{"title":"魏玛德国宪法的宪法含义","authors":"T. Herbst","doi":"10.5771/9783845298726-45","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Fragt man nach dem Verfassungsbegriff, der in der Weimarer Zeit Anwendung fand, also nach der damaligen Vorstellung von dem, was die Weimarer Reichsverfassung (WRV) eigentlich ausmacht, dann erhält man eine Vielzahl unterschiedlicher Antworten – je nachdem, welche theoretische Richtung im vielstimmigen Richtungsstreit der →Staatsrechtslehre dieser Zeit man befragt. In diesem Beitrag soll versucht werden, abseits dieses Richtungsstreits eine Antwort darauf zu finden, welcher Verfassungsbegriff der WRV selbst zu eigen ist. Das ist freilich kein leichtes, eigentlich sogar ein unmögliches Unterfangen; lässt sich doch der Inhalt einer Verfassung (wie die Inhalte anderer Rechtstexte auch) kaum unabhängig vom Verständnis ihrer Interpreten ermitteln. Die Annäherung an eine Antwort auf die gestellte Frage soll durch Konzentration auf Aussagen in der Nationalversammlung und auf zeitgenössische Kommentar-, Handbuchund sonstige eher dogmatisch orientierte Literatur erfolgen. Zunächst lässt sich als Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen feststellen, dass die WRV als Verfassung von ihren Schöpfern in der Nationalversammlung wie auch in der eher dogmatisch orientierten Literatur und in der Staatspraxis als Rechtsnorm betrachtet wurde. Teile der in den Richtungsstreit involvierten staatsrechtlichen Literatur sahen dies freilich anders und unterschieden etwa „Verfassung und Verfassungsrecht“ (so der Titel der einschlägigen Schrift von Rudolf Smend) oder „Verfassung im positiven Sinne“ und „Verfassungsgesetz“ (Carl Schmitt) – nur der jeweils zweite Begriff steht in diesen (im Übrigen sehr unterschiedlichen) Theorien für die Verfassung als Rechtsnorm. Diese Sichtweisen sollen aber, wie erwähnt, im Folgenden weitgehend ausgeblendet bleiben. Damit verengt sich die Beantwortung der Eingangsfrage auf die Untersuchung, was die WRV als Rechtsnorm eigentlich ausmacht. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Wirkungsweise und die Bindungskraft der Verfassung. Inwieweit unterscheidet sie sich hier von einfachen Gesetzen, die der Reichsgesetzgeber erlässt? Dem soll im Folgenden anhand einiger Problemfelder nachgegangen werden, die auch Gegenstand der damaligen zeitgenössischen Diskussion waren.","PeriodicalId":137149,"journal":{"name":"Aufbruch zur Demokratie","volume":"96 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-11-16","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Der Verfassungsbegriff der Weimarer Reichsverfassung\",\"authors\":\"T. 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Der Verfassungsbegriff der Weimarer Reichsverfassung
Fragt man nach dem Verfassungsbegriff, der in der Weimarer Zeit Anwendung fand, also nach der damaligen Vorstellung von dem, was die Weimarer Reichsverfassung (WRV) eigentlich ausmacht, dann erhält man eine Vielzahl unterschiedlicher Antworten – je nachdem, welche theoretische Richtung im vielstimmigen Richtungsstreit der →Staatsrechtslehre dieser Zeit man befragt. In diesem Beitrag soll versucht werden, abseits dieses Richtungsstreits eine Antwort darauf zu finden, welcher Verfassungsbegriff der WRV selbst zu eigen ist. Das ist freilich kein leichtes, eigentlich sogar ein unmögliches Unterfangen; lässt sich doch der Inhalt einer Verfassung (wie die Inhalte anderer Rechtstexte auch) kaum unabhängig vom Verständnis ihrer Interpreten ermitteln. Die Annäherung an eine Antwort auf die gestellte Frage soll durch Konzentration auf Aussagen in der Nationalversammlung und auf zeitgenössische Kommentar-, Handbuchund sonstige eher dogmatisch orientierte Literatur erfolgen. Zunächst lässt sich als Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen feststellen, dass die WRV als Verfassung von ihren Schöpfern in der Nationalversammlung wie auch in der eher dogmatisch orientierten Literatur und in der Staatspraxis als Rechtsnorm betrachtet wurde. Teile der in den Richtungsstreit involvierten staatsrechtlichen Literatur sahen dies freilich anders und unterschieden etwa „Verfassung und Verfassungsrecht“ (so der Titel der einschlägigen Schrift von Rudolf Smend) oder „Verfassung im positiven Sinne“ und „Verfassungsgesetz“ (Carl Schmitt) – nur der jeweils zweite Begriff steht in diesen (im Übrigen sehr unterschiedlichen) Theorien für die Verfassung als Rechtsnorm. Diese Sichtweisen sollen aber, wie erwähnt, im Folgenden weitgehend ausgeblendet bleiben. Damit verengt sich die Beantwortung der Eingangsfrage auf die Untersuchung, was die WRV als Rechtsnorm eigentlich ausmacht. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Wirkungsweise und die Bindungskraft der Verfassung. Inwieweit unterscheidet sie sich hier von einfachen Gesetzen, die der Reichsgesetzgeber erlässt? Dem soll im Folgenden anhand einiger Problemfelder nachgegangen werden, die auch Gegenstand der damaligen zeitgenössischen Diskussion waren.