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Abstract
In jedem Staatswesen, das sich aus mehreren mit staatlicher Hoheitsgewalt ausgestatteten Gliedern zusammensetzt, steht in Frage, wie die Ausübung der Staatsgewalt und nicht zuletzt die Gesetzgebung zwischen den Gliedern und der ihnen übergeordneten Gesamtheit verteilt ist bzw. verteilt werden soll. Es geht dabei darum, das Verhältnis zweier grundlegender Gesetzgebungsziele zu einander festzulegen: Soll die in erster Linie dem Gesamtstaat obliegende Aufgabe der Herstellung von Rechtseinheit und möglichst gleicher oder gleichartiger Lebensverhältnisse im Vordergrund stehen oder das Anliegen der Gliedstaaten, bei der Gesetzgebung auf regionale Unterschiede und Besonderheiten Rücksicht nehmen zu können und sie gerade nicht einer einheitlichen Lösung unterzuordnen, oder sollen beide Anliegen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden? Für die Bundesrepublik Deutschland hat das Grundgesetz die Aufgabenverteilung in Artt. 30, 70 – 74, 109 Abs. 4 GG geregelt. Nach Art. 30 GG steht den Ländern die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zu, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Dementsprechend wird ihnen in Art. 70 Abs. 1 GG auch das Recht der Gesetzgebung zugesprochen, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zuweist. Dies wird in Art. 70 Abs. 2 GG dahin präzisiert, dass sich die Abgrenzung zwischen der Bundesund der Landeskompetenz nach den Vorschriften über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung bemisst. In den in Art. 73 Abs. 1 GG aufgeführten Materien hat der Bund das ausschließliche Gesetzgebungsrecht mit der Folge, dass die Länder in diesen Bereichen überhaupt nur zur Gesetzgebung befugt sind, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt werden (Art. 71 GG). Die Regelungsgebiete der konkurrierenden Gesetzgebung sind in I.