Hannah Arendt: The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs. Hg. Barbara Hahn und James McFarland. Unter Mitarbeit von Ingo Kieslich und Ingeborg Nordmann. Göttingen: Wallstein, 2018. 923 S.
{"title":"Hannah Arendt: The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs. Hg. Barbara Hahn und James McFarland. Unter Mitarbeit von Ingo Kieslich und Ingeborg Nordmann. Göttingen: Wallstein, 2018. 923 S.","authors":"Johanna-Charlotte Horst","doi":"10.1515/arcadia-2020-0010","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Zu den Philosophen, so Hannah Arendt in dem berühmten Gespräch mit Günter Gaus von 1964, zähle sie auf keinen Fall. Ihr Beruf, wenn man denn davon überhaupt sprechen könne, sei politische Theorie. In The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs, dem 6. Band der im Wallstein Verlag erscheinenden Kritischen Gesamtausgabe, geht es im Wesentlichen um das Verhältnis dieser beiden Denkformen. Politische Theorie, so ließe sich zuspitzen, muss dann intellektuell Verantwortung übernehmen, wenn die Philosophie angesichts der Herausforderungen der Moderne verstummt. Die Erfahrung totalitärer Herrschaftsformen fordert ein ‚Denken ohne Geländer‘, das – um eine Formulierung Franz Rosenzweigs aufzunehmen – im Getriebe des historischen Fortgangs mitund nicht nachdenkt. Ausdruck dieses epistemologischen Programms ist Arendts beharrliche Arbeit an der konkreten Form ihres Denkens. Dessen Prozesshaftigkeit liegt in den hier zum großen Teil noch im Rohzustand befindlichen Texten offen zutage. Der Titel The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs zeigt bereits an, was dabei auf dem Spiel steht. Der Traditionsbruch in der Moderne, so lässt sich der Doppelpunkt deuten, verunmöglicht die Geschlossenheit eines Werks. Der Versuch, die Genealogie dieses Formverlusts in eine abgerundete Form zu bringen, scheitert konsequenterweise. So bestehen die drei Teile des Bandes – „The Great Tradition“, „The Modern Challenge to Tradition“, „Eine Art Buch – A book that can’t be written“ – aus immer wieder ansetzenden Entwürfen, in denen sich Formulierungen verflüssigen und neu konstellieren. Durch das Nebeneinander","PeriodicalId":43010,"journal":{"name":"ARCADIA","volume":"3 1","pages":"142 - 145"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2020-06-05","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"ARCADIA","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/arcadia-2020-0010","RegionNum":4,"RegionCategory":"文学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"LITERATURE","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Zu den Philosophen, so Hannah Arendt in dem berühmten Gespräch mit Günter Gaus von 1964, zähle sie auf keinen Fall. Ihr Beruf, wenn man denn davon überhaupt sprechen könne, sei politische Theorie. In The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs, dem 6. Band der im Wallstein Verlag erscheinenden Kritischen Gesamtausgabe, geht es im Wesentlichen um das Verhältnis dieser beiden Denkformen. Politische Theorie, so ließe sich zuspitzen, muss dann intellektuell Verantwortung übernehmen, wenn die Philosophie angesichts der Herausforderungen der Moderne verstummt. Die Erfahrung totalitärer Herrschaftsformen fordert ein ‚Denken ohne Geländer‘, das – um eine Formulierung Franz Rosenzweigs aufzunehmen – im Getriebe des historischen Fortgangs mitund nicht nachdenkt. Ausdruck dieses epistemologischen Programms ist Arendts beharrliche Arbeit an der konkreten Form ihres Denkens. Dessen Prozesshaftigkeit liegt in den hier zum großen Teil noch im Rohzustand befindlichen Texten offen zutage. Der Titel The Modern Challenge to Tradition: Fragmente eines Buchs zeigt bereits an, was dabei auf dem Spiel steht. Der Traditionsbruch in der Moderne, so lässt sich der Doppelpunkt deuten, verunmöglicht die Geschlossenheit eines Werks. Der Versuch, die Genealogie dieses Formverlusts in eine abgerundete Form zu bringen, scheitert konsequenterweise. So bestehen die drei Teile des Bandes – „The Great Tradition“, „The Modern Challenge to Tradition“, „Eine Art Buch – A book that can’t be written“ – aus immer wieder ansetzenden Entwürfen, in denen sich Formulierungen verflüssigen und neu konstellieren. Durch das Nebeneinander
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