{"title":"Arbeiten ohne Betrieb? Digitalisierungsprozesse und ihre Konsequenzen für die Gestaltung und Regulierung von Arbeit","authors":"Erich Latniak, Sophie Rosenbohm","doi":"10.5771/9783748923046-45","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Gegenwärtig rückt sowohl in der wissenschaftlichen als auch politischen Diskussion die Frage nach der Auflösung von Betriebsgrenzen und des Bedeutungsverlustes des Betriebs als zentraler Organisationseinheit von Erwerbsarbeit verstärkt in den Fokus. So wird in der gegenwärtigen Debatte um die Digitalisierung von Produktion und Arbeit die These vertreten, dass die weitere Verbreitung und Nutzung elektronischer Informationsund Kommunikationstechnologien zu einer zunehmenden ‚Entbetrieblichung’ der Arbeitsverhältnisse und ihrer Regulierung führen könne (BMAS 2016; Bialeck und Hanau 2018; Haipeter, Latniak und Lehndorff 2015; Hanau und Matiaske 2019; Jürgens, Hoffmann und Schildmann 2017). Damit wird die gängige Vorstellung vom Betrieb als einer Einheit, in der Produkte hergestellt oder Dienstleistungen erbracht werden, grundlegend in Frage gestellt. Insbesondere die Nutzung von selbstständigen Beschäftigungsformen – beispielsweise durch Crowdwork – und von Telearbeit bzw. mobilem Arbeiten werden als Indikatoren einer solchen Entwicklung gewertet, wonach der Betrieb nicht mehr die prägende Form der Organisation von Erwerbsarbeit darstelle. Die wissenschaftliche Diskussion über den Wandel betrieblicher Produktion und dessen Form, Qualität und Richtung ist nicht neu (siehe für einen Überblick Pries 1991). So stellt auch Franzen (2019, S. 187) fest: „Über die Erosion des Betriebsbegriffs spricht man, seit es ihn gibt. Und gleichwohl gibt es immer noch Betriebe und Betriebsräte.“ Gerade im Kontext der Debatte um die Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeit wird die Frage nach einer ‚Entbetrieblichung’ allerdings neu fokussiert. Mit Blick auf die Mitbestimmungsdebatte der vergangenen Jahre, die auf eine Dezentralisierung der Tarifpolitik und die damit einhergehende ‚Verbetrieblichung’ der Arbeitsbeziehungen verwiesen hat (Amlinger und Bispinck 2016; Haipeter 2010) scheinen dabei nun andere, nicht minder widersprüchliche Entwicklungen in den Fokus zu rücken. 1","PeriodicalId":262215,"journal":{"name":"Arbeitspolitik in digitalen Zeiten","volume":"25 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Arbeitspolitik in digitalen Zeiten","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783748923046-45","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Gegenwärtig rückt sowohl in der wissenschaftlichen als auch politischen Diskussion die Frage nach der Auflösung von Betriebsgrenzen und des Bedeutungsverlustes des Betriebs als zentraler Organisationseinheit von Erwerbsarbeit verstärkt in den Fokus. So wird in der gegenwärtigen Debatte um die Digitalisierung von Produktion und Arbeit die These vertreten, dass die weitere Verbreitung und Nutzung elektronischer Informationsund Kommunikationstechnologien zu einer zunehmenden ‚Entbetrieblichung’ der Arbeitsverhältnisse und ihrer Regulierung führen könne (BMAS 2016; Bialeck und Hanau 2018; Haipeter, Latniak und Lehndorff 2015; Hanau und Matiaske 2019; Jürgens, Hoffmann und Schildmann 2017). Damit wird die gängige Vorstellung vom Betrieb als einer Einheit, in der Produkte hergestellt oder Dienstleistungen erbracht werden, grundlegend in Frage gestellt. Insbesondere die Nutzung von selbstständigen Beschäftigungsformen – beispielsweise durch Crowdwork – und von Telearbeit bzw. mobilem Arbeiten werden als Indikatoren einer solchen Entwicklung gewertet, wonach der Betrieb nicht mehr die prägende Form der Organisation von Erwerbsarbeit darstelle. Die wissenschaftliche Diskussion über den Wandel betrieblicher Produktion und dessen Form, Qualität und Richtung ist nicht neu (siehe für einen Überblick Pries 1991). So stellt auch Franzen (2019, S. 187) fest: „Über die Erosion des Betriebsbegriffs spricht man, seit es ihn gibt. Und gleichwohl gibt es immer noch Betriebe und Betriebsräte.“ Gerade im Kontext der Debatte um die Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeit wird die Frage nach einer ‚Entbetrieblichung’ allerdings neu fokussiert. Mit Blick auf die Mitbestimmungsdebatte der vergangenen Jahre, die auf eine Dezentralisierung der Tarifpolitik und die damit einhergehende ‚Verbetrieblichung’ der Arbeitsbeziehungen verwiesen hat (Amlinger und Bispinck 2016; Haipeter 2010) scheinen dabei nun andere, nicht minder widersprüchliche Entwicklungen in den Fokus zu rücken. 1