{"title":"Kutan begrenzte, initial streng unilateral-halbseitige mikroskopische Polyangiitis","authors":"Roman Saternus, Thomas Vogt, Zanir Abdi","doi":"10.1111/ddg.15675_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Sehr geehrte Herausgeber,</p><p>eine 44-jährige Patientin stellte sich in gutem Allgemeinzustand, jedoch mit Adipositas, vor. Es fanden sich bis zu 20 schmerzhafte, rötliche, rundliche Maculae mit hämorrhagischer Note, die streng auf die linke Körperhälfte beschränkt waren. Die Läsionen waren insbesondere in den oberen Körperpartien, einschließlich der linken Gesichtshälfte und des linken Arms, betont. In den abhängigen Partien, speziell an den Unterschenkeln, entwickelten sich aus den Maculae infiltrierte, hämorrhagische Plaques und schließlich hämorrhagische Nekrosen und Ulzerationen (Abbildung 1). Begonnen hätten die Beschwerden vor einem Monat zunächst mit einem einzelnen schmerzhaften Ulkus am linken Unterschenkel. Schüttelfrost und andere Infektzeichen wurden verneint. Die Patientin gab Gelenkschmerzen und Episoden von abdominellen Schmerzen und Übelkeit an. Der körperliche Status inklusive des neurologischen Status war unauffällig.</p><p>In einer auswärtigen Klinik wurde bei Verdacht auf ein Pyoderma gangraenosum eine Therapie mit Ciclosporin eingeleitet, nachdem eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) duplexsonographisch ausgeschlossen worden war. Dennoch entwickelte die Patientin im Verlauf weiterhin neue, schmerzhafte, hämorrhagische Maculae, die sich zu hämorrhagischen Nekrosen und Ulzera ausweiteten.</p><p>Im Aufnahmelabor fanden sich eine leichte CRP-Erhöhung von 6,4 mg/l (Norm < 5,0 mg/l), eine leichte Thrombozytopenie von 126 × 10<sup>9</sup>/l (Norm 140–400 × 10<sup>9</sup>/l) sowie eine milde Leberwerterhöhung. Die Gerinnungswerte waren normwertig. Anti-MPO (p-ANCA) war mit 9,3 IU/ml (Norm < 3,5 IU/ml) deutlich erhöht. Es erfolgten insgesamt vier Kontrollen von Anti-MPO, bei denen jeweils erhöhte Werte nachgewiesen wurden. In einer Kontrolle stieg der Wert auf 21,0 IU/ml an. Antinukleäre Antikörper (ANA) und Kryoglobuline wurden nicht nachgewiesen. Zudem lagen weder eine Bluteosinophilie noch eine Virushepatitis vor. Der Kreatininwert lag mit 0,68 mg/dl im Normbereich (0,50–0,90 mg/dl). Der Urinstatus zeigte keine Auffälligkeiten. Histopathologisch imponierte im Hautbiopsat einer Läsion vom Oberarm links eine neutrophile Vaskulitis der kleinen dermalen Gefäße mit variabler Leukozytoklasie, begleitet von Erythrozytenextravasation, fibrinoider Degeneration und Gefäßokklusion ohne Granulombildung (Abbildung 2). In der ergänzenden direkten Immunfluoreszenz fanden sich keine IgM-, IgG-, IgA-, Fibrinogen-, C3c- oder C1q- Ablagerungen. Weitere Laboruntersuchungen, einschließlich DKK3 mit Urinstatus, sowie eine Nierensonographie, eine Röntgenuntersuchung des Thorax und eine kraniale Computertomographie mit Darstellung der Nasennebenhöhlen zeigten unauffällige Befunde. In der hochauflösenden Computertomographie der Lunge bestand ein gering ausgeprägtes pulmonales Mosaik sowie ein deutliches <i>air trapping</i> in den Expirationsaufnahmen, insbesondere in den Unterlappen. Dies wurde am ehesten im Rahmen einer Bronchiolitis obliterans gewertet. Internistisch ergaben sich somit keine Hinweise auf eine Systemvaskulitis. Wir stellten die Diagnose einer unilateralen kutanen mikroskopischen Polyangiitis (MPA). Nach den Diagnosekriterien von Suppiah et al. wurden sechs Punkte erreicht, was die Diagnose einer MPA unterstützt (Tabelle 1).<span><sup>1</sup></span> Eine Nierenbiopsie wurde zurückgestellt, da sich in den oben genannten nephrologischen Untersuchungen kein Anhalt für eine Nierenbeteiligung ergab.</p><p>Unter intravenöser Gabe von Methylprednisolon mit anfänglich 96 mg pro Tag heilten die Läsionen bei Besserung der lokalen Schmerzen ab. Auch die Gelenkschmerzen und die abdominelle Symptomatik bildeten sich unter der Therapie rasch zurück, sodass eine ergänzende Endoskopie zurückgestellt wurde. Neue Hautläsionen traten unter der Therapie nicht mehr auf, wodurch eine schrittweise Reduktion der Methylprednisolon-Dosis erfolgen konnte. Von Seiten der Rheumatologen wurde Methotrexat (MTX) 5 mg pro Woche zur Remissionserhaltung begonnen. Hierunter entwickelte die Patientin anhaltende Müdigkeit und erneut unilaterale Hautläsionen in Form von hämorrhagischen Plaques auf Erythemen, sodass nach vier Gaben MTX die Therapie auf Azathioprin 50 mg pro Tag umgestellt wurde. Nach Absetzen von MTX bildete sich die Müdigkeit zurück. Nach einem halben Jahr kam es zu einer deutlichen Exazerbation mit nun erstmaliger Beteiligung der kontralateralen Körperhälfte, weshalb eine Therapieumstellung auf Rituximab und Avacopan geplant ist. Anhaltspunkte für eine systemische Beteiligung bestehen weiterhin nicht.</p><p>Die mikroskopische Polyangiitis gehört zur Gruppe der <i>Anti-neutrophil-cytoplasmic-Antibody</i> (ANCA)-assoziierten Vaskulitiden (AAV), zu denen auch die granulomatöse Polyangiitis (GPA, ehemals Morbus Wegener) und die eosinophile granulomatöse Polyangiitis (EGPA, ehemals Churg-Strauss-Syndrom) zählen.<span><sup>2</sup></span> Die ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) zählen nach der aktuell gültigen Chapel-Hill-Klassifikation zu den Kleingefäßvaskulitiden.<span><sup>3</sup></span> Sie umfassen ein Spektrum systemischer oder auf ein Organ begrenzter Manifestationen, welche auf der Basis spezifischer pathologischer und klinischer Merkmale der MPA, GPA oder EPGA zugeordnet werden können.<span><sup>4, 5</sup></span> Die mikroskopische Polyangiitis (MPA) wird als Vaskulitis kleiner Hautgefäße definiert, die nur geringe oder keine Immunablagerungen aufweisen. Häufig sind subkutane Gefäße, einschließlich Arterien, betroffen.<span><sup>5</sup></span> Von der granulomatösen Polyangiitis (GPA) und der eosinophilen granulomatösen Polyangiitis (EGPA) lässt sich die MPA durch das Fehlen von Granulomen abgrenzen.<span><sup>4</sup></span></p><p>ANCA sind IgG-Antikörper, die gegen autoantigene Zielstrukturen auf Neutrophilen und Monozyten gerichtet sind.<span><sup>6</sup></span> Anhand dieser Zielstruktur und durch ein charakteristisches Färbeverhalten in der Immunfluoreszenz können ANCA unterschieden werden in <i>leukocyte proteinase 3</i> (PR3-ANCA) und Myeloperoxidase (MPO-ANCA). PR3-ANCA färbt granulär und zytoplasmatisch (c-ANCA), während MPO-ANCA überwiegend perinukleär nachweisbar ist (p-ANCA).<span><sup>6</sup></span> Pathogenetisch kommt es initial in Neutrophilen zu einer durch proinflammatorische Zytokine vermittelten Translokation der ANCA-Autoantigene auf die Zelloberfläche.<span><sup>2</sup></span> Durch ANCA-Bindung an die entsprechenden Autoantigene werden Neutrophile schließlich aktiviert, was zu Endothelschädigungen und Gefäßdestruktion führen kann.<span><sup>2</sup></span> Bei der MPA lassen sich in circa 60% der Fälle Antikörper gegen MPO nachweisen, Antikörper gegen PR3 sind dagegen nur in bis zu 30% detektierbar.<span><sup>2</sup></span> In einer Metaanalyse von Guchelaar et al. wurde die gepoolte Sensitivität von MPO-Antikörpern mit 58,1% und die gepoolte Spezifität mit 95,6% in der AAV-Diagnostik angegeben.<span><sup>7</sup></span></p><p>Die klinische Symptomatik der MPA ist variabel – jedes Organsystem kann betroffen sein, was die Diagnostik erschwert und zu einer Verzögerung der Diagnosestellung führen kann.<span><sup>3</sup></span> Betroffene mit MPA weisen meist eine pulmonale oder renale Beteiligung auf.<span><sup>4</sup></span> Auch kutane Manifestationen können vorkommen und sind in der Regel vielgestaltig. Sie umfassen unter anderem Purpura, Livedo racemosa, Splitterhämorrhagien, Papeln und Knoten, Urtikaria, gingivale Hyperplasie oder orale Ulzerationen.<span><sup>4</sup></span> Eine Hautbeteiligung kann gleichzeitig mit einer systemischen Beteiligung auftreten, auf diese folgen oder einer Systembeteiligung vorangehen.<span><sup>4</sup></span></p><p>Die Diagnose der mikroskopischen Polyangiitis wird durch die Kombination aus ANCA-Nachweis, Histologie und klinischer Symptomatik gestellt. Die Therapie umfasst die systemische Gabe von Immunsuppressiva wie Glukokortikoiden, MTX, Azathioprin, Rituximab, Immunglobulinen oder Avacopan (vergleich Empfehlungen der <i>American College of Rheumatology</i>-Leitlinie 2021 beziehungsweise EULAR-Leitlinie 2024).<span><sup>8, 9</sup></span></p><p>Das Bemerkenswerte an unserem Fall ist die auf die Haut begrenzte Manifestation sowie die anfangs streng einseitige Ausprägung der MPA. Erst etwa ein Jahr nach Diagnosestellung traten auch auf der Gegenseite Hauteffloreszenzen auf. Eine rein kutane MPA, wie in unserem Fall, ist selten und wurde bisher nur in wenigen Fallberichten beschrieben.<span><sup>10, 11</sup></span> Eine unilaterale MPA wurde auch in anderen Organsystemen beschrieben, beispielsweise in Form einer unilateralen diffusen alveolären Hämorrhagie oder einer unilateralen Nebennierenhämorrhagie.<span><sup>12-14</sup></span> Plausible Konzepte zur Erklärung dieses Phänomens fehlen bis heute. Es kann jedoch über neuroimmunologische Einflüsse auf die entzündlichen Prozesse sowie über embryonal determinierte Mosaizismen spekuliert werden, die Gewebe nur einer Körperhälfte betreffen.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>R.S. erhielt Referentenhonorare und/oder Reisekostenunterstützung von MedKom Akademie, KYOWA Kirin, Lilly, Eucerin, Unna Akademie, RG Gesellschaft, Sun Pharmaceutical Industries, Boehringer-Ingelheim, Galderma und Pfizer.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"23 5","pages":"650-653"},"PeriodicalIF":5.5000,"publicationDate":"2025-05-19","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15675_g","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15675_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Sehr geehrte Herausgeber,
eine 44-jährige Patientin stellte sich in gutem Allgemeinzustand, jedoch mit Adipositas, vor. Es fanden sich bis zu 20 schmerzhafte, rötliche, rundliche Maculae mit hämorrhagischer Note, die streng auf die linke Körperhälfte beschränkt waren. Die Läsionen waren insbesondere in den oberen Körperpartien, einschließlich der linken Gesichtshälfte und des linken Arms, betont. In den abhängigen Partien, speziell an den Unterschenkeln, entwickelten sich aus den Maculae infiltrierte, hämorrhagische Plaques und schließlich hämorrhagische Nekrosen und Ulzerationen (Abbildung 1). Begonnen hätten die Beschwerden vor einem Monat zunächst mit einem einzelnen schmerzhaften Ulkus am linken Unterschenkel. Schüttelfrost und andere Infektzeichen wurden verneint. Die Patientin gab Gelenkschmerzen und Episoden von abdominellen Schmerzen und Übelkeit an. Der körperliche Status inklusive des neurologischen Status war unauffällig.
In einer auswärtigen Klinik wurde bei Verdacht auf ein Pyoderma gangraenosum eine Therapie mit Ciclosporin eingeleitet, nachdem eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) duplexsonographisch ausgeschlossen worden war. Dennoch entwickelte die Patientin im Verlauf weiterhin neue, schmerzhafte, hämorrhagische Maculae, die sich zu hämorrhagischen Nekrosen und Ulzera ausweiteten.
Im Aufnahmelabor fanden sich eine leichte CRP-Erhöhung von 6,4 mg/l (Norm < 5,0 mg/l), eine leichte Thrombozytopenie von 126 × 109/l (Norm 140–400 × 109/l) sowie eine milde Leberwerterhöhung. Die Gerinnungswerte waren normwertig. Anti-MPO (p-ANCA) war mit 9,3 IU/ml (Norm < 3,5 IU/ml) deutlich erhöht. Es erfolgten insgesamt vier Kontrollen von Anti-MPO, bei denen jeweils erhöhte Werte nachgewiesen wurden. In einer Kontrolle stieg der Wert auf 21,0 IU/ml an. Antinukleäre Antikörper (ANA) und Kryoglobuline wurden nicht nachgewiesen. Zudem lagen weder eine Bluteosinophilie noch eine Virushepatitis vor. Der Kreatininwert lag mit 0,68 mg/dl im Normbereich (0,50–0,90 mg/dl). Der Urinstatus zeigte keine Auffälligkeiten. Histopathologisch imponierte im Hautbiopsat einer Läsion vom Oberarm links eine neutrophile Vaskulitis der kleinen dermalen Gefäße mit variabler Leukozytoklasie, begleitet von Erythrozytenextravasation, fibrinoider Degeneration und Gefäßokklusion ohne Granulombildung (Abbildung 2). In der ergänzenden direkten Immunfluoreszenz fanden sich keine IgM-, IgG-, IgA-, Fibrinogen-, C3c- oder C1q- Ablagerungen. Weitere Laboruntersuchungen, einschließlich DKK3 mit Urinstatus, sowie eine Nierensonographie, eine Röntgenuntersuchung des Thorax und eine kraniale Computertomographie mit Darstellung der Nasennebenhöhlen zeigten unauffällige Befunde. In der hochauflösenden Computertomographie der Lunge bestand ein gering ausgeprägtes pulmonales Mosaik sowie ein deutliches air trapping in den Expirationsaufnahmen, insbesondere in den Unterlappen. Dies wurde am ehesten im Rahmen einer Bronchiolitis obliterans gewertet. Internistisch ergaben sich somit keine Hinweise auf eine Systemvaskulitis. Wir stellten die Diagnose einer unilateralen kutanen mikroskopischen Polyangiitis (MPA). Nach den Diagnosekriterien von Suppiah et al. wurden sechs Punkte erreicht, was die Diagnose einer MPA unterstützt (Tabelle 1).1 Eine Nierenbiopsie wurde zurückgestellt, da sich in den oben genannten nephrologischen Untersuchungen kein Anhalt für eine Nierenbeteiligung ergab.
Unter intravenöser Gabe von Methylprednisolon mit anfänglich 96 mg pro Tag heilten die Läsionen bei Besserung der lokalen Schmerzen ab. Auch die Gelenkschmerzen und die abdominelle Symptomatik bildeten sich unter der Therapie rasch zurück, sodass eine ergänzende Endoskopie zurückgestellt wurde. Neue Hautläsionen traten unter der Therapie nicht mehr auf, wodurch eine schrittweise Reduktion der Methylprednisolon-Dosis erfolgen konnte. Von Seiten der Rheumatologen wurde Methotrexat (MTX) 5 mg pro Woche zur Remissionserhaltung begonnen. Hierunter entwickelte die Patientin anhaltende Müdigkeit und erneut unilaterale Hautläsionen in Form von hämorrhagischen Plaques auf Erythemen, sodass nach vier Gaben MTX die Therapie auf Azathioprin 50 mg pro Tag umgestellt wurde. Nach Absetzen von MTX bildete sich die Müdigkeit zurück. Nach einem halben Jahr kam es zu einer deutlichen Exazerbation mit nun erstmaliger Beteiligung der kontralateralen Körperhälfte, weshalb eine Therapieumstellung auf Rituximab und Avacopan geplant ist. Anhaltspunkte für eine systemische Beteiligung bestehen weiterhin nicht.
Die mikroskopische Polyangiitis gehört zur Gruppe der Anti-neutrophil-cytoplasmic-Antibody (ANCA)-assoziierten Vaskulitiden (AAV), zu denen auch die granulomatöse Polyangiitis (GPA, ehemals Morbus Wegener) und die eosinophile granulomatöse Polyangiitis (EGPA, ehemals Churg-Strauss-Syndrom) zählen.2 Die ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) zählen nach der aktuell gültigen Chapel-Hill-Klassifikation zu den Kleingefäßvaskulitiden.3 Sie umfassen ein Spektrum systemischer oder auf ein Organ begrenzter Manifestationen, welche auf der Basis spezifischer pathologischer und klinischer Merkmale der MPA, GPA oder EPGA zugeordnet werden können.4, 5 Die mikroskopische Polyangiitis (MPA) wird als Vaskulitis kleiner Hautgefäße definiert, die nur geringe oder keine Immunablagerungen aufweisen. Häufig sind subkutane Gefäße, einschließlich Arterien, betroffen.5 Von der granulomatösen Polyangiitis (GPA) und der eosinophilen granulomatösen Polyangiitis (EGPA) lässt sich die MPA durch das Fehlen von Granulomen abgrenzen.4
ANCA sind IgG-Antikörper, die gegen autoantigene Zielstrukturen auf Neutrophilen und Monozyten gerichtet sind.6 Anhand dieser Zielstruktur und durch ein charakteristisches Färbeverhalten in der Immunfluoreszenz können ANCA unterschieden werden in leukocyte proteinase 3 (PR3-ANCA) und Myeloperoxidase (MPO-ANCA). PR3-ANCA färbt granulär und zytoplasmatisch (c-ANCA), während MPO-ANCA überwiegend perinukleär nachweisbar ist (p-ANCA).6 Pathogenetisch kommt es initial in Neutrophilen zu einer durch proinflammatorische Zytokine vermittelten Translokation der ANCA-Autoantigene auf die Zelloberfläche.2 Durch ANCA-Bindung an die entsprechenden Autoantigene werden Neutrophile schließlich aktiviert, was zu Endothelschädigungen und Gefäßdestruktion führen kann.2 Bei der MPA lassen sich in circa 60% der Fälle Antikörper gegen MPO nachweisen, Antikörper gegen PR3 sind dagegen nur in bis zu 30% detektierbar.2 In einer Metaanalyse von Guchelaar et al. wurde die gepoolte Sensitivität von MPO-Antikörpern mit 58,1% und die gepoolte Spezifität mit 95,6% in der AAV-Diagnostik angegeben.7
Die klinische Symptomatik der MPA ist variabel – jedes Organsystem kann betroffen sein, was die Diagnostik erschwert und zu einer Verzögerung der Diagnosestellung führen kann.3 Betroffene mit MPA weisen meist eine pulmonale oder renale Beteiligung auf.4 Auch kutane Manifestationen können vorkommen und sind in der Regel vielgestaltig. Sie umfassen unter anderem Purpura, Livedo racemosa, Splitterhämorrhagien, Papeln und Knoten, Urtikaria, gingivale Hyperplasie oder orale Ulzerationen.4 Eine Hautbeteiligung kann gleichzeitig mit einer systemischen Beteiligung auftreten, auf diese folgen oder einer Systembeteiligung vorangehen.4
Die Diagnose der mikroskopischen Polyangiitis wird durch die Kombination aus ANCA-Nachweis, Histologie und klinischer Symptomatik gestellt. Die Therapie umfasst die systemische Gabe von Immunsuppressiva wie Glukokortikoiden, MTX, Azathioprin, Rituximab, Immunglobulinen oder Avacopan (vergleich Empfehlungen der American College of Rheumatology-Leitlinie 2021 beziehungsweise EULAR-Leitlinie 2024).8, 9
Das Bemerkenswerte an unserem Fall ist die auf die Haut begrenzte Manifestation sowie die anfangs streng einseitige Ausprägung der MPA. Erst etwa ein Jahr nach Diagnosestellung traten auch auf der Gegenseite Hauteffloreszenzen auf. Eine rein kutane MPA, wie in unserem Fall, ist selten und wurde bisher nur in wenigen Fallberichten beschrieben.10, 11 Eine unilaterale MPA wurde auch in anderen Organsystemen beschrieben, beispielsweise in Form einer unilateralen diffusen alveolären Hämorrhagie oder einer unilateralen Nebennierenhämorrhagie.12-14 Plausible Konzepte zur Erklärung dieses Phänomens fehlen bis heute. Es kann jedoch über neuroimmunologische Einflüsse auf die entzündlichen Prozesse sowie über embryonal determinierte Mosaizismen spekuliert werden, die Gewebe nur einer Körperhälfte betreffen.
Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.
R.S. erhielt Referentenhonorare und/oder Reisekostenunterstützung von MedKom Akademie, KYOWA Kirin, Lilly, Eucerin, Unna Akademie, RG Gesellschaft, Sun Pharmaceutical Industries, Boehringer-Ingelheim, Galderma und Pfizer.
期刊介绍:
The JDDG publishes scientific papers from a wide range of disciplines, such as dermatovenereology, allergology, phlebology, dermatosurgery, dermatooncology, and dermatohistopathology. Also in JDDG: information on medical training, continuing education, a calendar of events, book reviews and society announcements.
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