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Abstract
Seit einigen Jahren wird eine Art normative Wende in der Technikfolgenabschätzung (TA) diskutiert, begleitet von Fragen wie: „Was, wie und wodurch soll die TA sollen können, was sie tut?“. Die damit angesprochenen Wertorientierungen, Ziele, Verfahren usw. haben Einfluss auf die TA-Praxis, der aber häufig im Hintergrund stattfindet (Nierling/Torgersen 2019). Das betrifft insbesondere normativ geleitete Untersuchungen über soziotechnische Phänomene, die eben nicht nur nach dem Sein fragen, also wie oder warum etwas ist, sondern nach dem Sollen, also wie etwas sein soll. Darin ist eine (ethische) Bewertung über den gegenwärtigen Zustand des betrachteten Phänomens eingebettet, in Hinblick auf einen als wünschenswert erachteten Zustand. Insofern ist die TA zumindest implizit mit Humes Gesetz32 (vgl. Kutschera 1982, S. 29f.) konfrontiert: Aufgrund des logischen Unterschieds zwischen zustandsbeschreibenden (deskriptiven) und zustandsbewertenden (normativen) Aussagen kann nicht ohne weiteres von einem beschriebenen Zustand (dem Sein) auf wünschenswerte Zustände (das Sollen) eines Phänomens geschlossen werden. Daraus folgt aber keine generelle Unmöglichkeit, sondern die Forderung nach zusätzlichen Prinzipien und Begründungen. Das ist für TA besonders relevant, da sich deskriptiv und normativ geleitete Herangehensweisen bzw. Arbeitspraktiken häufig überschneiden. TA ist per definitionem mit Abschätzungen, Bewertungen und Identifikation von erwünschten und unerwünschten Zuständen sowie möglichen Technikfolgen befasst, insbesondere, wenn diese nicht intendiert sind. In welcher Form normativ geleitete Verfahren aber in der TA-Praxis eine Rolle spielen, ist oftmals unklar und verdient daher eine reflexive Betrachtung, die diese normative Wende explizit zum Gegenstand macht. Wie Hennen (2019) erinnert, ist – im Sinne Max Webers – die TA natürlich kein Selbstzweck. Sie folgt quasi ihrer „Mutter“, der Wissenschaft, das 1