Johanna Stoevesandt, Marc Schmalzing, Sophia Mohme, Matthias Goebeler
{"title":"Impfen in der Dermatologie 2025: Update mit Berücksichtigung aktueller Empfehlungen der Ständigen Impfkommission","authors":"Johanna Stoevesandt, Marc Schmalzing, Sophia Mohme, Matthias Goebeler","doi":"10.1111/ddg.15785_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Die Verordnung immunsuppressiver und -modulierender Medikamente, beispielsweise zur Behandlung der Psoriasis, des atopischen Ekzems oder blasenbildender Autoimmundermatosen und die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen dermatologischen Tumorleiden ziehen spezielle Impfempfehlungen nach sich. Innerhalb des dermatologischen Fachgebietes werden darüber hinaus impfpräventable Erkrankungen, insbesondere der Herpes zoster und gelegentlich andere Virusexantheme behandelt. Umfassende Impfempfehlungen mit Relevanz in der Dermatologie wurden unter Berücksichtigung des Einflusses häufig verwendeter Immunsuppressiva und Immunmodulatoren von Mohme et al. im <i>Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft</i> 2020 zusammengestellt.<span><sup>1</sup></span> Seit der Veröffentlichung ergaben sich, nicht zuletzt infolge der COVID-19-Pandemie und eines weltweiten Mpox-Ausbruches sowie der Zulassung neuer Impfstoffe, relevante Änderungen. Die angepassten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut für Erwachsene mit besonderer Würdigung der Umsetzung bei immunkompromittierten, dermatologischen Patienten stellen den Schwerpunkt dieses Updates dar.<span><sup>2</sup></span> Tabelle 1 fasst die mit Stand 01/2025 gültigen, angepassten Empfehlungen zusammen. Vollständige Impfempfehlungen für Erwachsene (Tabelle S1, Online-Supplement) sowie ergänzend eine Übersicht zu den wichtigsten Indikationsimpfungen immunsupprimierter Kinder- und Jugendlicher (Tabelle S2, Online-Supplement) stehen als Online-Supplement zur Verfügung.</p><p>Durch eine personelle Neubesetzung ergaben sich 2024 Veränderungen auch innerhalb der STIKO selbst. So wurden zusätzlich Experten aus den Bereichen Kommunikation und Modellierung berufen und die maximale Berufungszeit auf drei jeweils dreijährige Perioden beschränkt.</p><p>Das weltweit verbreitete respiratorische Synzytial-Virus (RSV) verursacht Erkrankungen der Atemwege in jedem Lebensalter. Schwere und mitunter lebensbedrohliche Verläufe betreffen zumeist Säuglinge und Kleinkinder, insbesondere bei Koinfektion mit Bakterien, Pilzen oder anderen Viren, jedoch auch ältere, vorerkrankte und immunsupprimierte Personen.<span><sup>21</sup></span> Mit den rekombinant hergestellten Impfstoffen Arexvy<sup>®</sup> (monovalent, adjuvantiert) und Abrysvo<sup>®</sup> (bivalent) stehen seit 2023 zwei Präparate für die Schutzimpfung zur Verfügung. Der adjuvantierte Impfstoff ist ausschließlich für Personen ≥ 50 Jahren zugelassen, Abrysvo<sup>®</sup> zusätzlich für die Immunisierung Schwangerer, um deren Neugeborenen/Säuglingen einen passiven Schutz zu vermitteln. Die STIKO rät seit August 2024 zur einmaligen Standardimpfung von Personen ≥ 75 Jahren. Patienten mit angeborener oder erworbener Immundefizienz beziehungsweise schwerer chronischer Erkrankung (betreffend zum Beispiel Atmungsorgane, Nieren, Herz-Kreislaufsystem, blutbildendes System) sowie Bewohnern von Pflegeeinrichtungen wird bereits ab 60 Jahren eine RSV-Impfung angeraten (Tabelle 1).<span><sup>22</sup></span> Mit Palivizumab und seit 2022 zusätzlich Nirsevimab stehen zwei monoklonale, gegen das virale F-Protein gerichtete Antikörper für die RSV-Prophylaxe bei Säuglingen und Kleinkindern zur Verfügung. Die STIKO rät mit Beschluss vom Juni 2024 zur einmaligen Passiv-Immunisierung von Neugeborenen/Säuglingen vor Eintritt in deren erste RSV-Saison mit Nirsevimab.<span><sup>23</sup></span></p><p>Durch die rasante Entwicklung neuer Impfstoffe und die globale Impfkampagne im Rahmen der COVID-19-Pandemie wurde das Thema „Impfen“ zum Gegenstand persönlicher und politischer Auseinandersetzungen zwischen Impfbefürwortern, -gegnern und zahlreichen Unentschlossenen.<span><sup>24</sup></span> Auch Patienten mit dermatologischen Erkrankungen und/oder geplanter immunsuppressiver Therapie stehen notwendigen Impfungen nicht selten mit Skepsis gegenüber.<span><sup>25</sup></span> Für das aufklärende Gespräch stellt das RKI „Faktensandwiches“ zur Verfügung, die häufige Impfmythen und Fehlinformationen gezielt aufgreifen und durch sachliche Informationen erklärend einordnen (https://www.rki.de/DE/Themen/Infektionskrankheiten/Impfen/Informationsmaterialien/Impfmythen/falschinformationen-wirksam-aufklaeren-node.html).</p><p>Die immunsuppressive beziehungsweise -modulierende Behandlung dermatologischer Patienten macht eine regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung notwendiger Standard- und Indikationsimpfungen erforderlich.<span><sup>1</sup></span> Hautärzte sollten mit den gültigen STIKO-Empfehlungen (Tabelle 1) vertraut und sich bewusst sein, dass im Falle einer veränderten epidemiologischen Situation und/oder der Entwicklung neuer Impfstoffe regelmäßig Anpassungen vorgenommen werden, über die das <i>Epidemiologische Bulletin</i> als Publikationsorgan des RKI einmal jährlich zusammenfassend informiert.<span><sup>2</sup></span></p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>Keiner.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"23 8","pages":"925-931"},"PeriodicalIF":3.8000,"publicationDate":"2025-08-11","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15785_g","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15785_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
引用次数: 0
Abstract
Die Verordnung immunsuppressiver und -modulierender Medikamente, beispielsweise zur Behandlung der Psoriasis, des atopischen Ekzems oder blasenbildender Autoimmundermatosen und die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen dermatologischen Tumorleiden ziehen spezielle Impfempfehlungen nach sich. Innerhalb des dermatologischen Fachgebietes werden darüber hinaus impfpräventable Erkrankungen, insbesondere der Herpes zoster und gelegentlich andere Virusexantheme behandelt. Umfassende Impfempfehlungen mit Relevanz in der Dermatologie wurden unter Berücksichtigung des Einflusses häufig verwendeter Immunsuppressiva und Immunmodulatoren von Mohme et al. im Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft 2020 zusammengestellt.1 Seit der Veröffentlichung ergaben sich, nicht zuletzt infolge der COVID-19-Pandemie und eines weltweiten Mpox-Ausbruches sowie der Zulassung neuer Impfstoffe, relevante Änderungen. Die angepassten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut für Erwachsene mit besonderer Würdigung der Umsetzung bei immunkompromittierten, dermatologischen Patienten stellen den Schwerpunkt dieses Updates dar.2 Tabelle 1 fasst die mit Stand 01/2025 gültigen, angepassten Empfehlungen zusammen. Vollständige Impfempfehlungen für Erwachsene (Tabelle S1, Online-Supplement) sowie ergänzend eine Übersicht zu den wichtigsten Indikationsimpfungen immunsupprimierter Kinder- und Jugendlicher (Tabelle S2, Online-Supplement) stehen als Online-Supplement zur Verfügung.
Durch eine personelle Neubesetzung ergaben sich 2024 Veränderungen auch innerhalb der STIKO selbst. So wurden zusätzlich Experten aus den Bereichen Kommunikation und Modellierung berufen und die maximale Berufungszeit auf drei jeweils dreijährige Perioden beschränkt.
Das weltweit verbreitete respiratorische Synzytial-Virus (RSV) verursacht Erkrankungen der Atemwege in jedem Lebensalter. Schwere und mitunter lebensbedrohliche Verläufe betreffen zumeist Säuglinge und Kleinkinder, insbesondere bei Koinfektion mit Bakterien, Pilzen oder anderen Viren, jedoch auch ältere, vorerkrankte und immunsupprimierte Personen.21 Mit den rekombinant hergestellten Impfstoffen Arexvy® (monovalent, adjuvantiert) und Abrysvo® (bivalent) stehen seit 2023 zwei Präparate für die Schutzimpfung zur Verfügung. Der adjuvantierte Impfstoff ist ausschließlich für Personen ≥ 50 Jahren zugelassen, Abrysvo® zusätzlich für die Immunisierung Schwangerer, um deren Neugeborenen/Säuglingen einen passiven Schutz zu vermitteln. Die STIKO rät seit August 2024 zur einmaligen Standardimpfung von Personen ≥ 75 Jahren. Patienten mit angeborener oder erworbener Immundefizienz beziehungsweise schwerer chronischer Erkrankung (betreffend zum Beispiel Atmungsorgane, Nieren, Herz-Kreislaufsystem, blutbildendes System) sowie Bewohnern von Pflegeeinrichtungen wird bereits ab 60 Jahren eine RSV-Impfung angeraten (Tabelle 1).22 Mit Palivizumab und seit 2022 zusätzlich Nirsevimab stehen zwei monoklonale, gegen das virale F-Protein gerichtete Antikörper für die RSV-Prophylaxe bei Säuglingen und Kleinkindern zur Verfügung. Die STIKO rät mit Beschluss vom Juni 2024 zur einmaligen Passiv-Immunisierung von Neugeborenen/Säuglingen vor Eintritt in deren erste RSV-Saison mit Nirsevimab.23
Durch die rasante Entwicklung neuer Impfstoffe und die globale Impfkampagne im Rahmen der COVID-19-Pandemie wurde das Thema „Impfen“ zum Gegenstand persönlicher und politischer Auseinandersetzungen zwischen Impfbefürwortern, -gegnern und zahlreichen Unentschlossenen.24 Auch Patienten mit dermatologischen Erkrankungen und/oder geplanter immunsuppressiver Therapie stehen notwendigen Impfungen nicht selten mit Skepsis gegenüber.25 Für das aufklärende Gespräch stellt das RKI „Faktensandwiches“ zur Verfügung, die häufige Impfmythen und Fehlinformationen gezielt aufgreifen und durch sachliche Informationen erklärend einordnen (https://www.rki.de/DE/Themen/Infektionskrankheiten/Impfen/Informationsmaterialien/Impfmythen/falschinformationen-wirksam-aufklaeren-node.html).
Die immunsuppressive beziehungsweise -modulierende Behandlung dermatologischer Patienten macht eine regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung notwendiger Standard- und Indikationsimpfungen erforderlich.1 Hautärzte sollten mit den gültigen STIKO-Empfehlungen (Tabelle 1) vertraut und sich bewusst sein, dass im Falle einer veränderten epidemiologischen Situation und/oder der Entwicklung neuer Impfstoffe regelmäßig Anpassungen vorgenommen werden, über die das Epidemiologische Bulletin als Publikationsorgan des RKI einmal jährlich zusammenfassend informiert.2
Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.
期刊介绍:
The JDDG publishes scientific papers from a wide range of disciplines, such as dermatovenereology, allergology, phlebology, dermatosurgery, dermatooncology, and dermatohistopathology. Also in JDDG: information on medical training, continuing education, a calendar of events, book reviews and society announcements.
Papers can be submitted in German or English language. In the print version, all articles are published in German. In the online version, all key articles are published in English.