{"title":"Psychodynamisches Verständnis der Erlebniswelten und Motive im Verschwörungsglauben","authors":"Sabrina Berens","doi":"10.1007/s00451-024-00547-x","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Das subjektive Erleben im Verschwörungsglauben bietet durch seine aggressiven Fantasien und anschaulichen Motivwelten spannende Anhaltspunkte für ein psychodynamisches Verständnis. In diesem Artikel wird dargelegt, inwiefern die inneren Erlebniswelten im Verschwörungsglauben metaphorische Vorstellungen des Weltbildes und der innewohnenden Selbst- und Objektrepräsentanzen bieten könnten. Zusätzlich erfolgt eine Analyse der klassischen Motive im Verschwörungsglauben hinsichtlich ihrer möglichen psychodynamischen Funktion: (1) die Marionette und ihr Puppenspieler, (2) der „Erwachte“ vs. die „Schlafenden“, (3) „gegen den Strom“ vs. „Mainstream“, (4) „David gegen Goliath“, (5) apokalyptische Krisen und „Phönix aus der Asche“, (6) Grenz-Schutz vor „feindlichen Eindringlingen“ und (7) Selbstversorger und Selbstverwalter. Anhand der Motivwahl werden Hypothesen über die unterschiedlichen Ausgestaltungen der primären unbewussten Ängste, psychischen Funktionen und favorisierten Bewältigungsstile aufgestellt. Abschließend wird erörtert, inwiefern das Misstrauen im Verschwörungsglauben als vertrautes inneres Terrain letztlich vergangenes äußeres Terrain, welches auf dem biografischen und soziokulturellen Nährboden von Macht und Abhängigkeit in der Eltern-Kind-Beziehung und (familiären) Erfahrungen mit staatlicher Gewalt und Fürsorge fußt, widerspiegeln könnte.</p>","PeriodicalId":0,"journal":{"name":"","volume":null,"pages":null},"PeriodicalIF":0.0,"publicationDate":"2024-05-03","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"","FirstCategoryId":"102","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1007/s00451-024-00547-x","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Das subjektive Erleben im Verschwörungsglauben bietet durch seine aggressiven Fantasien und anschaulichen Motivwelten spannende Anhaltspunkte für ein psychodynamisches Verständnis. In diesem Artikel wird dargelegt, inwiefern die inneren Erlebniswelten im Verschwörungsglauben metaphorische Vorstellungen des Weltbildes und der innewohnenden Selbst- und Objektrepräsentanzen bieten könnten. Zusätzlich erfolgt eine Analyse der klassischen Motive im Verschwörungsglauben hinsichtlich ihrer möglichen psychodynamischen Funktion: (1) die Marionette und ihr Puppenspieler, (2) der „Erwachte“ vs. die „Schlafenden“, (3) „gegen den Strom“ vs. „Mainstream“, (4) „David gegen Goliath“, (5) apokalyptische Krisen und „Phönix aus der Asche“, (6) Grenz-Schutz vor „feindlichen Eindringlingen“ und (7) Selbstversorger und Selbstverwalter. Anhand der Motivwahl werden Hypothesen über die unterschiedlichen Ausgestaltungen der primären unbewussten Ängste, psychischen Funktionen und favorisierten Bewältigungsstile aufgestellt. Abschließend wird erörtert, inwiefern das Misstrauen im Verschwörungsglauben als vertrautes inneres Terrain letztlich vergangenes äußeres Terrain, welches auf dem biografischen und soziokulturellen Nährboden von Macht und Abhängigkeit in der Eltern-Kind-Beziehung und (familiären) Erfahrungen mit staatlicher Gewalt und Fürsorge fußt, widerspiegeln könnte.