Julia Huynh, Thomas Eigentler, Rose K. C. Moritz, Gabriela Poch, Max Schlaak, Gabor Dobos
{"title":"Cetuximab in Kombination mit 5-Fluorouracil bei Patienten mit fortgeschrittenem kutanem Plattenepithelkarzinom: eine retrospektive Kohortenstudie","authors":"Julia Huynh, Thomas Eigentler, Rose K. C. Moritz, Gabriela Poch, Max Schlaak, Gabor Dobos","doi":"10.1111/ddg.15695_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Das kutane Plattenepithelkarzinom (PEK) ist der am zweithäufigsten diagnostizierte Hautkrebs in der hellhäutigen Bevölkerung mit steigender Inzidenz. Chronische UV-Exposition, fortgeschrittenes Alter und Immunsuppression sind Risikofaktoren für ein kutanes PEK.<span><sup>1-3</sup></span></p><p>Es sind klinische (Lokalisation, horizontaler Tumordurchmesser und Immunsuppression) und histopathologische (vertikale Tumordicke, Desmoplasie, Differenzierungsgrad, perineurales Wachstum) Risikofaktoren für Metastasierung und das krankheitsspezifische Überleben bekannt.<span><sup>4</sup></span></p><p>Die Behandlung des kutanen PEK erfolgt nach den aktuellen europäischen und deutschen Leitlinien.<span><sup>5, 6</sup></span> Für Patienten mit metastasiertem und lokal fortgeschrittenem PEK, bei denen eine kurative Operation und/oder Strahlentherapie nicht möglich ist, wird eine Immuntherapie mit den PD1-Antikörpern Cemiplimab oder Pembrolizumab als systemische Erstlinientherapie empfohlen.<span><sup>7</sup></span> Bei immunsupprimierten Patienten nach einer Organtransplantation besteht ein erhöhtes Risiko für eine Metastasierung. Eine systemische Therapie mit Cemiplimab ist bei ihnen aufgrund des Risikos einer Organabstoßung oder einer Graft-versus-Host-Erkrankung kontraindiziert.<span><sup>8</sup></span> Für diese Patienten und für Patienten, die unter einer Anti-PD-1-Therapie progredient sind, müssen alternative Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden.</p><p>Es liegen Daten zu verschiedenen Mono- oder Polychemotherapieprotokollen vor, jedoch waren die Ansprechraten und die Dauer des Ansprechens unbefriedigend.<span><sup>9</sup></span> Polychemotherapien scheinen wirksamer zu sein als Monochemotherapien, aber es werden häufiger Nebenwirkungen beobachtet. Die Toxizität kann bei dem älteren Patientenklientel mit Komorbidität problematisch sein. Die platinbasierte Chemotherapie ist eine Therapieoption für die Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten PEK.<span><sup>10</sup></span></p><p>5-Fluorouracil (5-FU)-basierte Therapieprotokolle scheinen eine Option für Patienten mit fortgeschrittenem PEK zu sein, bei denen eine Anti-PD-1-Therapie kontraindiziert ist oder deren Tumor unter Anti-PD-1 progredient ist.</p><p>Die intravenöse Gabe von 5-FU ist eine gängige Therapie des kolorektalen Karzinoms. Die Toxizität ist dosisabhängig, sodass es auch für ältere Patienten in Frage kommt. Topisches 5-FU wird häufig bei aktinischen Keratosen eingesetzt und erzielt gute Ansprechraten. Auch für 5-FU bei kutanem PEK gibt es in der Literatur einige Daten.<span><sup>11-13</sup></span> Es gibt jedoch keine systemischen Chemotherapien, die für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem PEK zugelassen sind.<span><sup>6</sup></span></p><p>Der EGFR-Inhibitor Cetuximab wird in Kombination mit einer Strahlentherapie oder einer platinbasierten Chemotherapie für das lokal fortgeschrittene oder metastasierte PEK im Kopf- und Halsbereich empfohlen. Die Kombination von Cetuximab und einer Strahlentherapie führte zu einer Krankheitskontrollrate von 92% und einer Ansprechrate von 53%. Das progressionsfreie Überleben betrug jedoch nur 5,7 Monate.<span><sup>14</sup></span></p><p>Die aktuelle europäischen Leitlinie empfiehlt den EGFR-Inhibitoren in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie als off-label Zweitlinientherapie für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem PEK.<span><sup>6</sup></span> Es gibt wenig Daten über die Kombination von Anti-EGFR und Chemotherapie und unseres Wissens keine Daten über die Kombination von Cetuximab und 5-FU.</p><p>Ziel dieser retrospektiven Studie war es, die Daten von 20 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem PEK, die eine Kombination aus 5-FU und Cetuximab erhielten, zu analysieren und die Ansprechraten, das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben zu bestimmen.</p><p>Dies ist die erste Studie zum Einsatz der Kombination von 5-FU und Cetuximab bei Patienten mit fortgeschrittenem kutanen PEK. Wir stellen unsere Ergebnisse zur Wirksamkeit und Toxizität vor und vergleichen sie mit anderen Behandlungsoptionen. Die Kombination ist eine Alternative für Patienten, bei denen eine Erstlinienbehandlung mit Cemiplimab kontraindiziert ist, wie zum Beispiel bei immunsupprimierten Patienten oder Patienten mit Progression unter Anti-PD-1, die einen erheblichen Anteil der Patienten mit fortgeschrittenem PEK ausmachen. Die Behandlungsmöglichkeiten für dieses Patientenklientel sind sehr begrenzt.</p><p>Das mediane Alter bei Erstdiagnose lag in unserer Patientenkohorte bei 74 Jahren (Bereich: 50–83). Damit handelt es sich um eine überwiegend ältere Kohorte von Patienten mit PEK. Die Hälfte unserer Patienten war immunsupprimiert. Davon waren 50% nierentransplantiert. Bei drei Patienten wurde eine chronische lymphatische Leukämie diagnostiziert, und ein Patient hatte eine Myelofibrose, die mit Ruxolitinib behandelt wurde. Eine Granulomatose mit Polyangiitis lag bei einem Patienten vor. Diese wurde mit Azathioprin behandelt. Neben einer hohen kumulativen UV-Exposition und einem hellen Hauttyp ist eine Immunsuppression ein Risikofaktor für die Entwicklung von nichtmelanozytärem Hautkrebs.<span><sup>17, 18</sup></span> Eine vorliegende Immunsuppression ist auch ein prognostischer Faktor für Metastasierung und das krankheitsspezifische Überleben. Weitere prognostische Faktoren sind: vertikale Tumordicke, Desmoplasie, Differenzierungsgrad, perineurales Wachstum (histopathologische Risikofaktoren), Lokalisation und horizontaler Tumordurchmesser (klinische Risikofaktoren).<span><sup>15</sup></span> Die systemische Behandlung bei immunsupprimierten Patienten stellt eine Herausforderung dar, da die Erstlinienbehandlung mit Cemiplimab zu schweren Komplikationen wie einer Graft-versus-Host-Reaktion oder einer Organabstoßung führen kann.<span><sup>8</sup></span> Für Patienten mit einem Tumorprogress unter der Therapie mit Cemiplimab oder mit Kontraindikationen ist die Kombination aus 5-FU und Cetuximab eine Off-Label-Therapieoption.<span><sup>6</sup></span></p><p>Wir konnten keine klinischen Parameter identifizieren, die das Ansprechen auf Cetuximab und 5-FU bei den acht Patienten vorhersagen konnten, die unter Anti-PD-1 progredient waren. Hämatoonkologische Diagnosen oder eine Lokalisation des Tumors in nicht chronisch sonnenexponierten Arealen waren bei den Patienten mit progredienter Erkrankung nicht häufiger vorliegend als bei den Patienten mit stabiler Erkrankung.</p><p>In unserer Patientengruppe, welche die Kombination als Erstlinienbehandlung aufgrund des Zustands nach Organtransplantation erhielt, konnten wir ebenfalls keine klinischen Parameter für das Ansprechen auf die Therapie bestimmen. Die immunsuppressive Medikation bei den Patienten mit Progress unterschied sich nicht von den anderen Patienten mit stabiler Erkrankung. Die Zeit zwischen der Transplantation/dem Beginn der Immunsuppression und dem Beginn der Therapie war bei den Patienten mit Progress kürzer als bei den Patienten mit stabiler Erkrankung.</p><p>Der PD1-Antikörper Cemiplimab wird in der aktuellen europäischen Leitlinie als Erstlinientherapie für Patienten mit fortgeschrittenem PEK empfohlen. Eine kombinierte Therapie mit Anti-EGFR- und Radio-/Chemotherapie wird für Patienten mit Kontraindikationen für eine Immuntherapie empfohlen.<span><sup>6</sup></span> Es liegen keine randomisierten prospektiven Studien zum Vergleich von zielgerichteten Therapien und Chemotherapie bei Patienten mit kutanem PEK vor. Nach unserem Wissen gibt es außerdem keine retrospektiven oder prospektiven Daten in der Literatur über die Ansprechraten auf die Kombination von 5-FU und Cetuximab. In unserer Studie lag die Ansprechrate bei 5%. Einer unserer Patienten hatte ein partielles Ansprechen und 9/20 Patienten hatten eine stabile Erkrankung unter der Therapie.</p><p>Die Krankheitskontrollrate lag bei 50%. Das mediane Gesamtüberleben betrug 29 Monate (95%-KI 11–nicht erreicht) und das mediane progressionsfreie Überleben betrug 3 Monate (95%-KI 2–nicht erreicht). Cetuximab und 5-FU war bei 45% unserer Patienten als Zweitlinientherapie nach PD-1- oder Radiochemotherapie eingesetzt worden.</p><p>In der Literatur variieren die Daten zum Ansprechen auf Mono- und Polychemotherapieschemata. Die Ansprechraten der Chemotherapie bei fortgeschrittenem PEK liegen in Phase-II-Studien in der Literatur zwischen 17% und 84%.<span><sup>10, 19-21</sup></span> Kramb et al. zeigten in ihrem Patientenkollektiv eine Gesamtansprechrate von nur 17,4%.<span><sup>21</sup></span> Guthrie et al. zeigten bei 28 Patienten, die mit einer Chemotherapie auf Cisplatinbasis behandelt wurden, ein vollständiges Ansprechen bei 28% und ein teilweises Ansprechen bei 40%. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 15 Monate.<span><sup>10</sup></span></p><p>Der Antimetabolit 5-FU, ein Pyrimidinanalogon, wird als Monotherapie oder in Kombinationen zur Behandlung von Magen-Darm-, Brust- sowie Kopf- und Halstumoren eingesetzt. Capecitabin, sein orales Prodrug, ist für die Behandlung von Brust-, Magen- und Dickdarmkrebs zugelassen.<span><sup>13, 15, 22</sup></span> Cartei et al. zeigten in ihrer Kohorte von Patienten mit kutanem PEK, die mit oralem 5-FU behandelt wurden, eine Verbesserung bei 9/14 Patienten mit einer medianen Dauer von mehr als 30 Wochen.<span><sup>11</sup></span> Das Ansprechen auf Chemotherapien ist oft begrenzt mit einem kurzen Gesamtüberleben und einem kurzen progressionsfreien Überleben. Die Toxizität kann limitierend sein, da Patienten mit PEK oft älter sind und keine nebenwirkungsreichen Therapien erhalten können.</p><p>Montaudie et al. beschrieben eine Ansprechrate von 53% und eine Krankheitskontrollrate von 87% bei PEK-Patienten, die mit Cetuximab behandelt wurden. In dieser Studie wurde Cetuximab bei den meisten Patienten als Erstlinientherapie eingesetzt, somit sind die Daten mit unserer Patientenkohorte nicht vergleichbar.<span><sup>23</sup></span> Hillen et al. berichteten über eine Ansprechrate von 20% und Maubec et al. über eine Ansprechrate von 28% und eine Krankheitskontrollrate von 69% in ihrer Phase-II-Studie zur Erstlinienbehandlung mit Cetuximab.<span><sup>24, 25</sup></span></p><p>In der Studie von Kamb et al. betrug die Gesamtansprechrate auf eine Kombination aus Cetuximab und Chemotherapie 14,3% bei 14 Patienten. Das mediane progressionsfreie Überleben aller Patienten (jede Therapie) in dieser retrospektiven Studie betrug 15 Wochen, was mit unseren Ergebnissen vergleichbar ist.<span><sup>21</sup></span> Casassa et al. zeigten in ihrer retrospektiven Analyse von 14 Patienten mit PEK, die mit Cetuximab und Paclitaxel behandelt wurden, ein medianes progressionsfreies Überleben von 6 Monaten, aber die Therapie war nebenwirkungsreicher als bei unserer Studie.<span><sup>26</sup></span> Gold et al. zeigten in einer Phase-II-Studie mit 29 Patienten mit kutanem PEK, die mit dem EGFR-Inhibitor Erlotinib behandelt wurden, eine Gesamtansprechrate von 10% und eine Krankheitskontrollrate von 72%. Vorab erfolgten Bestrahlung, Operation und/oder Chemotherapie.<span><sup>27</sup></span></p><p>In der Keynote-629-Studie wurde bei 105 Patienten, die mit dem PD-1-Antikörper Pembrolizumab behandelt wurden, eine Gesamtansprechrate von 34,3% und eine Krankheitskontrollrate von 52,4% ermittelt, wobei 87% der Patienten zuvor bereits eine Systemtherapie erhalten hatten.<span><sup>28</sup></span> Die Ansprechraten von Cemiplimab beim metastasierten PEK waren deutlich höher als von anderen Systemtherapien. Migden et al. berichteten über die beste Gesamtansprechrate von 50% in der Phase-I-Kohorte und 48% in der Phase-II-Kohorte. 7% hatten eine komplette Remission. Das mediane krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben wurden zum Zeitpunkt der Datenauswertung nicht erreicht.<span><sup>29</sup></span></p><p>Checkpoint-Inhibitoren nach einer Organtransplantation können zu einer Abstoßungsreaktion führen. In der Übersichtsarbeit von Fisher et al. kam es bei 37% der Patienten, die mit Checkpoint-Inhibitoren behandelt wurden zu einer Transplantatabstoßung und 14% starben an den Folgen.<span><sup>30</sup></span> Für die Immuntherapie bei Patienten mit hämatologischen Malignomen, wie zum Beispiel chronischer lymphatischer Leukämie, liegen wenige Daten vor.<span><sup>31</sup></span> Wir haben in unserer Klinik bei diesen Patienten niedrige Ansprechraten beobachtet.</p><p>In der Literatur wird ein schlechteres Ansprechen auf Cemiplimab von Patienten mit einem Primarius in nicht chronisch sonnenexponierten Hautarealen beschrieben. Die Kombination aus Cetuximab und 5-FU ist eine Option für dieses Patientenklientel.<span><sup>32</sup></span></p><p>In unserer Studienkohorte wurden bei 45% der Patienten unerwünschte Ereignisse beobachtet. Das akneiforme Exanthem war bei 8/20 Patienten die häufigste Nebenwirkung. Dereure et al. beschrieben eine akneiforme Dermatitis bei 57% der mit Cetuximab oder Cetuximab und Cisplatin behandelten Patienten.<span><sup>33</sup></span> Häufige kutane Nebenwirkungen von EGFR-Inhibitoren sind akneiforme Exantheme, Xerosis cutis und Paronychien, welche die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen können. Über 80% der mit EGFR-Inhibitoren behandelten Patienten entwickeln papulopustulöse Läsionen im Gesicht oder am oberen Rumpf. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören topische Akne- oder Rosazea-Therapien, systemische Antibiotika (Doxycyclin 200 mg täglich oder Minocyclin 100 mg täglich) oder Isotretinoin (10–20 mg täglich).<span><sup>34, 35</sup></span> In ihrer prospektiven Studie an 36 Patienten mit fortgeschrittenem PEK, die Cetuximab erhielten, berichteten Maubec et al. über Infektionen (22%) und Blutungen (11%) als häufigste Nebenwirkungen.<span><sup>25</sup></span></p><p>In unserer Studie musste ein Patient die Behandlung aufgrund von Myelosuppression abbrechen. Die Myelosuppression ist neben Diarrhoe und Mukositis eine der häufigsten Nebenwirkungen der 5-FU-Chemotherapie.<span><sup>36</sup></span> Kardiotoxizität von 5-FU und Capecitabin wurde in der Literatur ebenfalls beschrieben. Leichte Symptome wie Brustschmerzen oder Hypotonie treten bei 0%–20% der Patienten auf, während eine schwere symptomatische Kardiotoxizität mit kardiogenem Schock bei ≤ 2% während der Fluorouracil-Behandlung auftritt.<span><sup>37</sup></span> Bei unseren Patienten wurden keine kardiovaskulären Ereignisse dokumentiert.</p><p>Eine Limitation dieser Studie ist das retrospektive Studiendesign und die geringe Patientenzahl. Darüber hinaus konnte das krankheitsspezifische Überleben nicht für alle Patienten genau bestimmt werden. Angaben zur Todesursache fehlten häufig, da die Patienten außerhalb unserer Klinik starben oder die genaue Todesursache nicht dokumentiert war. Außerdem waren die Patienten häufig multimorbide, was die Bestimmung der genauen Todesursache erschwerte. Daher wurde lediglich das Gesamtüberleben und nicht das krankheitsspezifische Überleben berechnet.</p><p>Wir danken Fenja Grimm von der Zytostatika-Apotheke der Charité Berlin für ihre Unterstützung bei der Datenerhebung und Dr. med. Vincent Walter für seine Unterstützung bei der Datenanalyse.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>Keiner.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"23 8","pages":"932-940"},"PeriodicalIF":3.8000,"publicationDate":"2025-08-11","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15695_g","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15695_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Das kutane Plattenepithelkarzinom (PEK) ist der am zweithäufigsten diagnostizierte Hautkrebs in der hellhäutigen Bevölkerung mit steigender Inzidenz. Chronische UV-Exposition, fortgeschrittenes Alter und Immunsuppression sind Risikofaktoren für ein kutanes PEK.1-3
Es sind klinische (Lokalisation, horizontaler Tumordurchmesser und Immunsuppression) und histopathologische (vertikale Tumordicke, Desmoplasie, Differenzierungsgrad, perineurales Wachstum) Risikofaktoren für Metastasierung und das krankheitsspezifische Überleben bekannt.4
Die Behandlung des kutanen PEK erfolgt nach den aktuellen europäischen und deutschen Leitlinien.5, 6 Für Patienten mit metastasiertem und lokal fortgeschrittenem PEK, bei denen eine kurative Operation und/oder Strahlentherapie nicht möglich ist, wird eine Immuntherapie mit den PD1-Antikörpern Cemiplimab oder Pembrolizumab als systemische Erstlinientherapie empfohlen.7 Bei immunsupprimierten Patienten nach einer Organtransplantation besteht ein erhöhtes Risiko für eine Metastasierung. Eine systemische Therapie mit Cemiplimab ist bei ihnen aufgrund des Risikos einer Organabstoßung oder einer Graft-versus-Host-Erkrankung kontraindiziert.8 Für diese Patienten und für Patienten, die unter einer Anti-PD-1-Therapie progredient sind, müssen alternative Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden.
Es liegen Daten zu verschiedenen Mono- oder Polychemotherapieprotokollen vor, jedoch waren die Ansprechraten und die Dauer des Ansprechens unbefriedigend.9 Polychemotherapien scheinen wirksamer zu sein als Monochemotherapien, aber es werden häufiger Nebenwirkungen beobachtet. Die Toxizität kann bei dem älteren Patientenklientel mit Komorbidität problematisch sein. Die platinbasierte Chemotherapie ist eine Therapieoption für die Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten PEK.10
5-Fluorouracil (5-FU)-basierte Therapieprotokolle scheinen eine Option für Patienten mit fortgeschrittenem PEK zu sein, bei denen eine Anti-PD-1-Therapie kontraindiziert ist oder deren Tumor unter Anti-PD-1 progredient ist.
Die intravenöse Gabe von 5-FU ist eine gängige Therapie des kolorektalen Karzinoms. Die Toxizität ist dosisabhängig, sodass es auch für ältere Patienten in Frage kommt. Topisches 5-FU wird häufig bei aktinischen Keratosen eingesetzt und erzielt gute Ansprechraten. Auch für 5-FU bei kutanem PEK gibt es in der Literatur einige Daten.11-13 Es gibt jedoch keine systemischen Chemotherapien, die für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem PEK zugelassen sind.6
Der EGFR-Inhibitor Cetuximab wird in Kombination mit einer Strahlentherapie oder einer platinbasierten Chemotherapie für das lokal fortgeschrittene oder metastasierte PEK im Kopf- und Halsbereich empfohlen. Die Kombination von Cetuximab und einer Strahlentherapie führte zu einer Krankheitskontrollrate von 92% und einer Ansprechrate von 53%. Das progressionsfreie Überleben betrug jedoch nur 5,7 Monate.14
Die aktuelle europäischen Leitlinie empfiehlt den EGFR-Inhibitoren in Kombination mit Chemo- oder Strahlentherapie als off-label Zweitlinientherapie für Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem PEK.6 Es gibt wenig Daten über die Kombination von Anti-EGFR und Chemotherapie und unseres Wissens keine Daten über die Kombination von Cetuximab und 5-FU.
Ziel dieser retrospektiven Studie war es, die Daten von 20 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem PEK, die eine Kombination aus 5-FU und Cetuximab erhielten, zu analysieren und die Ansprechraten, das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben zu bestimmen.
Dies ist die erste Studie zum Einsatz der Kombination von 5-FU und Cetuximab bei Patienten mit fortgeschrittenem kutanen PEK. Wir stellen unsere Ergebnisse zur Wirksamkeit und Toxizität vor und vergleichen sie mit anderen Behandlungsoptionen. Die Kombination ist eine Alternative für Patienten, bei denen eine Erstlinienbehandlung mit Cemiplimab kontraindiziert ist, wie zum Beispiel bei immunsupprimierten Patienten oder Patienten mit Progression unter Anti-PD-1, die einen erheblichen Anteil der Patienten mit fortgeschrittenem PEK ausmachen. Die Behandlungsmöglichkeiten für dieses Patientenklientel sind sehr begrenzt.
Das mediane Alter bei Erstdiagnose lag in unserer Patientenkohorte bei 74 Jahren (Bereich: 50–83). Damit handelt es sich um eine überwiegend ältere Kohorte von Patienten mit PEK. Die Hälfte unserer Patienten war immunsupprimiert. Davon waren 50% nierentransplantiert. Bei drei Patienten wurde eine chronische lymphatische Leukämie diagnostiziert, und ein Patient hatte eine Myelofibrose, die mit Ruxolitinib behandelt wurde. Eine Granulomatose mit Polyangiitis lag bei einem Patienten vor. Diese wurde mit Azathioprin behandelt. Neben einer hohen kumulativen UV-Exposition und einem hellen Hauttyp ist eine Immunsuppression ein Risikofaktor für die Entwicklung von nichtmelanozytärem Hautkrebs.17, 18 Eine vorliegende Immunsuppression ist auch ein prognostischer Faktor für Metastasierung und das krankheitsspezifische Überleben. Weitere prognostische Faktoren sind: vertikale Tumordicke, Desmoplasie, Differenzierungsgrad, perineurales Wachstum (histopathologische Risikofaktoren), Lokalisation und horizontaler Tumordurchmesser (klinische Risikofaktoren).15 Die systemische Behandlung bei immunsupprimierten Patienten stellt eine Herausforderung dar, da die Erstlinienbehandlung mit Cemiplimab zu schweren Komplikationen wie einer Graft-versus-Host-Reaktion oder einer Organabstoßung führen kann.8 Für Patienten mit einem Tumorprogress unter der Therapie mit Cemiplimab oder mit Kontraindikationen ist die Kombination aus 5-FU und Cetuximab eine Off-Label-Therapieoption.6
Wir konnten keine klinischen Parameter identifizieren, die das Ansprechen auf Cetuximab und 5-FU bei den acht Patienten vorhersagen konnten, die unter Anti-PD-1 progredient waren. Hämatoonkologische Diagnosen oder eine Lokalisation des Tumors in nicht chronisch sonnenexponierten Arealen waren bei den Patienten mit progredienter Erkrankung nicht häufiger vorliegend als bei den Patienten mit stabiler Erkrankung.
In unserer Patientengruppe, welche die Kombination als Erstlinienbehandlung aufgrund des Zustands nach Organtransplantation erhielt, konnten wir ebenfalls keine klinischen Parameter für das Ansprechen auf die Therapie bestimmen. Die immunsuppressive Medikation bei den Patienten mit Progress unterschied sich nicht von den anderen Patienten mit stabiler Erkrankung. Die Zeit zwischen der Transplantation/dem Beginn der Immunsuppression und dem Beginn der Therapie war bei den Patienten mit Progress kürzer als bei den Patienten mit stabiler Erkrankung.
Der PD1-Antikörper Cemiplimab wird in der aktuellen europäischen Leitlinie als Erstlinientherapie für Patienten mit fortgeschrittenem PEK empfohlen. Eine kombinierte Therapie mit Anti-EGFR- und Radio-/Chemotherapie wird für Patienten mit Kontraindikationen für eine Immuntherapie empfohlen.6 Es liegen keine randomisierten prospektiven Studien zum Vergleich von zielgerichteten Therapien und Chemotherapie bei Patienten mit kutanem PEK vor. Nach unserem Wissen gibt es außerdem keine retrospektiven oder prospektiven Daten in der Literatur über die Ansprechraten auf die Kombination von 5-FU und Cetuximab. In unserer Studie lag die Ansprechrate bei 5%. Einer unserer Patienten hatte ein partielles Ansprechen und 9/20 Patienten hatten eine stabile Erkrankung unter der Therapie.
Die Krankheitskontrollrate lag bei 50%. Das mediane Gesamtüberleben betrug 29 Monate (95%-KI 11–nicht erreicht) und das mediane progressionsfreie Überleben betrug 3 Monate (95%-KI 2–nicht erreicht). Cetuximab und 5-FU war bei 45% unserer Patienten als Zweitlinientherapie nach PD-1- oder Radiochemotherapie eingesetzt worden.
In der Literatur variieren die Daten zum Ansprechen auf Mono- und Polychemotherapieschemata. Die Ansprechraten der Chemotherapie bei fortgeschrittenem PEK liegen in Phase-II-Studien in der Literatur zwischen 17% und 84%.10, 19-21 Kramb et al. zeigten in ihrem Patientenkollektiv eine Gesamtansprechrate von nur 17,4%.21 Guthrie et al. zeigten bei 28 Patienten, die mit einer Chemotherapie auf Cisplatinbasis behandelt wurden, ein vollständiges Ansprechen bei 28% und ein teilweises Ansprechen bei 40%. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 15 Monate.10
Der Antimetabolit 5-FU, ein Pyrimidinanalogon, wird als Monotherapie oder in Kombinationen zur Behandlung von Magen-Darm-, Brust- sowie Kopf- und Halstumoren eingesetzt. Capecitabin, sein orales Prodrug, ist für die Behandlung von Brust-, Magen- und Dickdarmkrebs zugelassen.13, 15, 22 Cartei et al. zeigten in ihrer Kohorte von Patienten mit kutanem PEK, die mit oralem 5-FU behandelt wurden, eine Verbesserung bei 9/14 Patienten mit einer medianen Dauer von mehr als 30 Wochen.11 Das Ansprechen auf Chemotherapien ist oft begrenzt mit einem kurzen Gesamtüberleben und einem kurzen progressionsfreien Überleben. Die Toxizität kann limitierend sein, da Patienten mit PEK oft älter sind und keine nebenwirkungsreichen Therapien erhalten können.
Montaudie et al. beschrieben eine Ansprechrate von 53% und eine Krankheitskontrollrate von 87% bei PEK-Patienten, die mit Cetuximab behandelt wurden. In dieser Studie wurde Cetuximab bei den meisten Patienten als Erstlinientherapie eingesetzt, somit sind die Daten mit unserer Patientenkohorte nicht vergleichbar.23 Hillen et al. berichteten über eine Ansprechrate von 20% und Maubec et al. über eine Ansprechrate von 28% und eine Krankheitskontrollrate von 69% in ihrer Phase-II-Studie zur Erstlinienbehandlung mit Cetuximab.24, 25
In der Studie von Kamb et al. betrug die Gesamtansprechrate auf eine Kombination aus Cetuximab und Chemotherapie 14,3% bei 14 Patienten. Das mediane progressionsfreie Überleben aller Patienten (jede Therapie) in dieser retrospektiven Studie betrug 15 Wochen, was mit unseren Ergebnissen vergleichbar ist.21 Casassa et al. zeigten in ihrer retrospektiven Analyse von 14 Patienten mit PEK, die mit Cetuximab und Paclitaxel behandelt wurden, ein medianes progressionsfreies Überleben von 6 Monaten, aber die Therapie war nebenwirkungsreicher als bei unserer Studie.26 Gold et al. zeigten in einer Phase-II-Studie mit 29 Patienten mit kutanem PEK, die mit dem EGFR-Inhibitor Erlotinib behandelt wurden, eine Gesamtansprechrate von 10% und eine Krankheitskontrollrate von 72%. Vorab erfolgten Bestrahlung, Operation und/oder Chemotherapie.27
In der Keynote-629-Studie wurde bei 105 Patienten, die mit dem PD-1-Antikörper Pembrolizumab behandelt wurden, eine Gesamtansprechrate von 34,3% und eine Krankheitskontrollrate von 52,4% ermittelt, wobei 87% der Patienten zuvor bereits eine Systemtherapie erhalten hatten.28 Die Ansprechraten von Cemiplimab beim metastasierten PEK waren deutlich höher als von anderen Systemtherapien. Migden et al. berichteten über die beste Gesamtansprechrate von 50% in der Phase-I-Kohorte und 48% in der Phase-II-Kohorte. 7% hatten eine komplette Remission. Das mediane krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben wurden zum Zeitpunkt der Datenauswertung nicht erreicht.29
Checkpoint-Inhibitoren nach einer Organtransplantation können zu einer Abstoßungsreaktion führen. In der Übersichtsarbeit von Fisher et al. kam es bei 37% der Patienten, die mit Checkpoint-Inhibitoren behandelt wurden zu einer Transplantatabstoßung und 14% starben an den Folgen.30 Für die Immuntherapie bei Patienten mit hämatologischen Malignomen, wie zum Beispiel chronischer lymphatischer Leukämie, liegen wenige Daten vor.31 Wir haben in unserer Klinik bei diesen Patienten niedrige Ansprechraten beobachtet.
In der Literatur wird ein schlechteres Ansprechen auf Cemiplimab von Patienten mit einem Primarius in nicht chronisch sonnenexponierten Hautarealen beschrieben. Die Kombination aus Cetuximab und 5-FU ist eine Option für dieses Patientenklientel.32
In unserer Studienkohorte wurden bei 45% der Patienten unerwünschte Ereignisse beobachtet. Das akneiforme Exanthem war bei 8/20 Patienten die häufigste Nebenwirkung. Dereure et al. beschrieben eine akneiforme Dermatitis bei 57% der mit Cetuximab oder Cetuximab und Cisplatin behandelten Patienten.33 Häufige kutane Nebenwirkungen von EGFR-Inhibitoren sind akneiforme Exantheme, Xerosis cutis und Paronychien, welche die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen können. Über 80% der mit EGFR-Inhibitoren behandelten Patienten entwickeln papulopustulöse Läsionen im Gesicht oder am oberen Rumpf. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören topische Akne- oder Rosazea-Therapien, systemische Antibiotika (Doxycyclin 200 mg täglich oder Minocyclin 100 mg täglich) oder Isotretinoin (10–20 mg täglich).34, 35 In ihrer prospektiven Studie an 36 Patienten mit fortgeschrittenem PEK, die Cetuximab erhielten, berichteten Maubec et al. über Infektionen (22%) und Blutungen (11%) als häufigste Nebenwirkungen.25
In unserer Studie musste ein Patient die Behandlung aufgrund von Myelosuppression abbrechen. Die Myelosuppression ist neben Diarrhoe und Mukositis eine der häufigsten Nebenwirkungen der 5-FU-Chemotherapie.36 Kardiotoxizität von 5-FU und Capecitabin wurde in der Literatur ebenfalls beschrieben. Leichte Symptome wie Brustschmerzen oder Hypotonie treten bei 0%–20% der Patienten auf, während eine schwere symptomatische Kardiotoxizität mit kardiogenem Schock bei ≤ 2% während der Fluorouracil-Behandlung auftritt.37 Bei unseren Patienten wurden keine kardiovaskulären Ereignisse dokumentiert.
Eine Limitation dieser Studie ist das retrospektive Studiendesign und die geringe Patientenzahl. Darüber hinaus konnte das krankheitsspezifische Überleben nicht für alle Patienten genau bestimmt werden. Angaben zur Todesursache fehlten häufig, da die Patienten außerhalb unserer Klinik starben oder die genaue Todesursache nicht dokumentiert war. Außerdem waren die Patienten häufig multimorbide, was die Bestimmung der genauen Todesursache erschwerte. Daher wurde lediglich das Gesamtüberleben und nicht das krankheitsspezifische Überleben berechnet.
Wir danken Fenja Grimm von der Zytostatika-Apotheke der Charité Berlin für ihre Unterstützung bei der Datenerhebung und Dr. med. Vincent Walter für seine Unterstützung bei der Datenanalyse.
Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.
期刊介绍:
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