{"title":"Die Antäus-Sage in der Theologie der Erde von Dietrich Bonhoeffer","authors":"Michele Solitario","doi":"10.1515/anab-2022-0007","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Es ist nicht möglich, die Quellen Bonhoeffers bezüglich des Antäus-Mythos zu eruieren,1 weil diese unbekannt sind. Jedoch können die Modalitäten der Rezeption dieser Figur und deren spezifische Deutung innerhalb von Bonhoeffers gesamtem theologischem Werk nicht ohne einen kurzen Überblick über die antiken Quellen auskommen. Die Antäus-Sage ist im alten Epos nicht bezeugt, da sie überwiegend zu dem mythologischen Gedankengut gehört, das insbesondere im Rahmen der griechischen Kolonisation der nordafrikanischen Küste entstanden ist.2 In der Tat wird Antäus als libyscher König bezeichnet, der mit sorgfältiger Aufmerksamkeit sein Gebiet verwaltet und wohlwollend mit Fremden umgeht.3 Durch die allmähliche Verschärfung der Verhältnisse zwischen dem autochthonen Volk und den griechischen Ansiedlern vollzog sich auch im Charakter des Antäus ein radikaler Wandel. Dadurch wurde er von einem freundlichen Gegenüber zu einem verachteten Gegner,4 und zwar als Vertreter der libyschen Einheimischen gegen die griechischen Eindringlinge. Darüber hinaus wird in den griechischen Quellen vornehmlich darüber berichtet, dass Antäus alle Fremden seines Landes zum Ringkampf zwang, den er regelmäßig gewann. Aus den Schädeln seiner Opfer pflegte Antäus einen Tempel für seinen Vater Poseidon zu bauen, der als Zeichen seiner außerordentlichen Kraft und grausamen Natur galt.5 Denn er war einer von den Riesen, Sohn von Poseidon und Gaia,6 weshalb er fortwährend Kräfte aus der Erde erhielt, solange er diese mit seinen Füßen berührte. Die Figur des Antäus ist jedoch vor allem durch die Auseinandersetzung mit Herakles berühmt geworden, eine Episode, die zusammen mit anderen Aspekten des","PeriodicalId":42033,"journal":{"name":"ANTIKE UND ABENDLAND","volume":"68 1","pages":"127 - 148"},"PeriodicalIF":0.1000,"publicationDate":"2022-11-03","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"ANTIKE UND ABENDLAND","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/anab-2022-0007","RegionNum":4,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"0","JCRName":"CLASSICS","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Es ist nicht möglich, die Quellen Bonhoeffers bezüglich des Antäus-Mythos zu eruieren,1 weil diese unbekannt sind. Jedoch können die Modalitäten der Rezeption dieser Figur und deren spezifische Deutung innerhalb von Bonhoeffers gesamtem theologischem Werk nicht ohne einen kurzen Überblick über die antiken Quellen auskommen. Die Antäus-Sage ist im alten Epos nicht bezeugt, da sie überwiegend zu dem mythologischen Gedankengut gehört, das insbesondere im Rahmen der griechischen Kolonisation der nordafrikanischen Küste entstanden ist.2 In der Tat wird Antäus als libyscher König bezeichnet, der mit sorgfältiger Aufmerksamkeit sein Gebiet verwaltet und wohlwollend mit Fremden umgeht.3 Durch die allmähliche Verschärfung der Verhältnisse zwischen dem autochthonen Volk und den griechischen Ansiedlern vollzog sich auch im Charakter des Antäus ein radikaler Wandel. Dadurch wurde er von einem freundlichen Gegenüber zu einem verachteten Gegner,4 und zwar als Vertreter der libyschen Einheimischen gegen die griechischen Eindringlinge. Darüber hinaus wird in den griechischen Quellen vornehmlich darüber berichtet, dass Antäus alle Fremden seines Landes zum Ringkampf zwang, den er regelmäßig gewann. Aus den Schädeln seiner Opfer pflegte Antäus einen Tempel für seinen Vater Poseidon zu bauen, der als Zeichen seiner außerordentlichen Kraft und grausamen Natur galt.5 Denn er war einer von den Riesen, Sohn von Poseidon und Gaia,6 weshalb er fortwährend Kräfte aus der Erde erhielt, solange er diese mit seinen Füßen berührte. Die Figur des Antäus ist jedoch vor allem durch die Auseinandersetzung mit Herakles berühmt geworden, eine Episode, die zusammen mit anderen Aspekten des
期刊介绍:
The ANTIKE UND ABENDLAND yearbook was founded immediately after the Second World War by Bruno Snell as a forum for interdisciplinary discussion of topics from Antiquity and the history of their later effects. The Editorial Board contains representatives from the disciplines of Classical Studies, Ancient History, Germanic Studies, Romance Studies and English Studies. Articles are published on classical literature and its reception, the history of science, Greek myths, classical mythology and its European heritage; in addition, there are contributions on Ancient history, art, philosophy, science, religion and their significance for the history of European culture and thought.