{"title":"6. Zum Einfluss des Deutschen auf das Tschechische: Die Effekte des Zeitdrucks auf die Sprachproduktion","authors":"B. Schmiedtová","doi":"10.1515/9783110615746-006","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Die geographische Nähe und der historisch belegte intensive Sprachund Kulturkontakt zwischen dem Deutschen und Tschechischen haben zur Beeinflussung des Tschechischen in vielen sprachlichen Bereichen geführt. Doch wie tief greift dieser Einfluss? In diesem Beitrag wird die Position vertreten, dass der Einfluss des Deutschen weit über den empirisch gut belegten Bereich des Lexikons hinausgeht und sich durchaus auch im Bereich der tschechischen Grammatik und sogar auf Ebene der zugrunde liegenden Konzepte belegbar niedergeschlagen hat. Es werden Sprachproduktionsdaten von deutschen, tschechischen sowie russischen Muttersprachlern präsentiert. Die Sprecher wurden mit der Aufgabe konfrontiert, unter verkürzter Zeitbedingung (drei Sekunden) kurze Videoclips mit Bewegungsereignissen zu versprachlichen. Die diesem experimentellen Paradigma zugrunde liegende Idee ist, dass Sprecher unter Zeitdruck nur die notwendigen bzw. obligatorischen Informationen zum Ausdruck bringen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Tschechische und das Deutsche anders als das Russische die holistische Perspektive für die Versprachlichung der Bewegungsereignisse verwenden. Das heißt, dass auch unter Zeitdruck deutsche und tschechische Sprecher Endpunkte von Bewegungsereignissen fokussieren, während russische Sprecher viel mehr auf den Verlauf der Bewegung achten. Diese Präferenz lässt sich auch anhand von Daten aus früheren Studien belegen, die linguistische sowie Augenbewegungs-, Sprechanfangszeitund Gedächtnisdaten umfassen. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse der vorliegenden Studie sowie ihre Hauptthese über den Einfluss des Deutschen auf das Tschechische vor dem Hintergrund von Sprachproduktionsdaten aus dem Polnischen diskutiert, sowie auf den Grammatikalisierungsgrad des Aspekts in verschiedenen slawischen Sprachen bezogen.","PeriodicalId":309837,"journal":{"name":"Sprache und Kognition","volume":"23 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2018-08-21","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Sprache und Kognition","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783110615746-006","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Die geographische Nähe und der historisch belegte intensive Sprachund Kulturkontakt zwischen dem Deutschen und Tschechischen haben zur Beeinflussung des Tschechischen in vielen sprachlichen Bereichen geführt. Doch wie tief greift dieser Einfluss? In diesem Beitrag wird die Position vertreten, dass der Einfluss des Deutschen weit über den empirisch gut belegten Bereich des Lexikons hinausgeht und sich durchaus auch im Bereich der tschechischen Grammatik und sogar auf Ebene der zugrunde liegenden Konzepte belegbar niedergeschlagen hat. Es werden Sprachproduktionsdaten von deutschen, tschechischen sowie russischen Muttersprachlern präsentiert. Die Sprecher wurden mit der Aufgabe konfrontiert, unter verkürzter Zeitbedingung (drei Sekunden) kurze Videoclips mit Bewegungsereignissen zu versprachlichen. Die diesem experimentellen Paradigma zugrunde liegende Idee ist, dass Sprecher unter Zeitdruck nur die notwendigen bzw. obligatorischen Informationen zum Ausdruck bringen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Tschechische und das Deutsche anders als das Russische die holistische Perspektive für die Versprachlichung der Bewegungsereignisse verwenden. Das heißt, dass auch unter Zeitdruck deutsche und tschechische Sprecher Endpunkte von Bewegungsereignissen fokussieren, während russische Sprecher viel mehr auf den Verlauf der Bewegung achten. Diese Präferenz lässt sich auch anhand von Daten aus früheren Studien belegen, die linguistische sowie Augenbewegungs-, Sprechanfangszeitund Gedächtnisdaten umfassen. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse der vorliegenden Studie sowie ihre Hauptthese über den Einfluss des Deutschen auf das Tschechische vor dem Hintergrund von Sprachproduktionsdaten aus dem Polnischen diskutiert, sowie auf den Grammatikalisierungsgrad des Aspekts in verschiedenen slawischen Sprachen bezogen.