{"title":"苏鲁斯塔对地球的忠诚及意志:尼采的求爱哲学","authors":"Andrés Quero-Sánchez","doi":"10.5771/9783956505201-89","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Bereits in der Vorrede von Also sprach Zarathustra stößt man auf eine Aufforderung, der sicherlich eine zentrale Bedeutung im Nietzsches Œuvre zukommt: „Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt Denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden!“ (Za, KSA 4, S. 15).1 Diese Forderung ist als Kritik am Christentum bzw. Platonismus – allgemein: am Idealismus – zu betrachten, der Begriff Erde ist somit das Gegenstück zum idealistischen Himmel.2 Dabei bedient sich Nietzsche freilich eines für den Idealismus selbst kennzeichnenden Begriffes: Treue. Der Zusammenhang von ‚Wahrheit‘ und ‚Treue‘ ist allerdings ‚ursprünglicher‘ als irgendwelche philosophische ‚Reflexion‘ über das Wesen der Wahrheit.3 Platons Ânámnhsiß-Lehre expliziert ja das, was der Mensch schon vor jeglicher Art bewußter, theoretischer Reflexion als Wahrheit erlebt hatte: Â-l<veia heißt ja nicht nur – auch nicht primär, wie Heidegger wollte – ‚Unverborgenheit‘ bzw. ‚Entdecktheit‘,4 sondern ‚NichtVergessen‘ (Â-l<vh), d.h. ‚Erinnerung‘, ‚Treue‘. Wer an Wahrheit interessiert ist, vergißt nicht das, was wirklich ist: das ‚An-sich‘ und ‚Für-sich‘; sein Interesse richtet sich auf die Sache selbst (tó ön õntuß) – genauer: auf die Sache als Selbst – und nicht bloß auf das, wovon wir ‚jetzt‘ behaupten, daß es sei (Ä n@n eÞnaí famen),5 also nicht auf bloße ‚Dinge‘ als das ‚Brauchbare‘ (tà xr<mata). Es handelt sich dabei um ein interessen-loses Interesse, das im Nichts-Sehen das eigentliche Sein wahr-nimmt – der Idealismus liebt ja den Widerspruch.6 Der hingegen, für den","PeriodicalId":421210,"journal":{"name":"Also wie sprach Zarathustra?","volume":"25 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Zarathustras Treue zur Erde als Wille zum Willen: Friedrich Nietzsches Philosophie der Wünschbarkeit\",\"authors\":\"Andrés Quero-Sánchez\",\"doi\":\"10.5771/9783956505201-89\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Bereits in der Vorrede von Also sprach Zarathustra stößt man auf eine Aufforderung, der sicherlich eine zentrale Bedeutung im Nietzsches Œuvre zukommt: „Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt Denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden!“ (Za, KSA 4, S. 15).1 Diese Forderung ist als Kritik am Christentum bzw. Platonismus – allgemein: am Idealismus – zu betrachten, der Begriff Erde ist somit das Gegenstück zum idealistischen Himmel.2 Dabei bedient sich Nietzsche freilich eines für den Idealismus selbst kennzeichnenden Begriffes: Treue. Der Zusammenhang von ‚Wahrheit‘ und ‚Treue‘ ist allerdings ‚ursprünglicher‘ als irgendwelche philosophische ‚Reflexion‘ über das Wesen der Wahrheit.3 Platons Ânámnhsiß-Lehre expliziert ja das, was der Mensch schon vor jeglicher Art bewußter, theoretischer Reflexion als Wahrheit erlebt hatte: Â-l<veia heißt ja nicht nur – auch nicht primär, wie Heidegger wollte – ‚Unverborgenheit‘ bzw. ‚Entdecktheit‘,4 sondern ‚NichtVergessen‘ (Â-l<vh), d.h. ‚Erinnerung‘, ‚Treue‘. Wer an Wahrheit interessiert ist, vergißt nicht das, was wirklich ist: das ‚An-sich‘ und ‚Für-sich‘; sein Interesse richtet sich auf die Sache selbst (tó ön õntuß) – genauer: auf die Sache als Selbst – und nicht bloß auf das, wovon wir ‚jetzt‘ behaupten, daß es sei (Ä n@n eÞnaí famen),5 also nicht auf bloße ‚Dinge‘ als das ‚Brauchbare‘ (tà xr<mata). Es handelt sich dabei um ein interessen-loses Interesse, das im Nichts-Sehen das eigentliche Sein wahr-nimmt – der Idealismus liebt ja den Widerspruch.6 Der hingegen, für den\",\"PeriodicalId\":421210,\"journal\":{\"name\":\"Also wie sprach Zarathustra?\",\"volume\":\"25 1\",\"pages\":\"0\"},\"PeriodicalIF\":0.0000,\"publicationDate\":\"1900-01-01\",\"publicationTypes\":\"Journal Article\",\"fieldsOfStudy\":null,\"isOpenAccess\":false,\"openAccessPdf\":\"\",\"citationCount\":\"0\",\"resultStr\":null,\"platform\":\"Semanticscholar\",\"paperid\":null,\"PeriodicalName\":\"Also wie sprach Zarathustra?\",\"FirstCategoryId\":\"1085\",\"ListUrlMain\":\"https://doi.org/10.5771/9783956505201-89\",\"RegionNum\":0,\"RegionCategory\":null,\"ArticlePicture\":[],\"TitleCN\":null,\"AbstractTextCN\":null,\"PMCID\":null,\"EPubDate\":\"\",\"PubModel\":\"\",\"JCR\":\"\",\"JCRName\":\"\",\"Score\":null,\"Total\":0}","platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Also wie sprach Zarathustra?","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783956505201-89","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
Zarathustras Treue zur Erde als Wille zum Willen: Friedrich Nietzsches Philosophie der Wünschbarkeit
Bereits in der Vorrede von Also sprach Zarathustra stößt man auf eine Aufforderung, der sicherlich eine zentrale Bedeutung im Nietzsches Œuvre zukommt: „Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt Denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden!“ (Za, KSA 4, S. 15).1 Diese Forderung ist als Kritik am Christentum bzw. Platonismus – allgemein: am Idealismus – zu betrachten, der Begriff Erde ist somit das Gegenstück zum idealistischen Himmel.2 Dabei bedient sich Nietzsche freilich eines für den Idealismus selbst kennzeichnenden Begriffes: Treue. Der Zusammenhang von ‚Wahrheit‘ und ‚Treue‘ ist allerdings ‚ursprünglicher‘ als irgendwelche philosophische ‚Reflexion‘ über das Wesen der Wahrheit.3 Platons Ânámnhsiß-Lehre expliziert ja das, was der Mensch schon vor jeglicher Art bewußter, theoretischer Reflexion als Wahrheit erlebt hatte: Â-l