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Abstract
Im Zentrum des Beitrags steht der Alkestis-Mythos in einer lateinischen Bearbeitung, die nur in der Abschrift der Blätter P.Monts. Roca inv. 158a–161a eines Miszellanpapyrus überliefert ist. Da die Abschrift, die in die 2. Hälfte des 4. Jhs. datiert wird, sich heute im Kloster Montserrat bei Barcelona befindet, rekurriert man unter dem Titel der Alcestis Barcinonensis auf den Text.1 Inhaltlich weist die Alcestis Barcinonensis neben Anlehnungen an die euripideische Alkestis-Tragödie auch Neuerungen auf wie die zusätzliche Figur der Mutter, die Konzentration auf die Argumentation für und wider den Opfertod und eine auffällige Konvergenz von Weiblichkeit und Tod in der Figur der Alcestis. Diese Neuerungen sollen im Folgenden als eine Zuspitzung der Gender-Inszenierung gegenüber der Darstellung in Euripides’ Tragödie gedeutet werden. Indem die vorgelegte Interpretation der Alcestis Barcinonensis auf die Inszenierung von Gender fokussiert, führt sie zu einer neuen Lesart einer schwer verständlichen Stelle im Vers 101 des lateinischen Textes bzw. der letzten Zeilen von P.Monts. Roca inv. 160a. In der Abschrift gibt der Vers Alcestis’ Aufforderung wieder, für den lieben Gatten zu sterben (pro coniuge caro disce mori). Wir wollen mittels der folgenden Überlegungen klären, an wen Alcestis ihre Worte richtet und wer hier tatsächlich sterben soll. Antike literarische Darstellungen des Alkestis-Mythos sind nur über Euripides und den Anonymus des lateinischen Papyrus auf uns gekommen.2 Demgegenüber stehen zahl rei che beiläufige Erwähnungen der Alkestis in der weiteren antiken Literatur.3 Platon nimmt im Symposion sogar zweimal auf Alkestis Bezug. In ihrer ersten Erwähnung in Symp. 179b–d ist sie Phaidros ein Beispiel dafür, wie Eros die Menschen zu schönen Taten ansporne. Er führt aus:
期刊介绍:
The ANTIKE UND ABENDLAND yearbook was founded immediately after the Second World War by Bruno Snell as a forum for interdisciplinary discussion of topics from Antiquity and the history of their later effects. The Editorial Board contains representatives from the disciplines of Classical Studies, Ancient History, Germanic Studies, Romance Studies and English Studies. Articles are published on classical literature and its reception, the history of science, Greek myths, classical mythology and its European heritage; in addition, there are contributions on Ancient history, art, philosophy, science, religion and their significance for the history of European culture and thought.