{"title":"篇","authors":"Kerstin Rühle","doi":"10.1055/a-0797-7088","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Leserbrief 1 Zweifellos ein eindrucksvoller Fallbericht. Mehrfach stand es mit dem Leben der kleinen Patientin auf Messers Schneide. Doch dann kam die Rettung: Prinzipien und Regeln! „Im vorliegenden Fall war die Frage, ob die Prinzipien homöopathischer Behandlung tatsächlich minutiös eingehalten wurden oder nicht praktisch identisch mit der Entscheidung über Leben und Tod der kleinen Patientin“ (S.137) Doch um welche Prinzipien und Regeln handelt es sich? Das wird programmatisch schon in der Einleitung angekündigt: „Die therapeutischen Möglichkeiten der Homöopathie lassen sich nur ausschöpfen: a) wenn die Gesetzmäßigkeiten der homöopathischen Behandlung exakt befolgt werden, ... die nach Art und Vorbild der Naturwissenschaften“ gewonnen worden seien. Und b) „ ... jegliche parallel durchgeführte allopathische Therapie unterbleibt.“ (S.128) Denn: „Es ergibt sich das Paradoxon, dass schulmedizinische Methoden, die gerade zur Abwehr einer unmittelbaren vitalen Gefährdung des Patienten gedacht sind, unter den Bedingungen einer lege artis durchgeführten klassisch homöopathischen Behandlung in ihr Gegenteil umschlagen ... (und) bisweilen sogar zu einer zusätzlichen akuten Gefährdung des ohnehin sich in Lebensgefahr befindlichen Patienten beitragen.“ (S.137f.) Also „Allopathie“ alleine kann helfen, Homöopathie alleine kann heilen, aber schulmedizinische Methoden in Kombination mit Homöopathie kann zu einer „akuten zusätzlichen Gefährdung des sich ohnehin in Lebensgefahr befindlichen Patienten beitragen.“ Kann man da nicht nur jedem Klinikdirektor empfehlen, an jeden Eingang ein großes Schild zu nageln „Homöopathen müssen leider draußen bleiben“? Man sollte meinen, Prof. Dr. Frass, der 12 Jahre lang die Intensivstation einer Universitätsklinik geleitet hat, hat, sollte in der Lage gewesen sein, ein derartiges „Paradoxon“ zu beobachten. Doch Prof. Dr. Frass kommt zu einem ganz anderen Schluss: „Wenn also die konventionelle Diagnostik und Therapie laufen, dann gibt es keine Situation, in der die Homöopathie nicht eingesetzt werden könnte.“ Ist also Prof. Frass zum Serientäter geworden, oder hat Dr. Thomas ein Wahrnehmungsproblem? Was war geschehen? Bei einem lebensgefährlich an Aplasie des Knochenmarks erkrankten 9 Monate altem Baby wurde am 7.11.1989 Phosphorus C200 mit gutem Erfolg gegeben. Eine Woche später, am 14.11.1989 verschlechtert sich die Situation wieder dramatisch, es kommt zu hohem Fieber und petechialen Blutungen. Statt nun, nachdem Phosphorus gut gewirkt hatte, und nachdem es keine eindeutigen Hinweise auf eine bessere Verschreibung gab, Phosphorus zu wiederholen, wird zugewartet. Warum? Wegen der Regeln. Ganz offenbar sind die Behandler– Dr. Spinedi und Dr. Künzli standen Dr. Thomas ständig beratend zur Seite – von starken Ängsten geplagt, die 35-Tage-Regel zu durchbrechen. Entsprechend der 35Tage-Regel darf eine Hochpotenz frühestens nach 35 Tagen wiederholt werden. Nachdem die Homöopathen sich in dramatisch verschlechterter Situation zu keiner Aktion durchringen können, entschließen sich gottseidank die schulmedizinischen Kollegen zu handeln, sie verabreichen am 16.11.89 einen Vitamin-B12-Stoß. Jetzt endlich kämpfen sich auch die Homöopathen zu einer heroischen Tat durch, sie durchbrechen die 35-Tage-Regel und wiederholen Phosphorus, allerdings nur in einer C30. Nachdem es nach der ersten Phosphorus C200 Gabe am 7.11.1989 innerhalb von 30 Minuten zu einer deutlichen Entspannung der Situation gekommen war, bleibt diesmal der erhoffte Erfolg aus. Die schulmedizinischen Kollegen sahen sich gezwungen, am 17.11. noch einmal ein Erythrozytenund ein Throbozytenkonzentrat zu geben. „Doch in den beiden auf die Mittelgabe folgenden Tagen, (also am 17.11 und am 18.11.1989) macht das Kind einen deutlich schlechteren, wieder schwerkranken Eindruck.“ (S.130). Und sofort meldet sich das schlechte Gewissen: „– Ist die Ursache der Verschlimmerung die erneute Gabe von Phosphorus?“ (S.131) „– Ist Phosphorus überdosiert, durch die Repitition nach so kurzer Zeit?“","PeriodicalId":371364,"journal":{"name":"Zeitschrift für Klassische Homöopathie","volume":"265 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2018-12-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":"{\"title\":\"Leserbrief\",\"authors\":\"Kerstin Rühle\",\"doi\":\"10.1055/a-0797-7088\",\"DOIUrl\":null,\"url\":null,\"abstract\":\"Leserbrief 1 Zweifellos ein eindrucksvoller Fallbericht. 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Man sollte meinen, Prof. Dr. Frass, der 12 Jahre lang die Intensivstation einer Universitätsklinik geleitet hat, hat, sollte in der Lage gewesen sein, ein derartiges „Paradoxon“ zu beobachten. Doch Prof. Dr. Frass kommt zu einem ganz anderen Schluss: „Wenn also die konventionelle Diagnostik und Therapie laufen, dann gibt es keine Situation, in der die Homöopathie nicht eingesetzt werden könnte.“ Ist also Prof. Frass zum Serientäter geworden, oder hat Dr. Thomas ein Wahrnehmungsproblem? Was war geschehen? Bei einem lebensgefährlich an Aplasie des Knochenmarks erkrankten 9 Monate altem Baby wurde am 7.11.1989 Phosphorus C200 mit gutem Erfolg gegeben. Eine Woche später, am 14.11.1989 verschlechtert sich die Situation wieder dramatisch, es kommt zu hohem Fieber und petechialen Blutungen. Statt nun, nachdem Phosphorus gut gewirkt hatte, und nachdem es keine eindeutigen Hinweise auf eine bessere Verschreibung gab, Phosphorus zu wiederholen, wird zugewartet. Warum? Wegen der Regeln. Ganz offenbar sind die Behandler– Dr. Spinedi und Dr. Künzli standen Dr. Thomas ständig beratend zur Seite – von starken Ängsten geplagt, die 35-Tage-Regel zu durchbrechen. Entsprechend der 35Tage-Regel darf eine Hochpotenz frühestens nach 35 Tagen wiederholt werden. Nachdem die Homöopathen sich in dramatisch verschlechterter Situation zu keiner Aktion durchringen können, entschließen sich gottseidank die schulmedizinischen Kollegen zu handeln, sie verabreichen am 16.11.89 einen Vitamin-B12-Stoß. Jetzt endlich kämpfen sich auch die Homöopathen zu einer heroischen Tat durch, sie durchbrechen die 35-Tage-Regel und wiederholen Phosphorus, allerdings nur in einer C30. Nachdem es nach der ersten Phosphorus C200 Gabe am 7.11.1989 innerhalb von 30 Minuten zu einer deutlichen Entspannung der Situation gekommen war, bleibt diesmal der erhoffte Erfolg aus. 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Leserbrief 1 Zweifellos ein eindrucksvoller Fallbericht. Mehrfach stand es mit dem Leben der kleinen Patientin auf Messers Schneide. Doch dann kam die Rettung: Prinzipien und Regeln! „Im vorliegenden Fall war die Frage, ob die Prinzipien homöopathischer Behandlung tatsächlich minutiös eingehalten wurden oder nicht praktisch identisch mit der Entscheidung über Leben und Tod der kleinen Patientin“ (S.137) Doch um welche Prinzipien und Regeln handelt es sich? Das wird programmatisch schon in der Einleitung angekündigt: „Die therapeutischen Möglichkeiten der Homöopathie lassen sich nur ausschöpfen: a) wenn die Gesetzmäßigkeiten der homöopathischen Behandlung exakt befolgt werden, ... die nach Art und Vorbild der Naturwissenschaften“ gewonnen worden seien. Und b) „ ... jegliche parallel durchgeführte allopathische Therapie unterbleibt.“ (S.128) Denn: „Es ergibt sich das Paradoxon, dass schulmedizinische Methoden, die gerade zur Abwehr einer unmittelbaren vitalen Gefährdung des Patienten gedacht sind, unter den Bedingungen einer lege artis durchgeführten klassisch homöopathischen Behandlung in ihr Gegenteil umschlagen ... (und) bisweilen sogar zu einer zusätzlichen akuten Gefährdung des ohnehin sich in Lebensgefahr befindlichen Patienten beitragen.“ (S.137f.) Also „Allopathie“ alleine kann helfen, Homöopathie alleine kann heilen, aber schulmedizinische Methoden in Kombination mit Homöopathie kann zu einer „akuten zusätzlichen Gefährdung des sich ohnehin in Lebensgefahr befindlichen Patienten beitragen.“ Kann man da nicht nur jedem Klinikdirektor empfehlen, an jeden Eingang ein großes Schild zu nageln „Homöopathen müssen leider draußen bleiben“? Man sollte meinen, Prof. Dr. Frass, der 12 Jahre lang die Intensivstation einer Universitätsklinik geleitet hat, hat, sollte in der Lage gewesen sein, ein derartiges „Paradoxon“ zu beobachten. Doch Prof. Dr. Frass kommt zu einem ganz anderen Schluss: „Wenn also die konventionelle Diagnostik und Therapie laufen, dann gibt es keine Situation, in der die Homöopathie nicht eingesetzt werden könnte.“ Ist also Prof. Frass zum Serientäter geworden, oder hat Dr. Thomas ein Wahrnehmungsproblem? Was war geschehen? Bei einem lebensgefährlich an Aplasie des Knochenmarks erkrankten 9 Monate altem Baby wurde am 7.11.1989 Phosphorus C200 mit gutem Erfolg gegeben. Eine Woche später, am 14.11.1989 verschlechtert sich die Situation wieder dramatisch, es kommt zu hohem Fieber und petechialen Blutungen. Statt nun, nachdem Phosphorus gut gewirkt hatte, und nachdem es keine eindeutigen Hinweise auf eine bessere Verschreibung gab, Phosphorus zu wiederholen, wird zugewartet. Warum? Wegen der Regeln. Ganz offenbar sind die Behandler– Dr. Spinedi und Dr. Künzli standen Dr. Thomas ständig beratend zur Seite – von starken Ängsten geplagt, die 35-Tage-Regel zu durchbrechen. Entsprechend der 35Tage-Regel darf eine Hochpotenz frühestens nach 35 Tagen wiederholt werden. Nachdem die Homöopathen sich in dramatisch verschlechterter Situation zu keiner Aktion durchringen können, entschließen sich gottseidank die schulmedizinischen Kollegen zu handeln, sie verabreichen am 16.11.89 einen Vitamin-B12-Stoß. Jetzt endlich kämpfen sich auch die Homöopathen zu einer heroischen Tat durch, sie durchbrechen die 35-Tage-Regel und wiederholen Phosphorus, allerdings nur in einer C30. Nachdem es nach der ersten Phosphorus C200 Gabe am 7.11.1989 innerhalb von 30 Minuten zu einer deutlichen Entspannung der Situation gekommen war, bleibt diesmal der erhoffte Erfolg aus. Die schulmedizinischen Kollegen sahen sich gezwungen, am 17.11. noch einmal ein Erythrozytenund ein Throbozytenkonzentrat zu geben. „Doch in den beiden auf die Mittelgabe folgenden Tagen, (also am 17.11 und am 18.11.1989) macht das Kind einen deutlich schlechteren, wieder schwerkranken Eindruck.“ (S.130). Und sofort meldet sich das schlechte Gewissen: „– Ist die Ursache der Verschlimmerung die erneute Gabe von Phosphorus?“ (S.131) „– Ist Phosphorus überdosiert, durch die Repitition nach so kurzer Zeit?“