{"title":"Rezension zu Šarčeviċ †, Volken, Bonomi (Hrsg.), Yearbook of Private International Law. Vol. IX-XI","authors":"M. Gebauer","doi":"10.1515/GPR.2011.8.4.215","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Das Yearbook of Private International Law erscheint jährlich, wie es sich für ein Jahrbuch auch gehört. Dabei erscheint es tatsächlich immer ein Jahr später, als der jeweilige Titel lautet: Das Yearbook 2007 (Band IX) erschien 2008, das Yearbook 2008 (Band X) erschien 2009, und das Yearbook 2009 (Band XI) erschien im Jahre 2010. Der erste Band des Jahrbuchs 1999 kam rechtzeitig zur Jahrtausendwende im Jahre 2000. In diesen elf Jahren ist viel geschehen, und das Jahrbuch zeichnet die Entwicklung des europäischen Kollisionsrechts aus einer internationalen Perspektive wie wohl kein anderes Publikationsorgan nach: nicht nur für einen europäischen, sondern für einen globalen Leserkreis. Eben darin liegt seine Besonderheit, die es einmalig macht: Das Jahrbuch kombiniert die europäische mit der globalen Perspektive. Inhaltlich bedeutet die jährliche Differenz zwischen Bandbezeichnung und Erscheinungsdatum, die nichts mit Unpünktlichkeit zu tun hat, dass die Bezeichnung des Jahresbandes tatsächlich auch die Entwicklungen des Kollisionsrechts in dem jeweils bezeichneten Jahr widerspiegelt. Das wird auch an den drei hier zu besprechenden Bänden deutlich: Für das Jahr 2007 steht die damals verabschiedete Rom II-Verordnung auf mehr als 200 Seiten im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, für das Jahr 2008 natürlich die Rom I-Verordnung und aus globaler Perspektive das Haager Unterhaltsübereinkommen sowie das Unterhaltsprotokoll (beide im November 2007 verabschiedet). Für das Jahr 2009 lässt sich ein Moment des Innehaltens und eine Zuwendung zu Grundlagenthemen ausmachen: etwa zur Parteiautonomie im Internationalen Familienund Erbrecht mit seinen neueren europäischen Tendenzen (Erik Jayme), zur aktuellen Bedeutung des us-amerikanischen Kollisionsrechts aus einer europäisch-amerikanischen Perspektive (Ralf Michaels), zu grundlegenden Fragen des Internationalen Privatrechts in China auf über 100 Seiten Länge (insgesamt sieben chinesische Autoren) und schließlich natürlich zu dem Kommissionsvorschlag für eine europäische Erbrechtsverordnung aus dem Herbst des Jahres 2009 (Eva Lein). Greift man aus den Bänden 2007 und 2008 die jeweils prägenden Themenschwerpunkte Rom I und Rom II heraus, so fällt einem sofort die Autorenauswahl auf: Nicht nur wegen des Bekanntheitsgrades der Namen, sondern vor allem wegen ihrer Zusammensetzung und Herkunft. Es ist eben nicht nur ein europäischer oder sogar national geprägter Blick auf das europäische Recht, wie er sich sonst häufiger einschleicht. Die Auseinandersetzung mit den Verordnungen wird hier vielmehr ergänzt um us-amerikanische, lateinamerikanische, japanische und australische Perspektiven. Und umgekehrt ist das Jahrbuch eben nicht nur ein Forum für das europäische Kollisionsrecht. „News from UNCITRAL“ wechseln sich ab mit „News from Brussels“, die „National Reports“ erschließen dem Leser in jedem Band Entwicklungen aus aller Welt. Der Einfluss des schweizerischen Rechts auf die IPR-Kodifikation von Quebec wird hier ebenso behandelt wie der deutsch-französische Wahlgüterstand; afrikanische, skandinavische und osteuropäische Entwicklungen lassen sich gleichermaßen nachvollziehen wie der Stand der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit in Israel; in der Rubrik „Court Decisions“ stehen die wichtigen EuGH-Entscheidungen neben Urteilen aus Singapur und Panama. Die wissenschaftliche Integration des europäischen Kollisionsrechts in die Entwicklungen auf globaler Ebene begleitet vor allem auch eine gesetzgeberische Tendenz, die sich immer deutlicher abzeichnet, vor allem seit die Europäische Union der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht angehört: Die Verzahnung der europäischen mit der internationalen Rechtsvereinheitlichung. Exemplarisch steht hierfür die Europäische Unterhaltsverordnung, die im Juni 2011 in Kraft getreten ist. Sie enthält selber keine Kollisionsnormen, sondern verweist für das anwendbare Recht ihrerseits auf das Haager Unterhaltsprotokoll aus dem Jahre 2007. Das Haager Protokoll bildet auf diese Weise seit Juni 2011 auch das europäische Kollisionsrecht. Dass der deutsche Gesetzgeber den Art. 18 EGBGB mit Wirkung zum 18.6.2011 gestrichen hat, liegt in der Konsequenz dieser Quellenverlagerung. Wie kaum eine andere Publikation vermittelt das Jahrbuch die Zusammenhänge zwischen den völkerund den unionsrechtlichen Quellen des IPR. Es zeichnet nationale Entwicklungen nach, bildet weltweite Strömungen ab und macht deutlich, dass das Europäische Kollisionsrecht eingebettet bleibt in größere Zusammenhänge.","PeriodicalId":273842,"journal":{"name":"Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht","volume":"1 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2011-01-24","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/GPR.2011.8.4.215","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Das Yearbook of Private International Law erscheint jährlich, wie es sich für ein Jahrbuch auch gehört. Dabei erscheint es tatsächlich immer ein Jahr später, als der jeweilige Titel lautet: Das Yearbook 2007 (Band IX) erschien 2008, das Yearbook 2008 (Band X) erschien 2009, und das Yearbook 2009 (Band XI) erschien im Jahre 2010. Der erste Band des Jahrbuchs 1999 kam rechtzeitig zur Jahrtausendwende im Jahre 2000. In diesen elf Jahren ist viel geschehen, und das Jahrbuch zeichnet die Entwicklung des europäischen Kollisionsrechts aus einer internationalen Perspektive wie wohl kein anderes Publikationsorgan nach: nicht nur für einen europäischen, sondern für einen globalen Leserkreis. Eben darin liegt seine Besonderheit, die es einmalig macht: Das Jahrbuch kombiniert die europäische mit der globalen Perspektive. Inhaltlich bedeutet die jährliche Differenz zwischen Bandbezeichnung und Erscheinungsdatum, die nichts mit Unpünktlichkeit zu tun hat, dass die Bezeichnung des Jahresbandes tatsächlich auch die Entwicklungen des Kollisionsrechts in dem jeweils bezeichneten Jahr widerspiegelt. Das wird auch an den drei hier zu besprechenden Bänden deutlich: Für das Jahr 2007 steht die damals verabschiedete Rom II-Verordnung auf mehr als 200 Seiten im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, für das Jahr 2008 natürlich die Rom I-Verordnung und aus globaler Perspektive das Haager Unterhaltsübereinkommen sowie das Unterhaltsprotokoll (beide im November 2007 verabschiedet). Für das Jahr 2009 lässt sich ein Moment des Innehaltens und eine Zuwendung zu Grundlagenthemen ausmachen: etwa zur Parteiautonomie im Internationalen Familienund Erbrecht mit seinen neueren europäischen Tendenzen (Erik Jayme), zur aktuellen Bedeutung des us-amerikanischen Kollisionsrechts aus einer europäisch-amerikanischen Perspektive (Ralf Michaels), zu grundlegenden Fragen des Internationalen Privatrechts in China auf über 100 Seiten Länge (insgesamt sieben chinesische Autoren) und schließlich natürlich zu dem Kommissionsvorschlag für eine europäische Erbrechtsverordnung aus dem Herbst des Jahres 2009 (Eva Lein). Greift man aus den Bänden 2007 und 2008 die jeweils prägenden Themenschwerpunkte Rom I und Rom II heraus, so fällt einem sofort die Autorenauswahl auf: Nicht nur wegen des Bekanntheitsgrades der Namen, sondern vor allem wegen ihrer Zusammensetzung und Herkunft. Es ist eben nicht nur ein europäischer oder sogar national geprägter Blick auf das europäische Recht, wie er sich sonst häufiger einschleicht. Die Auseinandersetzung mit den Verordnungen wird hier vielmehr ergänzt um us-amerikanische, lateinamerikanische, japanische und australische Perspektiven. Und umgekehrt ist das Jahrbuch eben nicht nur ein Forum für das europäische Kollisionsrecht. „News from UNCITRAL“ wechseln sich ab mit „News from Brussels“, die „National Reports“ erschließen dem Leser in jedem Band Entwicklungen aus aller Welt. Der Einfluss des schweizerischen Rechts auf die IPR-Kodifikation von Quebec wird hier ebenso behandelt wie der deutsch-französische Wahlgüterstand; afrikanische, skandinavische und osteuropäische Entwicklungen lassen sich gleichermaßen nachvollziehen wie der Stand der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit in Israel; in der Rubrik „Court Decisions“ stehen die wichtigen EuGH-Entscheidungen neben Urteilen aus Singapur und Panama. Die wissenschaftliche Integration des europäischen Kollisionsrechts in die Entwicklungen auf globaler Ebene begleitet vor allem auch eine gesetzgeberische Tendenz, die sich immer deutlicher abzeichnet, vor allem seit die Europäische Union der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht angehört: Die Verzahnung der europäischen mit der internationalen Rechtsvereinheitlichung. Exemplarisch steht hierfür die Europäische Unterhaltsverordnung, die im Juni 2011 in Kraft getreten ist. Sie enthält selber keine Kollisionsnormen, sondern verweist für das anwendbare Recht ihrerseits auf das Haager Unterhaltsprotokoll aus dem Jahre 2007. Das Haager Protokoll bildet auf diese Weise seit Juni 2011 auch das europäische Kollisionsrecht. Dass der deutsche Gesetzgeber den Art. 18 EGBGB mit Wirkung zum 18.6.2011 gestrichen hat, liegt in der Konsequenz dieser Quellenverlagerung. Wie kaum eine andere Publikation vermittelt das Jahrbuch die Zusammenhänge zwischen den völkerund den unionsrechtlichen Quellen des IPR. Es zeichnet nationale Entwicklungen nach, bildet weltweite Strömungen ab und macht deutlich, dass das Europäische Kollisionsrecht eingebettet bleibt in größere Zusammenhänge.