{"title":"Kommunikation innerhalb der Familie und Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung nach einer politischen Inhaftierung","authors":"Gregor Weißflog, Elmar Brähler, Maya Böhm","doi":"10.1007/s00278-024-00723-8","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Viele ehemalige politische Gefangene der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) leiden langfristig an psychischen Folgen der politischen Inhaftierung. In Studien aus anderen Kontexten hat sich gezeigt, dass die Offenlegung („disclosure“) traumatischer Erfahrungen im näheren sozialen Umfeld positive Auswirkungen auf die Verringerung posttraumatischer Beeinträchtigungen haben kann. Wenig ist jedoch darüber bekannt, ob dieser Effekt je nach Kommunikationspartner:in innerhalb der Familie unterschiedlich ausfällt. Daher untersucht diese Pilotstudie die Assoziation zwischen Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und der Kommunikation mit verschiedenen Familienmitgliedern bei 135 ehemals inhaftierten Personen (84 % männlich) im Alter von 39 bis 86 Jahren. Die Studienteilnehmer:innen machten im Rahmen einer Fragebogenerhebung Angaben zum Ausmaß posttraumatischer Belastungssymptome (Impact of Event Scale – Revised, IES-R) und zum Kommunikationsverhalten in Bezug auf die politische Inhaftierung. Es ergaben sich Hinweise auf eine chronische Belastung durch Symptome der PTBS für einen Teil der Stichprobe. Das Ausmaß der posttraumatischen Symptombelastung unterscheidet sich in Abhängigkeit vom Kommunikationspartner. Teilnehmer:innen, die berichten, ihre traumatischen Erfahrungen ihren Partnern bzw. Kindern mitgeteilt zu haben, weisen geringere Intrusions- bzw. Hyperarousal-Werte auf (wenn mit den Kindern kommuniziert wurde: zusätzlich geringere Vermeidung). Es ergibt sich kein Zusammenhang zwischen der Richtung der intrafamiliären Kommunikation und der Inanspruchnahme psychosozialer Hilfen. Zukünftige Forschung zur familiären Bewältigung bei Opfern politischer Gewalt sollte diese Erkenntnisse stärker berücksichtigen.</p>","PeriodicalId":51806,"journal":{"name":"Psychotherapeut","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2024-05-29","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Psychotherapeut","FirstCategoryId":"102","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1007/s00278-024-00723-8","RegionNum":4,"RegionCategory":"心理学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q3","JCRName":"Psychology","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Viele ehemalige politische Gefangene der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) leiden langfristig an psychischen Folgen der politischen Inhaftierung. In Studien aus anderen Kontexten hat sich gezeigt, dass die Offenlegung („disclosure“) traumatischer Erfahrungen im näheren sozialen Umfeld positive Auswirkungen auf die Verringerung posttraumatischer Beeinträchtigungen haben kann. Wenig ist jedoch darüber bekannt, ob dieser Effekt je nach Kommunikationspartner:in innerhalb der Familie unterschiedlich ausfällt. Daher untersucht diese Pilotstudie die Assoziation zwischen Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und der Kommunikation mit verschiedenen Familienmitgliedern bei 135 ehemals inhaftierten Personen (84 % männlich) im Alter von 39 bis 86 Jahren. Die Studienteilnehmer:innen machten im Rahmen einer Fragebogenerhebung Angaben zum Ausmaß posttraumatischer Belastungssymptome (Impact of Event Scale – Revised, IES-R) und zum Kommunikationsverhalten in Bezug auf die politische Inhaftierung. Es ergaben sich Hinweise auf eine chronische Belastung durch Symptome der PTBS für einen Teil der Stichprobe. Das Ausmaß der posttraumatischen Symptombelastung unterscheidet sich in Abhängigkeit vom Kommunikationspartner. Teilnehmer:innen, die berichten, ihre traumatischen Erfahrungen ihren Partnern bzw. Kindern mitgeteilt zu haben, weisen geringere Intrusions- bzw. Hyperarousal-Werte auf (wenn mit den Kindern kommuniziert wurde: zusätzlich geringere Vermeidung). Es ergibt sich kein Zusammenhang zwischen der Richtung der intrafamiliären Kommunikation und der Inanspruchnahme psychosozialer Hilfen. Zukünftige Forschung zur familiären Bewältigung bei Opfern politischer Gewalt sollte diese Erkenntnisse stärker berücksichtigen.
期刊介绍:
Zielsetzung der Zeitschrift
Die Zeitschrift Psychotherapeut richtet sich an Ärzt*innen und Psycholog*innen in der Praxis und Klinik, die psychotherapeutische Kompetenz erworben haben oder in Weiterbildung dazu stehen. Psychotherapeut ist inhaltlich schulenunabhängig und fächerübergreifend konzipiert und strebt die Annäherung und fachliche Diskussion der diversen psychotherapeutischen Schulrichtungen an.
Praxisorientierte Übersichtsarbeiten greifen ausgewählte Themen auf und bieten der Leserschaft eine Zusammenstellung aktueller Erkenntnisse aus allen Bereichen der Psychotherapie. Neben der Vermittlung von relevantem Hintergrundwissen liegt der Schwerpunkt dabei auf konkreten Handlungsempfehlungen.
Frei eingereichte Originalien ermöglichen die Präsentation wichtiger klinischer Studien und dienen dem wissenschaftlichen Austausch.
Beiträge der Rubrik „CME: Weiterbildung – Zertifizierte Fortbildung“ bieten gesicherte Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung und machen ärztliche Erfahrung für die tägliche Praxis nutzbar. Nach Lektüre der Beiträge können die Leser*innen ihr erworbenes Wissen überprüfen und online CME-Punkte erhalten.
Aims & Scope
The journal Psychotherapeut aims at specialists and psychologists who have acquired psychotherapeutic competence or are about to complete their education in this field. The contents of Psychotherapeut are based on a conception that is independent from individual schools and disciplines, and the journal aims to foster the convergence of and professional exchange between the different schools of psychotherapy.
Comprehensive reviews provide an overview on selected topics and offer the reader evidenced based information on diagnostics and therapy.
Freely submitted original papers allow the presentation of important clinical studies and serve the scientific exchange.
Review articles under the rubric ''Continuing Medical Education'' present verified results of scientific research and their integration into daily practice.
Review
All articles of Psychotherapeut are reviewed. Original articles undergo a peer review process.
Declaration of Helsinki
All manuscripts submitted for publication presenting results from studies on probands or patients must comply with the Declaration of Helsinki.
Indexed in Social Sciences Citation Index, EMBASE and Scopus.