Digitalisierung im Gefängnis: Eine multiperspektivische Betrachtung der Ausweitung des Zugangs zu digitalen Geräten für Inhaftierte im österreichischen Straf- und Maßnahmenvollzug
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Abstract
Der Strafvollzug wird international zunehmend digitalisiert. In vielen Ländern haben Strafgefangene bereits Zugang zu digitalen Geräten. Forschung zu »digital rehabilitation« zeigt die Chancen auf, die sich dadurch für die Verbesserung der Haftbedingungen und die Resozialisierung ergeben. Vor diesem Hintergrund sollen auch in Österreich Inhaftierte erweiterten Zugang zu digitalen Technologien erhalten. In Vorbereitung eines Pilotprojekts wurden 39 (zum Teil ehemalige) Inhaftierte in problemzentrierten Interviews, über 600 im Strafvollzug Beschäftigte in einer Online-Befragung und 15 Fachleute zu den Chancen und Risiken der Digitalisierung befragt. In diesem Artikel werden die Ergebnisse dieser Erhebungen präsentiert und miteinander in Beziehung gesetzt. Die Befragungen zeigen, dass in einigen Bereichen überraschend viel Einigkeit besteht; gleichzeitig unterstreichen die Ergebnisse der Personalbefragung, dass innerhalb der Justizwache ein großes Bewusstsein für die Sicherheitsrisiken der Digitalisierung besteht. Der Artikel stellt eine sozialwissenschaftliche Analyse der Bedingungen für eine sinnvolle und breit akzeptierte Ausweitung des Zugangs zu digitalen Geräten für Inhaftierte dar. Das Ziel der Resozialisierung darf dabei nicht als Legitimation für die Implementierung von digitalen Technologien verwendet werden, mit denen de facto andere Ziele, wie der Ausbau von Überwachung und Kontrolle, verfolgt werden. Bedenken und Widerstände eines Teils des Personals müssen zwar berücksichtigt werden, sollten jedoch nicht dazu führen, dass Inhaftierten auf Dauer der Zugang zu heute selbstverständlichen Tools und Kompetenzen einer digitalen Gesellschaft vorenthalten wird.