{"title":"PharmaNews","authors":"","doi":"10.1159/000500793","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Erstmalig steht im Bereich der Ophthalmologie eine Gentherapie für seltene, bisher nicht behandelbare Augenerkrankungen aus dem Kreis der erblichen Netzhautdystrophien zur Verfügung: Luxturna® (Voretigen Neparvovec) ist indiziert für erwachsene und pädiatrische Patienten, die eine erbliche Netzhautdystrophie aufgrund von nachgewiesenen biallelischen RPE65-Mutationen aufweisen und über ausreichend lebensfähige Netzhautzellen verfügen [1]. Erbliche Netzhautdystrophien sind Erkrankungen, die auf Veränderungen einer Vielzahl unterschiedlicher Gene beruhen können [2, 4]. Diese wirken sich auf die Fotorezeptoren und Zellen des Pigmentepithels im Auge aus und führen zu einer fortschreitenden Verschlechterung der Sehkraft [3, 4]. Erste Symptome zeigen sich häufig schon im Kindesalter. Erbliche Netzhautdystrophien wie die Retinitis pigmentosa oder die Lebersche kongenitale Amaurose (LCA) können schnell voranschreiten und dabei zur vollständigen Erblindung führen [4]. Eine Ursache erblicher Netzhautdystrophien können unter anderem Veränderungen in beiden Kopien des RPE65-Gens sein, sogenannte biallelische Mutationen. Das von RPE65 kodierte gleichnamige Protein kann hierdurch seine wesentliche Rolle bei der Erneuerung des Sehpigments Rhodopsin nicht mehr erfüllen und wird begleitet von einem Verlust der Retinazellen [1, 5, 6]. In Deutschland leben bei einer Inzidenz von 3,4 Fällen pro Jahr schätzungsweise 355 Menschen mit diesen seltenen biallelischen RPE65-Mutationen [7]. Betroffene, die mit Mutationen in beiden Kopien des RPE65-Gens geboren wurden, haben eine hohe Krankheitslast – fast 60% dieser Patienten weisen bereits kurz nach der Geburt ein stark eingeschränktes Sehvermögen auf [8]. Bei Erkrankungen wie der Retinitis pigmentosa und der LCA leiden Betroffene unter vermindertem Dämmerungssehen (Nyktalopie) und zunehmender Einengung des Gesichtsfeldes. Bei der LCA lassen sich oft bereits kurz nach der Geburt unkontrollierte Augenbewegungen (Nystagmus) beobachten [4, 9]. Die psychische Belastung für Patienten und ihr Umfeld ist enorm [10] und der Bedarf an einer Behandlung, die den Krankheitsverlauf ändern kann, ist entsprechend hoch. Mit der neuen, einmalig zu applizierenden Gentherapie Luxturna steht eine solche transformative Behandlung nun zur Verfügung. Luxturna (Voretigen Neparvovec) kann dem Prozess der Visusverschlechterung und allmählicher Erblindung entgegenwirken und somit das Leben betroffener Patienten und ihrer Angehörigen möglicherweise entscheidend verbessern. Die Gentherapie wird dabei 1-malig im Abstand von mindestens 6 Tagen in jedes Auge verabreicht. Nach Injektion in den subretinalen Raum wird mithilfe Adeno-assoziierter Viren (AAV) eine intakte Kopie des RPE65-Gens in die verbliebenen Retinazellen eingeschleust, die die Funktion des mutierten Gens übernehmen kann. Hierdurch kann sich das Sehvermögen verbessern und teilweise, wenn auch nicht vollständig, wiederhergestellt werden [1, 4]. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Voretigen Neparvovec wurden in klinischen Studien mit einem für diese sehr seltenen Erkrankungen repräsentativen Kollektiv von insgesamt 43 Patienten untersucht. Dabei konnte bei 90% der Patienten, die im Rahmen der PhaseIII-Studie mit der Gentherapie behandelt wurden, nach einem Jahr eine Verbesserung der Orientierungsfähigkeit unter schwachen Lichtverhältnissen beobachtet werden (primärer Endpunkt). 65% der Patienten konnten sich nach einem Jahr sogar auf dem niedrigsten Lichtlevel von nur einem Lux im Raum orientieren. Untersucht wurde die Orientierungsfähigkeit mithilfe eines Hindernisparcours im Rahmen eines standardisierten Tests unter definierten Lichtverhältnissen (multiluminance mobility test; MLMT) [4].","PeriodicalId":253335,"journal":{"name":"Karger Kompass Ophthalmologie","volume":"37 7 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2019-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Karger Kompass Ophthalmologie","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1159/000500793","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Erstmalig steht im Bereich der Ophthalmologie eine Gentherapie für seltene, bisher nicht behandelbare Augenerkrankungen aus dem Kreis der erblichen Netzhautdystrophien zur Verfügung: Luxturna® (Voretigen Neparvovec) ist indiziert für erwachsene und pädiatrische Patienten, die eine erbliche Netzhautdystrophie aufgrund von nachgewiesenen biallelischen RPE65-Mutationen aufweisen und über ausreichend lebensfähige Netzhautzellen verfügen [1]. Erbliche Netzhautdystrophien sind Erkrankungen, die auf Veränderungen einer Vielzahl unterschiedlicher Gene beruhen können [2, 4]. Diese wirken sich auf die Fotorezeptoren und Zellen des Pigmentepithels im Auge aus und führen zu einer fortschreitenden Verschlechterung der Sehkraft [3, 4]. Erste Symptome zeigen sich häufig schon im Kindesalter. Erbliche Netzhautdystrophien wie die Retinitis pigmentosa oder die Lebersche kongenitale Amaurose (LCA) können schnell voranschreiten und dabei zur vollständigen Erblindung führen [4]. Eine Ursache erblicher Netzhautdystrophien können unter anderem Veränderungen in beiden Kopien des RPE65-Gens sein, sogenannte biallelische Mutationen. Das von RPE65 kodierte gleichnamige Protein kann hierdurch seine wesentliche Rolle bei der Erneuerung des Sehpigments Rhodopsin nicht mehr erfüllen und wird begleitet von einem Verlust der Retinazellen [1, 5, 6]. In Deutschland leben bei einer Inzidenz von 3,4 Fällen pro Jahr schätzungsweise 355 Menschen mit diesen seltenen biallelischen RPE65-Mutationen [7]. Betroffene, die mit Mutationen in beiden Kopien des RPE65-Gens geboren wurden, haben eine hohe Krankheitslast – fast 60% dieser Patienten weisen bereits kurz nach der Geburt ein stark eingeschränktes Sehvermögen auf [8]. Bei Erkrankungen wie der Retinitis pigmentosa und der LCA leiden Betroffene unter vermindertem Dämmerungssehen (Nyktalopie) und zunehmender Einengung des Gesichtsfeldes. Bei der LCA lassen sich oft bereits kurz nach der Geburt unkontrollierte Augenbewegungen (Nystagmus) beobachten [4, 9]. Die psychische Belastung für Patienten und ihr Umfeld ist enorm [10] und der Bedarf an einer Behandlung, die den Krankheitsverlauf ändern kann, ist entsprechend hoch. Mit der neuen, einmalig zu applizierenden Gentherapie Luxturna steht eine solche transformative Behandlung nun zur Verfügung. Luxturna (Voretigen Neparvovec) kann dem Prozess der Visusverschlechterung und allmählicher Erblindung entgegenwirken und somit das Leben betroffener Patienten und ihrer Angehörigen möglicherweise entscheidend verbessern. Die Gentherapie wird dabei 1-malig im Abstand von mindestens 6 Tagen in jedes Auge verabreicht. Nach Injektion in den subretinalen Raum wird mithilfe Adeno-assoziierter Viren (AAV) eine intakte Kopie des RPE65-Gens in die verbliebenen Retinazellen eingeschleust, die die Funktion des mutierten Gens übernehmen kann. Hierdurch kann sich das Sehvermögen verbessern und teilweise, wenn auch nicht vollständig, wiederhergestellt werden [1, 4]. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Voretigen Neparvovec wurden in klinischen Studien mit einem für diese sehr seltenen Erkrankungen repräsentativen Kollektiv von insgesamt 43 Patienten untersucht. Dabei konnte bei 90% der Patienten, die im Rahmen der PhaseIII-Studie mit der Gentherapie behandelt wurden, nach einem Jahr eine Verbesserung der Orientierungsfähigkeit unter schwachen Lichtverhältnissen beobachtet werden (primärer Endpunkt). 65% der Patienten konnten sich nach einem Jahr sogar auf dem niedrigsten Lichtlevel von nur einem Lux im Raum orientieren. Untersucht wurde die Orientierungsfähigkeit mithilfe eines Hindernisparcours im Rahmen eines standardisierten Tests unter definierten Lichtverhältnissen (multiluminance mobility test; MLMT) [4].