{"title":"Dupilumab zur Behandlung der Epidermolysis bullosa acquisita","authors":"Rebecca Diehl, Dimitra Kiritsi, Franziska Schauer","doi":"10.1111/ddg.15478_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Sehr geehrte Herausgeber,</p><p>Die Epidermolysis bullosa acquisita (EBA) ist eine seltene blasenbildende Autoimmunerkrankung (AIBD), die durch IgG- (und IgA)- Autoantikörper gegen Kollagen VII ausgelöst wird. Die Antikörper binden an die NC1-Domäne von Kollagen VII, seltener zeigen Patient*innen eine Reaktivität gegen die kollagene Domäne oder gegen die NC2-Domäne. Alle Antikörper induzieren eine dermoepidermale Spaltbildung.<span><sup>1</sup></span> Die Erkrankung tritt in verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern auf: mechanobullöse und nicht-mechanobullöse EBA und eine entzündliche EBA. Letztere kann manchmal andere AIBD, wie bullöses Pemphigoid, Schleimhautpemphigoid und lineare IgA-Dermatose nachahmen.<span><sup>2, 3</sup></span> Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und der Schleimhautbeteiligung umfasst die Behandlung verschiedene systemische Therapien: orale Glukokortikosteroide, Dapson, Immunsuppressiva, intravenöse Immunglobuline (IVIG), Cyclophosphamid, Plasmapherese und/oder Rituximab.<span><sup>2, 4</sup></span></p><p>Wir berichten über eine 51-jährige Patientin, die seit 5 Jahren unter ständigem Juckreiz, prall gefüllten Blasen und Narbenbildung an traumanfälligen Lokalisationen litt (Abbildung 1a,b). Die direkte Immunfluoreszenz (DIF) war positiv (dermale Reaktivität innerhalb von 1 M NaCl-gespaltener Haut) (Abbildung 1c). Das positive Col7- NC1/2-ELISA-Ergebnis mit 86 U/ml (Cut-off > 6 U/ml positiv, MBL<sup>®</sup>, nur für Forschungszweckgebrauch) bestätigte die EBA-Diagnose, während der Col7-NC1-ELISA (Ratio 0,23 mit einem Cut-off < 1, EUROIMMUN<sup>®</sup>) negativ blieb. Die indirekte Immunfluoreszenz (IIF) mittels Spalthaut war negativ.</p><p>Die systemische Therapie mit oralem Prednisolon (bis zu 1 mg/kg Körpergewicht [KG]), Azathioprin (bis zu 2,5 mg/kg KG) und zwei Zyklen Rituximab (2 × 1000 mg) in Kombination mit einem potenten topischen Glukokortikosteroid blieb erfolglos. Aufgrund der Nebenwirkungen lehnte die Patientin eine weitere immunsuppressive Therapie ab.</p><p>Eine Off-Label-Therapie mit Dupilumab (basierend auf dem Behandlungsschema für die atopische Dermatitis) und einer kurzfristigen topischen Behandlung mit Mometasonfuroat-Creme führte innerhalb von 3 Monaten zu einer signifikanten Verbesserung der EBA. Es kam nicht zur Bildung von neuen Blasen (Abbildung 1d). Die Col7-NC1/2-ELISA-Spiegel gingen zurück, aber es liegen keine vollständigen Daten für den gesamten Nachbeobachtungszeitraum vor. Aufgrund des Therapieerfolges wurde ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse eingereicht. Wir erhielten eine Kostenübernahme für 12 Monate. Die Patientin wird nun insgesamt 12 Monate nebenwirkungsfrei mit Dupilumab behandelt ohne Aktivität ihrer EBA.</p><p>Dupilumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der an die alpha-Untereinheit des Interleukin-4-Rezeptors bindet und die Signalübertragung von Interleukin (IL)-4 und IL-13, beides Th2-Immunzytokine, hemmt.<span><sup>5</sup></span> Dupilumab ist für die atopische Dermatitis und Prurigo nodularis zugelassen, wobei die antipruritogene Wirkung auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt wird.<span><sup>6</sup></span> Die atopische Dermatitis ist durch die Hochregulierung der Th2-Immunreaktion, einschließlich der Typ-2-Helfer-T-Zellen, gekennzeichnet. Die produzierten Zytokine werden durch Dupilumab abgefangen.<span><sup>5</sup></span></p><p>Pathogenetische Merkmale einer Typ-2-Immunreaktion wurden bei einer anderen AIBD, dem bullösen Pemphigoid (BP), festgestellt. Aktuell läuft eine Studie zur therapeutischen Wirksamkeit von Dupilumab beim BP (NCT04206553). Positive Therapieerfolge mit Dupilumab wurden in Fallberichten für das BP und das Schleimhautpemphigoid veröffentlicht.<span><sup>6, 7</sup></span> Das genetische Gegenstück der EBA, die dystrophe Epidermolysis bullosa (DEB), wird durch Mutationen im Kollagen-VII-Gen verursacht. Eine der Unterformen der DEB ist die DEB pruriginosa. Diese ist durch Trauma-bedingte Blasenbildung, aber auch durch stark juckende Papeln, die einer lichenoiden Erkrankung ähneln, gekennzeichnet und wurde ebenfalls erfolgreich mit Dupilumab therapiert.<span><sup>6</sup></span> Die Mechanismen hinter der Verbesserung der EBA unter Dupilumab können nur vermutet werden, da sich die Pathogenese von der des BP unterscheidet. Es wird angenommen, dass die Autoimmunreaktion bei EBA sowohl durch Th1- als auch durch Th2-Zellen vermittelt wird.<span><sup>8</sup></span> Die Wirksamkeit von Dupilumab könnte auf seiner hemmenden Wirkung auf die neutrophilen Aktivierung beruhen, die ein wichtiger Schritt bei der Auslösung der EBA ist. Ähnliche Wirkungen wurden beim Asthma nachgewiesen.<span><sup>9</sup></span> Darüber hinaus könnte die Hemmung der pruritogenen Zytokine durch Dupilumab den Juckreiz und somit das Kratzen und die anschließende Narbenbildung auf der Haut unserer Patientin verringert haben. Diese verminderte Hautschädigung könnte ein Hauptgrund für die Verbesserung der EBA-Läsionen sein. Unabhängig vom Mechanismus, über den Dupilumab bei der EBA wirkt, eröffnet die erfolgreiche Langzeitwirkung bei unserer Patientin die Perspektive, es bei verschiedenen Arten von AIBD in Erwägung zu ziehen. Allerdings können aus einem Fall keine endgültigen Schlüsse gezogen werden. Da die EBA als Risikofaktor für bösartige Tumoren (vor allem Leber und Gallenwege) beschrieben wurde, wäre Dupilumab eine sichere Option, wenn eine Immunsuppression nicht toleriert oder nicht möglich ist.<span><sup>10</sup></span> Unser Fall liefert erste Hinweise, die weitere systematische Untersuchungen bedürfen. Studien mit größeren Patientenkohorten sind erforderlich, um die Wirksamkeit von Dupilumab weitreichender zu bewerten, bevor allgemeine Aussagen über den klinischen Nutzen gemacht werden können.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>Keiner.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"22 10","pages":"1417-1419"},"PeriodicalIF":5.5000,"publicationDate":"2024-10-11","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15478_g","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15478_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Sehr geehrte Herausgeber,
Die Epidermolysis bullosa acquisita (EBA) ist eine seltene blasenbildende Autoimmunerkrankung (AIBD), die durch IgG- (und IgA)- Autoantikörper gegen Kollagen VII ausgelöst wird. Die Antikörper binden an die NC1-Domäne von Kollagen VII, seltener zeigen Patient*innen eine Reaktivität gegen die kollagene Domäne oder gegen die NC2-Domäne. Alle Antikörper induzieren eine dermoepidermale Spaltbildung.1 Die Erkrankung tritt in verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern auf: mechanobullöse und nicht-mechanobullöse EBA und eine entzündliche EBA. Letztere kann manchmal andere AIBD, wie bullöses Pemphigoid, Schleimhautpemphigoid und lineare IgA-Dermatose nachahmen.2, 3 Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und der Schleimhautbeteiligung umfasst die Behandlung verschiedene systemische Therapien: orale Glukokortikosteroide, Dapson, Immunsuppressiva, intravenöse Immunglobuline (IVIG), Cyclophosphamid, Plasmapherese und/oder Rituximab.2, 4
Wir berichten über eine 51-jährige Patientin, die seit 5 Jahren unter ständigem Juckreiz, prall gefüllten Blasen und Narbenbildung an traumanfälligen Lokalisationen litt (Abbildung 1a,b). Die direkte Immunfluoreszenz (DIF) war positiv (dermale Reaktivität innerhalb von 1 M NaCl-gespaltener Haut) (Abbildung 1c). Das positive Col7- NC1/2-ELISA-Ergebnis mit 86 U/ml (Cut-off > 6 U/ml positiv, MBL®, nur für Forschungszweckgebrauch) bestätigte die EBA-Diagnose, während der Col7-NC1-ELISA (Ratio 0,23 mit einem Cut-off < 1, EUROIMMUN®) negativ blieb. Die indirekte Immunfluoreszenz (IIF) mittels Spalthaut war negativ.
Die systemische Therapie mit oralem Prednisolon (bis zu 1 mg/kg Körpergewicht [KG]), Azathioprin (bis zu 2,5 mg/kg KG) und zwei Zyklen Rituximab (2 × 1000 mg) in Kombination mit einem potenten topischen Glukokortikosteroid blieb erfolglos. Aufgrund der Nebenwirkungen lehnte die Patientin eine weitere immunsuppressive Therapie ab.
Eine Off-Label-Therapie mit Dupilumab (basierend auf dem Behandlungsschema für die atopische Dermatitis) und einer kurzfristigen topischen Behandlung mit Mometasonfuroat-Creme führte innerhalb von 3 Monaten zu einer signifikanten Verbesserung der EBA. Es kam nicht zur Bildung von neuen Blasen (Abbildung 1d). Die Col7-NC1/2-ELISA-Spiegel gingen zurück, aber es liegen keine vollständigen Daten für den gesamten Nachbeobachtungszeitraum vor. Aufgrund des Therapieerfolges wurde ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse eingereicht. Wir erhielten eine Kostenübernahme für 12 Monate. Die Patientin wird nun insgesamt 12 Monate nebenwirkungsfrei mit Dupilumab behandelt ohne Aktivität ihrer EBA.
Dupilumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der an die alpha-Untereinheit des Interleukin-4-Rezeptors bindet und die Signalübertragung von Interleukin (IL)-4 und IL-13, beides Th2-Immunzytokine, hemmt.5 Dupilumab ist für die atopische Dermatitis und Prurigo nodularis zugelassen, wobei die antipruritogene Wirkung auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt wird.6 Die atopische Dermatitis ist durch die Hochregulierung der Th2-Immunreaktion, einschließlich der Typ-2-Helfer-T-Zellen, gekennzeichnet. Die produzierten Zytokine werden durch Dupilumab abgefangen.5
Pathogenetische Merkmale einer Typ-2-Immunreaktion wurden bei einer anderen AIBD, dem bullösen Pemphigoid (BP), festgestellt. Aktuell läuft eine Studie zur therapeutischen Wirksamkeit von Dupilumab beim BP (NCT04206553). Positive Therapieerfolge mit Dupilumab wurden in Fallberichten für das BP und das Schleimhautpemphigoid veröffentlicht.6, 7 Das genetische Gegenstück der EBA, die dystrophe Epidermolysis bullosa (DEB), wird durch Mutationen im Kollagen-VII-Gen verursacht. Eine der Unterformen der DEB ist die DEB pruriginosa. Diese ist durch Trauma-bedingte Blasenbildung, aber auch durch stark juckende Papeln, die einer lichenoiden Erkrankung ähneln, gekennzeichnet und wurde ebenfalls erfolgreich mit Dupilumab therapiert.6 Die Mechanismen hinter der Verbesserung der EBA unter Dupilumab können nur vermutet werden, da sich die Pathogenese von der des BP unterscheidet. Es wird angenommen, dass die Autoimmunreaktion bei EBA sowohl durch Th1- als auch durch Th2-Zellen vermittelt wird.8 Die Wirksamkeit von Dupilumab könnte auf seiner hemmenden Wirkung auf die neutrophilen Aktivierung beruhen, die ein wichtiger Schritt bei der Auslösung der EBA ist. Ähnliche Wirkungen wurden beim Asthma nachgewiesen.9 Darüber hinaus könnte die Hemmung der pruritogenen Zytokine durch Dupilumab den Juckreiz und somit das Kratzen und die anschließende Narbenbildung auf der Haut unserer Patientin verringert haben. Diese verminderte Hautschädigung könnte ein Hauptgrund für die Verbesserung der EBA-Läsionen sein. Unabhängig vom Mechanismus, über den Dupilumab bei der EBA wirkt, eröffnet die erfolgreiche Langzeitwirkung bei unserer Patientin die Perspektive, es bei verschiedenen Arten von AIBD in Erwägung zu ziehen. Allerdings können aus einem Fall keine endgültigen Schlüsse gezogen werden. Da die EBA als Risikofaktor für bösartige Tumoren (vor allem Leber und Gallenwege) beschrieben wurde, wäre Dupilumab eine sichere Option, wenn eine Immunsuppression nicht toleriert oder nicht möglich ist.10 Unser Fall liefert erste Hinweise, die weitere systematische Untersuchungen bedürfen. Studien mit größeren Patientenkohorten sind erforderlich, um die Wirksamkeit von Dupilumab weitreichender zu bewerten, bevor allgemeine Aussagen über den klinischen Nutzen gemacht werden können.
Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.
期刊介绍:
The JDDG publishes scientific papers from a wide range of disciplines, such as dermatovenereology, allergology, phlebology, dermatosurgery, dermatooncology, and dermatohistopathology. Also in JDDG: information on medical training, continuing education, a calendar of events, book reviews and society announcements.
Papers can be submitted in German or English language. In the print version, all articles are published in German. In the online version, all key articles are published in English.