{"title":"Diesseits und jenseits der “Grenzen der bloßen Vernunft”. Religiöser Pluralismus und gebildete Stände im langen 18. Jahrhundert","authors":"Frank Hatje","doi":"10.1177/16118944221077427","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"“Religiöse Lektüre können wir gar nicht finden”, notierte der Hamburger Jurist Ferdinand Beneke 1809 in sein Tagebuch. Beneke, der sich uns als typischer, wo nicht gar idealtypischer Vertreter der gebildeten Stände in seinem immensen Tagebuchcorpus präsentiert, scheiterte bei seiner Suche allerdings nicht etwa daran, dass es keine religiöse Literatur gegeben hätte. Vielmehr gefiel ihm nicht recht, was 1809 auf dem Buchmarkt zu haben war. Es “gehört zwar nicht zu dem lächerlichen VernunftReligionsEisen, aber dagegen ist es wieder etwas pietistisch geronnen, u. solch Zeug, so wenig ich bey manchen Menschen heuer dagegen habe, können Line, u. ich wenigstens nicht brauchen, denn uns verlangt nach ganz andern Harmonieen als das bloße TonleiterSpiel der Vernünftler, oder die KinderMusik der Sekten, oder die StümperPhantasien der Mystiker,—uns verlangt nach AeolsHarfenstimmen obwol schon ein schöner, herziger, feyerlicher Choral uns erfreut”. Was wir Benekes Tagebuch entnehmen können, ist, erstens, dass religiöse Literatur Bestandteil der regelmäßigen Lesestunden mit seiner Ehefrau Caroline war, deren gemeinsames Lektürepensum ansonsten von Geschichte und Naturgeschichte bis zu Jean Paul und Friedrich Schiller reichte. Zweitens war der Jurist Beneke über das Angebot religiösen Schrifttums und die verschiedenen Richtungen im Protestantismus gut unterrichtet. Seine Aufzeichnungen verraten","PeriodicalId":44275,"journal":{"name":"Journal of Modern European History","volume":"20 1","pages":"59 - 83"},"PeriodicalIF":0.3000,"publicationDate":"2022-02-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal of Modern European History","FirstCategoryId":"98","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1177/16118944221077427","RegionNum":3,"RegionCategory":"历史学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q2","JCRName":"HISTORY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
“Religiöse Lektüre können wir gar nicht finden”, notierte der Hamburger Jurist Ferdinand Beneke 1809 in sein Tagebuch. Beneke, der sich uns als typischer, wo nicht gar idealtypischer Vertreter der gebildeten Stände in seinem immensen Tagebuchcorpus präsentiert, scheiterte bei seiner Suche allerdings nicht etwa daran, dass es keine religiöse Literatur gegeben hätte. Vielmehr gefiel ihm nicht recht, was 1809 auf dem Buchmarkt zu haben war. Es “gehört zwar nicht zu dem lächerlichen VernunftReligionsEisen, aber dagegen ist es wieder etwas pietistisch geronnen, u. solch Zeug, so wenig ich bey manchen Menschen heuer dagegen habe, können Line, u. ich wenigstens nicht brauchen, denn uns verlangt nach ganz andern Harmonieen als das bloße TonleiterSpiel der Vernünftler, oder die KinderMusik der Sekten, oder die StümperPhantasien der Mystiker,—uns verlangt nach AeolsHarfenstimmen obwol schon ein schöner, herziger, feyerlicher Choral uns erfreut”. Was wir Benekes Tagebuch entnehmen können, ist, erstens, dass religiöse Literatur Bestandteil der regelmäßigen Lesestunden mit seiner Ehefrau Caroline war, deren gemeinsames Lektürepensum ansonsten von Geschichte und Naturgeschichte bis zu Jean Paul und Friedrich Schiller reichte. Zweitens war der Jurist Beneke über das Angebot religiösen Schrifttums und die verschiedenen Richtungen im Protestantismus gut unterrichtet. Seine Aufzeichnungen verraten