{"title":"Hahnemanns Originalvorschriften zu Q-Potenzen kommen in das Homöopathische Arzneibuch - Ein Interview mit Dr. Roland Baur","authors":"R. Baur","doi":"10.1055/S-0041-100885","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Dr. Baur: Pünktlich zum zweihundertsechzigsten Geburtstag Hahnemanns wird seine Vorschrift zur Herstellung von sogenannten Q-Potenzen im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Die Vorschrift wird, vorausgesetzt, es gibt keinen Einspruch, der eine weitere Anhörung zur Folge hätte, Anfang des Jahres 2016 ins Homöopathische Arzneibuch als Vorschrift Nummer 59 übernommen. Damit ist Hahnemanns Vermächtnis aus der sechsten Auflage des Organon, wie denn nun eine in allen Belangen wirksame Arznei herzustellen sei, in das Arzneimittelgesetz eingeflossen. Es gibt zwar durch die Vorschrift 17 des HAB eine Ausführungsbestimmung, die besagt, wie Arzneien nach §270 Organon herzustellen seien, die sogenannten LM-Potenzen; diese Vorschrift entspricht aber nur annähernd den durch Hahnemann gegebenen Vorschriften. Schon die Nomenklatur bedeutet nicht 50000, sondern 950 (dieses Missverständnis geht wohl auf A. Vögeli zurück). Des Weiteren ergibt die Verwendung der Globuligröße 1 lediglich eine Verdünnung von 1:22700 (A. Grimm). Im Lauf der Entwurfsarbeit für die neue Vorschrift wurde auch eigens eine Monografie für die Größe Null entwickelt, die außerdem auch der Zusammensetzung der von Hahnemann verwendeten Globuli entspricht: Saccharose/Maisstärke und nicht nur Saccharose wie für Globuli ab Größe 1 üblich. Dann ist jetzt auch das Hahnemann’sche Verdünnungsprotokoll übernommen worden: 1 Tropfen auf 500 Globuli Größe 0 und nicht, wie bei Vorschrift 17, 100 Tropfen auf 50000 Globuli der Größe 1. Ob Urtinkturen oder Verreibungen am Anfang der Potenzierung stehen, ist freigestellt. Hahnemann selbst hat nach 1835 Pflanzenteile ausschließlich über Verreibungen potenziert. Dass über z.B. Presssaft als Urtinktur viele Bestandteile im Vergleich zu Verreibungen verloren gehen, hat Madaus nachgewiesen. Für den anwendenden Arzt sind diese Details wichtig. Zu wissen, ein Hersteller ist der Originalvorschrift verpflichtet, gibt ihm Arzneisicherheit. Manche Kritiker mögen diese Korrektur für nichtig halten. Solange wir aber z.B. über den Wirkmechanismus der homöopathischen Arzneimittel keine Kenntnis haben, empfiehlt es sich, an den Originalvorschriften festzuhalten. Eine Bemerkung zur Nomenklatur: Q steht für Quinquagintamillesimal; J. Künzli hat die heute gebräuchliche Bezeichnung eingeführt. Hahnemann hatte diese im Verhältnis 1:50000 hergestellten Arzneien als „médicaments au globule“ („Medikamente als Globulus“) im Unterschied zu C-Potenzen, die er als „à la goutte“ („Medikamente als Tropfen“) bezeichnete. Die Aufnahme der Originalvorschrift zur Herstellung von 1:50000-Potenzen in das HAB konfrontiert den homöopathischen Arzt aber auch mit einem Problem. H.P. Seiler weist darauf hin, dass die C-Potenzen in der sechsten Auflage des Organon von Hahnemann zugunsten der Q-Potenzen als überholt betrachtet wurden. Wenn dem so ist: Wie hätte z.B. Kent verordnet, wenn er die sechste Auflage des","PeriodicalId":248786,"journal":{"name":"Allgemeine Homöopathische Zeitschrift","volume":"40 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2015-05-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Allgemeine Homöopathische Zeitschrift","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1055/S-0041-100885","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Dr. Baur: Pünktlich zum zweihundertsechzigsten Geburtstag Hahnemanns wird seine Vorschrift zur Herstellung von sogenannten Q-Potenzen im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Die Vorschrift wird, vorausgesetzt, es gibt keinen Einspruch, der eine weitere Anhörung zur Folge hätte, Anfang des Jahres 2016 ins Homöopathische Arzneibuch als Vorschrift Nummer 59 übernommen. Damit ist Hahnemanns Vermächtnis aus der sechsten Auflage des Organon, wie denn nun eine in allen Belangen wirksame Arznei herzustellen sei, in das Arzneimittelgesetz eingeflossen. Es gibt zwar durch die Vorschrift 17 des HAB eine Ausführungsbestimmung, die besagt, wie Arzneien nach §270 Organon herzustellen seien, die sogenannten LM-Potenzen; diese Vorschrift entspricht aber nur annähernd den durch Hahnemann gegebenen Vorschriften. Schon die Nomenklatur bedeutet nicht 50000, sondern 950 (dieses Missverständnis geht wohl auf A. Vögeli zurück). Des Weiteren ergibt die Verwendung der Globuligröße 1 lediglich eine Verdünnung von 1:22700 (A. Grimm). Im Lauf der Entwurfsarbeit für die neue Vorschrift wurde auch eigens eine Monografie für die Größe Null entwickelt, die außerdem auch der Zusammensetzung der von Hahnemann verwendeten Globuli entspricht: Saccharose/Maisstärke und nicht nur Saccharose wie für Globuli ab Größe 1 üblich. Dann ist jetzt auch das Hahnemann’sche Verdünnungsprotokoll übernommen worden: 1 Tropfen auf 500 Globuli Größe 0 und nicht, wie bei Vorschrift 17, 100 Tropfen auf 50000 Globuli der Größe 1. Ob Urtinkturen oder Verreibungen am Anfang der Potenzierung stehen, ist freigestellt. Hahnemann selbst hat nach 1835 Pflanzenteile ausschließlich über Verreibungen potenziert. Dass über z.B. Presssaft als Urtinktur viele Bestandteile im Vergleich zu Verreibungen verloren gehen, hat Madaus nachgewiesen. Für den anwendenden Arzt sind diese Details wichtig. Zu wissen, ein Hersteller ist der Originalvorschrift verpflichtet, gibt ihm Arzneisicherheit. Manche Kritiker mögen diese Korrektur für nichtig halten. Solange wir aber z.B. über den Wirkmechanismus der homöopathischen Arzneimittel keine Kenntnis haben, empfiehlt es sich, an den Originalvorschriften festzuhalten. Eine Bemerkung zur Nomenklatur: Q steht für Quinquagintamillesimal; J. Künzli hat die heute gebräuchliche Bezeichnung eingeführt. Hahnemann hatte diese im Verhältnis 1:50000 hergestellten Arzneien als „médicaments au globule“ („Medikamente als Globulus“) im Unterschied zu C-Potenzen, die er als „à la goutte“ („Medikamente als Tropfen“) bezeichnete. Die Aufnahme der Originalvorschrift zur Herstellung von 1:50000-Potenzen in das HAB konfrontiert den homöopathischen Arzt aber auch mit einem Problem. H.P. Seiler weist darauf hin, dass die C-Potenzen in der sechsten Auflage des Organon von Hahnemann zugunsten der Q-Potenzen als überholt betrachtet wurden. Wenn dem so ist: Wie hätte z.B. Kent verordnet, wenn er die sechste Auflage des