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Abstract
Vor zehn Jahren haben wir schon einmal ein Schwerpunktheft für SSG zum Thema Medien und Spracherwerb zusammengestellt. Dort waren noch Fernsehen und Hörspielkassetten Thema. Inzwischen sprechen wir vor allem von digitalen Medien, die nicht nur andere Plattformen, sondern ja auch ganze andere technische Möglichkeiten implizieren. Von besonderer Bedeutung sind sicherlich die Interaktivität und Adaptivität dieser Medien, die individualisierten Input und Output ermöglichen. Bei der Zusammenstellung dieses Schwerpunktheftes haben wir festgestellt, dass es einige Ansätze zur Diagnostik gibt, aber die Intervention offenbar noch kaum Forschungsinteresse geweckt hat. Ihr beide gehört zu den wenigen Expertinnen, die sich auch mit der Entwicklung von digitalen Formaten für die Therapie auseinandergesetzt haben. Warum ist die Diagnostik stärker präsent als die Intervention? Anja Starke (AS): Sprachtherapeutische Maßnahmen leben ja vor allem durch ihre Interaktion und die kontinuierliche Anpassung dieser an die Reaktion des Kindes oder des Erwachsenen – also eine starke Adaptivität und Individualität der Intervention. Im Rahmen von Diagnostik ist dies in gleicher Form notwendig. Vielmehr spielen für Diagnostik vor allem Aspekte wie Objektivität, eine standardisierte Durchführung von Aufgaben oder auch zeitökonomische Aspekte wie eine automatisierte Auswertung größere Rollen. Dies kann Technik sehr gut leisten. Entsprechend wird bereits seit Langem an der Digitalisierung von analogem Testmaterial gearbeitet. Computer- oder mittlerweile auch Tablet-basierte Tests ermöglichen eine faire und von der untersuchenden Person weitestgehend unabhängige Testung. Die Umsetzung bereits bestehender Aufgabenformate in ein digitales Format ist zudem vergleichsweise einfacher umzusetzen als etwa das Nachempfinden komplexer sprachtherapeutischer Interventionen. Aber auch im Bereich Diagnostik werden Schritte in Richtung des so genannten adaptiven Testens gemacht. Je nach Antwort der Person werden dann leichtere oder schwierigere Aufgaben vorgegeben, um letztlich mit möglichst wenig Zeit möglichst genau an die tatsächlichen sprachlichen Fähigkeiten der Person zu kommen. Auch hier bieten technische Umsetzungen den deutlichen Vorteil, zeitökonomisch und präziser zu sein als es mit analogen Varianten möglich wäre.Juliane Leinweber (JL): Ich habe in unseren Projekten eher die Erfahrung gesammelt, dass die Intervention die bessere Möglichkeit ist, um digitale „Bausteine“ auszuprobieren. Dabei denke ich beispielsweise an die automatisierte Spracherkennung oder an Gamification-Elemente für Feedbackmechanismen. Die Diagnostik kann zwar alles das zuvor Gesagte technisch leisten, jedoch stellt hier der rechtliche Aspekt die Hürde zur Implementierung als Medizinprodukt dar. Daher sprechen wir hier eher von einem Screening als von einer Diagnostik.
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