{"title":"Das geeinte Europa der »ever closer union« und ein neues Narrativ differenzierter Integration?","authors":"S. Boysen","doi":"10.5771/9783845292700-147","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Für Walter Hallstein war es im Jahr 1979 noch eine mitteilenswerte Beobachtung: »Oft wird von ‚Krisen’ der Gemeinschaft gesprochen.«1 Seitdem ist die Krise zum Grundmodus europäischen Regierens geworden und die Entwicklung der europäischen Integration wird als Geschichte überwundener, gerade stattfindender und weiterer bevorstehender Krisen erzählt. Sie werden verarbeitet im lange bekannten »immer weiter« und pragmatischen Provisorien, darunter: variable Geometrien, differenzierte Integration. Ist in diesem Krisenmodus, in dieser erzwungenen Verzweigung des Wegs zur »ever closer union« ein neues Narrativ europäischer Integration zu erkennen? Wohl kaum, jedenfalls nicht, wenn man unterstellt, dass damit eine einheitliche »große Erzählung« gemeint ist. Tatsächlich werden die Krisen der Union seit einiger Zeit systematisch als Ende der Fortschrittserzählung europäischer Integration und Anfang möglicher Desintegration gedeutet.2 Und es war Kommissionspräsident Barroso selbst, der im Jahr 2013 im Rahmen des »New Narrative Project« die Suche nach einem solchen ausrief:","PeriodicalId":294075,"journal":{"name":"Die Neuerfindung Europas","volume":"3 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Die Neuerfindung Europas","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.5771/9783845292700-147","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Für Walter Hallstein war es im Jahr 1979 noch eine mitteilenswerte Beobachtung: »Oft wird von ‚Krisen’ der Gemeinschaft gesprochen.«1 Seitdem ist die Krise zum Grundmodus europäischen Regierens geworden und die Entwicklung der europäischen Integration wird als Geschichte überwundener, gerade stattfindender und weiterer bevorstehender Krisen erzählt. Sie werden verarbeitet im lange bekannten »immer weiter« und pragmatischen Provisorien, darunter: variable Geometrien, differenzierte Integration. Ist in diesem Krisenmodus, in dieser erzwungenen Verzweigung des Wegs zur »ever closer union« ein neues Narrativ europäischer Integration zu erkennen? Wohl kaum, jedenfalls nicht, wenn man unterstellt, dass damit eine einheitliche »große Erzählung« gemeint ist. Tatsächlich werden die Krisen der Union seit einiger Zeit systematisch als Ende der Fortschrittserzählung europäischer Integration und Anfang möglicher Desintegration gedeutet.2 Und es war Kommissionspräsident Barroso selbst, der im Jahr 2013 im Rahmen des »New Narrative Project« die Suche nach einem solchen ausrief: