Demokratie lebt von Argumenten, die auf nachweisbaren Fakten basieren. Lebendige Demokratien brauchen gut informierte Bürger, die relevante gesellschaftliche Fragen verstehen, diskutieren und sich in öffentliche Entscheidungsprozesse einbringen können. Dieser Aufsatz stellt in Erweiterung von Statistical Literacy eine Teildisziplin vor, die wir Zivilstatistik nennen. Zivilstatistik konzentriert sich auf das Verstehen statistischer Informationen über die Gesellschaft, wie sie von den Medien, Statistikämtern und anderen Statistikanbietern bereitgestellt werden. Die Herausforderung, Menschen zu befähigen, Sinn aus diesen Daten zu erschließen, richtet sich gleichermaßen an Bildungseinrichtungen (Schulen und Hochschulen) wie auch an Medien und Statistikanbieter. Im vorliegenden Aufsatz beschreiben wir die spezifischen Charakteristika von Zivilstatistik und begründen die Notwendigkeit dieser Teildisziplin, die im Schnittfeld von Statistik, Gesellschaftswissenschaften und – wegen ihres Bildungsauftrages – Erziehungswissenschaften liegt. Wir beschreiben ein Rahmenkonzept für Kompetenzen im Bereich Zivilstatistik und weisen auf reichhaltiges, frei verfügbares Lehr- und Lernmaterial hin, das im Rahmen einer europäischen Zusammenarbeit von sechs Hochschulen im Projekt ProCivicStat erarbeitet wurde. Aus unseren Analysen ergeben sich curriculare und bildungspolitische Empfehlungen, die diesen Aufsatz abschließen.