Zwischen konfessioneller Parteibildung und Friedenshoffnung. Ein korpuslinguistischer Zugang zur Kriegsberichterstattung in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges
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Abstract
Das seit Mitte der 1970er Jahre in sozialwissenschaftlicher Fortführung der Zeedenschen Konfessionsbildung entwickelte Paradigma der Konfessionalisierung bezeichnet nicht nur „eine mit beachtlicher Regelmäßigkeit durchlaufende Frühphase moderner europäischer Staatsbildung“ (Reinhard 1983: 257), es schlägt sich auch in den diskursiven Auseinandersetzungen der Zeit nieder. Konfessionsgebundene Streitigkeiten und Aushandlungsprozesse in Fortsetzung und Reaktion auf das reformatorische Schrifttum finden im Medium der Schriftsprache maßgeblich in den Druckschriften der Zeit statt. Auf evangelischer wie altgläubiger Seite versuchen ihre Autoren, Deutungshoheit zu erlangen, Gläubige gegen äußere Feinde einzuschwören, die eigenen Reihen beisammen zu halten. In den letzten 30 Jahren haben verschiedene Disziplinen den Dreißigjährigen Krieg als Medienereignis charakterisiert, ihn gar als Initialzündung für periodische Berichterstattung gesehen (so Körber 2015). Solche Aussagen beziehen sich inhaltlich vor allem auf die zeitgenössische Flugblattund Flugschriftenpublizistik, konfessionelle Pamphletistik und das gerade in der Entstehung befindliche Zeitungswesen. Insbesondere für den Markt an periodischen Publikationen als Kerngebiet des wissenschaftlichen Interesses stellte der Krieg nach den ersten Vorboten Anfang des 17. Jh.s unbestreitbar eine Formationsphase dar. Der 1605 zuerst erschienenen Relation aller Fuernemmen und gedenckwuerdigen Historien, kurz Relation, herausgegeben durch den Straßburger Drucker Johann Carolus, folgten bald weitere Zeitungen, etwa 1609 in Braunschweig-Wolfenbüttel (Behringer 2000, Stöber 2005). Ab 1618 wurden in Amsterdam regelmäßig Nachrichtenbriefe aus Deutschland, Italien und anderen Gebieten kompiliert und in Köln als Wochentliche Niderlandische Postzeitungen gedruckt. Der Krieg dürfte als Katalysator dieser jungen Presselandschaft gewirkt haben (Boys 2014: 44). Die Forschung hat diese Texte teleologisch, aber doch mit einem gewissen Recht als