K. Zachmann, Stefan Esselborn, R. Müller, Kay Felder
{"title":"3. Messen und Ermessen: Vertrauen in Zahlen oder Expertise für technische Sicherheit und Wissenschaftsförderung","authors":"K. Zachmann, Stefan Esselborn, R. Müller, Kay Felder","doi":"10.5771/9783748903383-83","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Messen und Ermessen beschreiben Praktiken des Beweisens und Begründens, zwischen denen sich in (spät-)modernen Gesellschaften ein spannungsreiches Verhältnis entwickelt. Vom Sprachbild her unterscheiden sich Messen und Ermessen nur durch eine kleine Vorsilbe mit zwei Buchstaben. Aber dieser kleine Unterschied auf der Ebene der Zeichen zeigt eine große Differenz auf der semantischen Ebene an. Messen operiert mit Zahlen und Metriken und ist mit der Erwartung eindeutiger Ergebnisse verbunden.1 Ermessen hingegen mobilisiert Erfahrung, die Unterschiedlichkeit impliziert, weil sie im Individuum verankert ist.2 Es sind nicht allein die konkreten Verfahrensschritte, sondern vor allem die Modi des Autorisierens, die beide Vorgehensweisen unterscheiden. Messen ist die numerische Operation in Quantifizierungsprozeduren, mit deren Hilfe das Argumentieren für Übereinkünfte, also die Erzeugung von Evidenz als Modus des Beweisens und Begründens, auf das Medium der Zahlen verlagert wird. Im Unterschied dazu ist die Praxis des Ermessens an die Autorität von Expert_innen gebunden. Hier geht es darum, Bewertungen und Entscheidungen auf der Grundlage von Erfahrungen mittels Abwägung vorhandenen Wissens bzw. vorliegender Fakten zu treffen. In der Rechtswissenschaft ist das Ermessen ein fest eingeführter Fachbegriff, der einen Handlungsspielraum in der Rechtsanwendung erfasst. Ermessensurteile bzw. die Validierung von Daten und Fakten auf der Grundlage der Aboder Einschätzung, Beurteilung und Gewichtung durch Expert_innen sind jedoch keineswegs auf den Rechtsbereich begrenzt. Sie spielen vor allem 3.","PeriodicalId":235509,"journal":{"name":"Wissen und Begründen","volume":"89 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2019-12-09","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Wissen und Begründen","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783748903383-83","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Messen und Ermessen beschreiben Praktiken des Beweisens und Begründens, zwischen denen sich in (spät-)modernen Gesellschaften ein spannungsreiches Verhältnis entwickelt. Vom Sprachbild her unterscheiden sich Messen und Ermessen nur durch eine kleine Vorsilbe mit zwei Buchstaben. Aber dieser kleine Unterschied auf der Ebene der Zeichen zeigt eine große Differenz auf der semantischen Ebene an. Messen operiert mit Zahlen und Metriken und ist mit der Erwartung eindeutiger Ergebnisse verbunden.1 Ermessen hingegen mobilisiert Erfahrung, die Unterschiedlichkeit impliziert, weil sie im Individuum verankert ist.2 Es sind nicht allein die konkreten Verfahrensschritte, sondern vor allem die Modi des Autorisierens, die beide Vorgehensweisen unterscheiden. Messen ist die numerische Operation in Quantifizierungsprozeduren, mit deren Hilfe das Argumentieren für Übereinkünfte, also die Erzeugung von Evidenz als Modus des Beweisens und Begründens, auf das Medium der Zahlen verlagert wird. Im Unterschied dazu ist die Praxis des Ermessens an die Autorität von Expert_innen gebunden. Hier geht es darum, Bewertungen und Entscheidungen auf der Grundlage von Erfahrungen mittels Abwägung vorhandenen Wissens bzw. vorliegender Fakten zu treffen. In der Rechtswissenschaft ist das Ermessen ein fest eingeführter Fachbegriff, der einen Handlungsspielraum in der Rechtsanwendung erfasst. Ermessensurteile bzw. die Validierung von Daten und Fakten auf der Grundlage der Aboder Einschätzung, Beurteilung und Gewichtung durch Expert_innen sind jedoch keineswegs auf den Rechtsbereich begrenzt. Sie spielen vor allem 3.