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Abstract
Bekanntlich steht ab der Reformation die Versifikation ausgewählter Bibeltexte im Zentrum des Meistergesangs. In bislang ungezählter Anzahl wurden die Bücher der beiden Bibeln vom Buch Genesis bis zur Apokalypse ausschnittweise, in der Addition der bearbeiteten Abschnitte teilweise sogar mehr oder minder vollständig, in ausgewählten Episoden (etwa die Geburtsgeschichte Jesu nach dem Lukas-Evangelium) auch mehrund vielfach in die Form von Meisterliedern gegossen.1 Durch diese Häufung entstand ein eigener Liedtyp der textnahen Bibelversifikation, der dem zu Beginn der Reformationszeit um 1520 merklich lahmenden Meistergesang zu neuer Lebenskraft verhalf. Die entscheidende Weichenstellung zu diesem Aufschwung erfolgte durch Hans Sachs, der nach seiner Wendung zur Reformation2 ab 1526 als erster Meistersinger des neuen Zeitalters mit Bibelversifikationen in Meistertönen begann.3 Auslöser und Grundlage für diese Neuausrichtung war Martin Luthers Bibelübersetzung (ab 1522), die demMeistergesangmit dem Liedtyp der textnahen Bibelversifikation als Instrument der volkssprachlichen, auf dem Bibeltext basierenden Glaubensverkündigung zu neuer, langdauernder Legitimation verhalf.4 Diesen eindeutigen Sachverhalt können auch die Bibelversifikationen nicht in Frage stellen, die von Sangspruchdichtern und vorreformatorischen Meistersingern überliefert sind. Dagegen sprechen bereits die Zahlenverhältnisse: Seit