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Abstract
Zusammenfassung Das Problem Compliance kann von einem anderen Standpunkt aus und mit anderer Gewichtung und Zielsetzung einen neuen Namen bekommen: „Entscheidungspartizipation“ in der Patienten-Arzt-Beziehung. In der angelsächsischen Literatur wird neben anderen Empfehlungen dazu zunehmend der Begriff der „Concordanz“ angeboten. Compliance wurde lange kritisiert als Synonym für Gehorsam – „die Befolgung der Anordnungen des Arztes”. Auch wenn viele Forscher und Praktiker sorgsam versucht haben, diesen Ausdruck zu vermeiden, implizieren die Alternativen – „Adherence“ oder „Cooperation” – auch nicht sehr andere Bedeutungen als „Compliance“. David Sackett hat 1976 in seiner damals bahnbrechenden Publikation „Compliance with Therapeutic Regimes“, den Weg beschrieben, neue Aspekte der Patienten-Arzt-Beziehung zu eröffnen. In dieser Publikation klingen einfühlsame Ideen an wie die „angepaßte übereinstimmende Therapie” und die „Notwendigkeit einer fehlerfreien Annäherung“ in der therapeutischen Beziehung. Die Auseinandersetzung mit Compliance führte zur Folgerung: Es sollte mehr Zeit darauf verwendet werden, nicht nur festzustellen, welches das beste Medikament für eine bestimmte Erkrankung ist, sondern auch welches das beste Medikament für ein bestimmtes Individuum mit seinem besonderen Lebensstil und Vorlieben ist. Das Konzept der Concordance setzt einen offenen Austausch von Informationen, Ansichten, Vorerfahrungen und den Willen zur Kooperation voraus. Durch „Coaching“ und eine „nicht bewertende Einstellung“ des Arztes ist es wahrscheinlicher, dass Patienten die Einnahmegewohnheiten ihrer Medikamente oder Durchführung anderer verordneter Maßnahmen ehrlich beschreiben. Den Patienten als „Entscheidenden“ zu sehen, als denjenigen, der die Entscheidung (mit) trifft, ist ein grundsätzlicher Schritt von der Richtung des Compliancemodells weg.