweit von den afrikanischen Ver‐ fassungen, die alle in jüngster Zeit entstanden sind, „lernen: Lernen von Afrika“ (S. 12). Diesen Gedankengang, die Verfassungsvergleichung könne als eine (weltweite) Wissen‐ schaftsdisziplin auf unterschiedlich entwickelten und bewährten Verfassungen(z.B. auch auf afrikanischen) aufbauen, hat Häberle in dem Begriff der „Textstufen“ zusammengefasst und in der Verfassungslehre in Deutschland und Europa zu Anerkennung und Ansehen ge‐ 127