{"title":"你是在问\"德烈的双人舞\"德语版的早期德国接待","authors":"Patrick Schnyder","doi":"10.5771/9783968216560-55","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Der Hinweis auf die Bedeutung Diderots für den deutschen Sturm und Drang ist ein fester Topos in der einschlägigen Forschung.1 Als ein Kronzeuge wird in diesem Zusammenhang immer Goethe angeführt, der seiner frühen Auseinandersetzung mit der französischen Literatur in Dichtung und Wahrheit einen längeren Abschnitt gewidmet hat. Wie er schreibt, sei er zu Beginn der 1770er Jahre für die Fortsetzung seines Jura-Studiums nicht zuletzt deshalb nach Straßburg gegangen, weil er die französische Sprache seit seiner Kindheit geliebt habe (vgl. DuW, 522).2 Doch schon bald sei es zu einer Ernüchterung gekommen. Offenbar wurde er immer wieder von Franzosen auf die Unzulänglichkeit seines an sich guten, wenn auch ein bisschen eigenwilligen Französisch hingewiesen, so dass ihm die Lust am französischen Gespräch verging. Den deutschen Landsleuten, mit denen er befreundet war, ging es nicht anders, und so kapselte sich dieser Kreis von jungen Männern zunehmend ab. Gesprochen wurde nur noch Deutsch, und man steigerte sich gegenseitig in eine Überhöhung der deutschen Kultur als eine Kultur ungekünstelter Aufrichtigkeit hinein, die hell abstach gegen die – angebliche – gezierte Unnatürlichkeit der Franzosen. Mit altersweiser Selbstironie bemerkt Goethe zu dieser jugendlichen Germanophilie:","PeriodicalId":129574,"journal":{"name":"Formen des Politischen","volume":"29 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Identifikation oder Reflexion? Zur frühen deutschen Rezeption von Diderots Erzählung Les deux amis de Bourbonne\",\"authors\":\"Patrick Schnyder\",\"doi\":\"10.5771/9783968216560-55\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Der Hinweis auf die Bedeutung Diderots für den deutschen Sturm und Drang ist ein fester Topos in der einschlägigen Forschung.1 Als ein Kronzeuge wird in diesem Zusammenhang immer Goethe angeführt, der seiner frühen Auseinandersetzung mit der französischen Literatur in Dichtung und Wahrheit einen längeren Abschnitt gewidmet hat. Wie er schreibt, sei er zu Beginn der 1770er Jahre für die Fortsetzung seines Jura-Studiums nicht zuletzt deshalb nach Straßburg gegangen, weil er die französische Sprache seit seiner Kindheit geliebt habe (vgl. DuW, 522).2 Doch schon bald sei es zu einer Ernüchterung gekommen. Offenbar wurde er immer wieder von Franzosen auf die Unzulänglichkeit seines an sich guten, wenn auch ein bisschen eigenwilligen Französisch hingewiesen, so dass ihm die Lust am französischen Gespräch verging. Den deutschen Landsleuten, mit denen er befreundet war, ging es nicht anders, und so kapselte sich dieser Kreis von jungen Männern zunehmend ab. Gesprochen wurde nur noch Deutsch, und man steigerte sich gegenseitig in eine Überhöhung der deutschen Kultur als eine Kultur ungekünstelter Aufrichtigkeit hinein, die hell abstach gegen die – angebliche – gezierte Unnatürlichkeit der Franzosen. Mit altersweiser Selbstironie bemerkt Goethe zu dieser jugendlichen Germanophilie:\",\"PeriodicalId\":129574,\"journal\":{\"name\":\"Formen des Politischen\",\"volume\":\"29 1\",\"pages\":\"0\"},\"PeriodicalIF\":0.0000,\"publicationDate\":\"1900-01-01\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Formen des Politischen\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.5771/9783968216560-55\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"\",\"JCRName\":\"\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Formen des Politischen","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783968216560-55","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
Identifikation oder Reflexion? Zur frühen deutschen Rezeption von Diderots Erzählung Les deux amis de Bourbonne
Der Hinweis auf die Bedeutung Diderots für den deutschen Sturm und Drang ist ein fester Topos in der einschlägigen Forschung.1 Als ein Kronzeuge wird in diesem Zusammenhang immer Goethe angeführt, der seiner frühen Auseinandersetzung mit der französischen Literatur in Dichtung und Wahrheit einen längeren Abschnitt gewidmet hat. Wie er schreibt, sei er zu Beginn der 1770er Jahre für die Fortsetzung seines Jura-Studiums nicht zuletzt deshalb nach Straßburg gegangen, weil er die französische Sprache seit seiner Kindheit geliebt habe (vgl. DuW, 522).2 Doch schon bald sei es zu einer Ernüchterung gekommen. Offenbar wurde er immer wieder von Franzosen auf die Unzulänglichkeit seines an sich guten, wenn auch ein bisschen eigenwilligen Französisch hingewiesen, so dass ihm die Lust am französischen Gespräch verging. Den deutschen Landsleuten, mit denen er befreundet war, ging es nicht anders, und so kapselte sich dieser Kreis von jungen Männern zunehmend ab. Gesprochen wurde nur noch Deutsch, und man steigerte sich gegenseitig in eine Überhöhung der deutschen Kultur als eine Kultur ungekünstelter Aufrichtigkeit hinein, die hell abstach gegen die – angebliche – gezierte Unnatürlichkeit der Franzosen. Mit altersweiser Selbstironie bemerkt Goethe zu dieser jugendlichen Germanophilie: